Stand: 06.03.2019 12:39 Uhr

Umweltfreundlich reisen? Gar nicht so einfach!

von Charlotte Horn, NDR Info

Weniger Plastiktüten im Alltag, keine Plastik-Strohhalme oder öfters mit dem Fahrrad zur Arbeit - zu Hause gelingt umweltbewusstes Verhalten oft ganz gut. Aber was ist im Urlaub? Klimafreundliches und nachhaltiges Reisen steht in diesem Jahr im Mittelpunkt der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Die Zahl der Flugreisen steigt immer mehr - auf Kosten der Umwelt und des eigenen C02-Kontos. Ausgleichszahlungen beruhigen das schlechte Gewissen. Und wie vermeiden Urlauber Plastik im Gepäck und später am Reiseziel?

In einem Laden steht eine Frau vor einem Regal, in dem unterschiedliche Haushaltsartikel zum Kauf angeboten werden. © NDR Foto: Charlotte Horn
Maren Schöning verkauft in ihrem Laden Produkte, die nach Möglichkeit kein Plastik enthalten.

"Ohne Gedöns" - so hat Maren Schöning ihren Laden im Hamburger Norden genannt. Alles, was sie verkauft, ist möglichst umweltfreundlich und enthält kein Plastik. Auf dem Regal liegen zum Beispiel Papier-Strohhalme, Bienenwachspapier zum Einwickeln von Butterbroten und Trinkflaschen aus Edelstahl. Gerade die Flaschen seien bei Kunden beliebt, die auf Reisen gehen: "Sie haben keine Lust, wenn sie in ferne Länder fahren oder nach Südeuropa, Plastikflaschen sonst wohin zu schmeißen."

In ihrem Laden gibt es auch Zahnputztabletten: "Die kann man super gut in kleinen Dosen mitnehmen und spart viel Gepäck dabei." Im Kosmetikregal zeigt Schöning auch auf feste Haarseife, Seifen in Pappverpackungen und Gesichtscreme im Pfandglas.

Verzichten aufs Fliegen - ja oder nein?

In einem Regal in einem Laden liegen unterschiedliche Haushaltsartikel, die zum Kauf angeboten werden. © NDR Foto: Charlotte Horn
Umweltbewusstes Einkaufen fällt vielen Menschen leichter als umweltbewusstes Verreisen.

Julia Raskopf füllt im Laden zusammen mit ihrer Tochter Müsli in ein mitgebrachtes Glas. Zurzeit plant die Familie einen Urlaub in Südengland. Wahrscheinlich werden sie sich gegen das Fliegen entscheiden - der Umwelt zuliebe: "Das ist immer eine Frage, wie weit jeder das mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Man kommt sich schon ein bisschen verrückt vor, wenn man sagt: 'Wir fliegen nicht, sondern wir fahren mit dem Zug.' Wir brauchen länger und zahlen mehr, ja."

Ein anderer Kunde legt lose Kartoffeln und Tomaten in die mitgebrachte Tupperbox. Im Alltag versucht er seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern, im Urlaub nimmt er wieder zu. Denn ans nächste Urlaubsziel, auf die Lofoten, wird er fliegen: "Wir reisen gerne - und damit gehört das automatisch dazu. Wenn man weit reist, dann muss man leider fliegen, weil man ja nur begrenzt Urlaub hat."

Einsatz für nachhaltigen Tourismus

Die klimaschädlichen Flüge gleicht dieser Kunde durch eine Spende an wohltätige Organisationen aus. Eine andere Möglichkeit, die Treibhausgase von Flügen oder Kreuzfahrtschiffen zu kompensieren, ist eine Spende an die gemeinnützige Organisation atmosfair, die sich aktiv für Klimaschutz-Projekte einsetzt.

Initiiert wurde sie unter anderem vom Forum anders reisen, einem Verband für nachhaltigen Tourismus mit Sitz in Hamburg. "Wir schauen bei der Anreise, dass sie so umweltverträglich wie möglich ist", erklärt Geschäftsführerin Petra Thomas. "Bei den Unterkünften achten wir darauf - wo immer möglich -, dass sie mit erneuerbaren Energien ausgestattet sind. Und bei den Aktivitäten achten wir darauf, dass wir den Naturschutz unterstützen."

Ausgleichszahlungen für umweltschädliche Flüge?

Flugreisen bieten die im Verband zusammengeschlossenen Reiseveranstalter nur ab einer Entfernung von 800 Kilometern an und nur, wenn sie länger dauern als zwei Wochen. Die Nachfrage nach ihren Reisen steige langsam, aber stetig, so Thomas. Zwar hielten immer mehr Menschen Reisen mit Nachhaltigkeit für wichtig, am Ende entscheide dann aber oft noch der Geldbeutel.

Nach Ansicht von Harald Zeiss vom Institut für Nachhaltigen Tourismus in Hannover sind Verbraucher, Reiseveranstalter und Politik gleichermaßen gefragt. Einige Veranstalter überlegten, den Ausgleich für etwa umweltschädliche Flüge in den Reisen gleich mit zu berechnen: "Das Problem ist nur, dass die Reise dann wesentlich teurer wird. Da gehen die Verbraucher nicht mit. Wenn es aber alle machen würden, dann gäbe es gleiche Spielregeln für alle."

Auch im verpackungsfreien Laden von Maren Schöning ist klimafreundliches Verreisen oft Gesprächsthema: "Ich habe eine Kundin, die mir gerade erzählt hat, dass sie nach Portugal fliegen wollten, ganz günstig. Jetzt haben sie den Flug storniert und fahren mit dem Auto nach Nordrhein-Westfalen. Ganz plötzlich hatten sie ein schlechtes Gewissen."

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NDR Info | Aktuell | 06.03.2019 | 07:50 Uhr

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