Projekt für Artenvielfalt: "Natur findet Stadt"
von Petra Küntzer, NDR 1 Radio MV
Während auf Feldern kaum noch Summen, Brummen und Zwitschern zu hören ist, finden Tiere, Insekten und Vögel inzwischen in Städten oft bessere Lebensbedingungen als auf Agrarflächen, wo oft Chemikalien und Düngemittel zum Einsatz kommen. "Natur findet Stadt" heißt deshalb auch ein Programm des Naturschutzbundes in Schwerin - Ein Stadtrundgang mit Ulf Bähker von der Naturschutzstation Zippendorf.
Fledermäuse und Falken im Schloss Schwerin

Das Schweriner Schloss lockt vor allem Kunst- und Kulturinteressierte aus aller Welt, aber auch Vogelfreunde kommen hier auf ihre Kosten. Vor allem für Fledermäuse sei das Schloss interessant, so Bähker, dort würden sie in den Ritzen zwischen den Steinen der Grotte leben. Zudem würde man ab und zu auch einen Turmfalken am Schloss sehen. "Wir sind uns aber nicht so ganz sicher, wo der da brütet - das Schloss hat einfach so viele Winkel und Türmchen, dass da bestimmt irgendwo Platz ist", sagt der Vogelexperte.
Kirchen bieten Falken ein Zuhause
Auch Kirchen sind beliebte Lebensräume für Falken. In der Schelfkirche, in der Schweriner Innenstadt, lebt ebenfalls ein Turmfalke, im Schwerin Dom hat ein Wanderfalke sein Zuhause gefunden: "Neben der Uhr sind solche Öffnungen, da gucken solche Landebretter raus - da sieht man ihn häufig darauf sitzen." Und es geht sogar noch eine Nummer größer. Vor einigen Jahren habe an der Paulskirche ein Uhu einen Brutversuch unternommen. Doch es ist offenbar beim Versuch geblieben, Uhu-Nachwuchs konnte damals nicht gesichtet werden.
Rauch- und Mehlschwalben in Bootsschuppen
In Wohngebieten in der Stadt kann man verschiedene Schwalbenarten beobachten. Uferschwalben und Rauchschwalben kommen sonst eher an der Küste vor, nisten sich aber gern in Bootsschuppen ein. Typisch für die Stadt seien aber vor allem die Mehlschwalben, die runde Nester an der Hauswand bauen. Eine große Kolonie finde sich am Nordufer des Schweriner Ziegelsees mit über hundert Brutpaaren. Eine weitere große Kolonie finde sich ebenfalls wieder am Schloss.
Öko-Agrarflächen als Zufluchtsraum
Schwerin, so sagt Bähker, sei für viele Vogelarten auch deshalb interessant, weil es alte Baumbestände gibt. Dazu gehören Parkflächen, Wasserflächen, Moorgebiete, Stadtwald oder auch Kleingärten, die nicht bespritzt werden. Am Schweriner Stadtrand liegt der Öko-Hof Medewege. Im Feuchtgebiet am Nordende des Medeweger Sees sind Bekassinen zu sehen, Watvögel mit extrem langen Schnäbeln. Von Medewege Richtung Wendenhof wurde auf einer Grünlandfläche eine Hecke gepflanzt, in der sich jetzt Neuntöter angesiedelt hätten, so Bähker weiter. Der Singvogel habe seinen Namen daher, dass ihm nachgesagt wurde, immer neun Insekten aufzuspießen. Am Aubach in Medewege sei auch der Biber zu Hause, auch Kraniche sehe man oft.
Schmetterlinge in ehemaligen Kiesgruben
In den ehemaligen Industriegebieten, den Kiesgruben Wüstmark und Göhrener Tannen, tummeln sich zudem viele Schmetterlingsarten. Nach Aussage von Bähker gebe es in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt etwa 109 Tagfalterarten. Im Stadtgebiet von Schwerin wurden 58 Arten gefunden, davon allein 55 auf einem Gebiet alter Kiesgruben.
Auch Säugetiere trauen sich in die Stadt
Und auch Säugetiere sind in der Innenstadt zu beobachten - europaweit geschützte Fischotter wurden beispielsweise am Burgsee nahe der Innenstadt gesichtet. Am Aubach in Medewege habe man ebenfalls Spuren gesichtet. Auch Wölfe, Wildschweine und Waschbären machen im Zweifel nicht halt vor der Stadt. Da kann Bähker nur den einen guten Rat geben: "Wildtiere auf keinen Fall füttern, das gilt auch für Nutrias. Die sind sehr clever und merken sich das und werden dann aufdringlich". Empfehlenswerter ist ein Spaziergang am Ufer des Schweriner Sees, denn dort, so Bähker, brüten acht bis zehn Seeadlerpaare, eines zum Beispiel auf Kaninchenwerder.
