Abserviert: Wie Air Berlin am Kunden spart
Flughafen Köln-Bonn, eine Maschine der Air Berlin ist aus Faro angekommen. Mit Verspätung. Und eigentlich hätte das Flugzeug nicht in Köln-Bonn landen sollen, sondern in Düsseldorf. Wie Familie Schär jetzt an ihr eigentliches Ziel kommen soll, wissen sie nicht. Von einem Air-Berlin-Mitarbeiter keine Spur. Die Reisenden müssen sich um sich selbst kümmern - mitten in der Nacht. Klarissa Schär ist enttäuscht. "Ich hätte zumindest erwartet, dass da jemand steht und mir sagt: 'Bitte, da steht der Bus.' Dass da niemand war, das finde ich wirklich unmöglich." Mit fünf Stunden Verspätung erreichen die Schärs letztendlich Düsseldorf. Dafür stünde ihnen eine Entschädigung der Fluggesellschaft zu. Doch der Versuch, die gesetzlich zugesicherte Summe zu bekommen, entpuppt sich zu einem wochenlangen bürokratischen Kampf.
Hinhalten hat System
WDR-Recherchen haben gezeigt, dass Air Berlin seine Kunden offenbar systematisch hinhält: Mit einem in ein Call-Center eingeschleusten Reporter gucken wir hinter die Fassade der Airline. Die Firma CCC übernimmt größtenteils den Kundenservice von Air Berlin. Der WDR-Reporter nimmt an einer Schulung für die Mitarbeiter teil. Er bekommt er klare Anweisungen: "Laut EU-Recht gilt: Wenn ein Flug so und so viel verspätet ist, gibt es auch Kohle. Wie viel, das wollen wir euch gar nicht sagen, denn das sollt ihr dem Kunden auch gar nicht sagen."
Entschädigungssummen sind gesetzlich festgelegt
Die Entschädigungssummen sind gesetzlich festgelegt. Doch die Mitarbeiter des Callcenters sollen den Kunden davon bloß nichts sagen. Peter Rottmann kennt dieses System. Sechs Monate hat er am Service-Schalter von Air Berlin am Flughafen Zürich gearbeitet. "Mir persönlich ging es dabei bescheiden, um nicht zu sagen beschissen. Ich konnte es mit meinem Gewissen einfach nicht vereinbaren. Es ist ein Zwiespalt. Man steht vor den Leuten, weiß genau, was man geben darf und was nicht. Wenn ich mehr gemacht hätte als mir vorgeschrieben worden wäre, dann wäre von einer Abmahnung bis zu einer Kündigung alles drin gewesen."
Air Berlin sagt zu den Vorwürfen: "Unsere Mitarbeiter haben einen hohen Qualitätsanspruch an ihre Arbeit und erhalten in regelmäßigen Abständen Schulungen, in denen auch ihre Kenntnisse zu den Fluggastrechten weiter vertieft werden."
Entschädigung aus Kulanzgründen?
Für die fünf Stunden Verspätung stehen ihnen insgesamt 1.600 Euro Entschädigung zu: Familie Schär musste dennoch lange um ihre Recht kämpfen. Sie versuchen es zunächst mit einem Brief. Doch in der Antwort bietet die Fluglinie lediglich 400 Euro an. Volker Schär reicht das nicht. Schließlich hat er sich an die SÖP gewendet, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr. Der Verein kümmert sich um Streitfragen im öffentlichen Personenverkehr. Knapp drei Monate nach dem Urlaub gibt die Airline nach: "Aus Gründen der Kulanz überweisen wir Ihnen einen Betrag von 1.600 Euro auf ihr angegebenes Konto." Offenbar hat das Einhalten der Gesetze bei Air Berlin etwas mit "Kulanz" zu tun.