Stand: 04.06.2019 13:54 Uhr
St. Katharinen: alte Kirche, neuer Stadtteil
Direkt gegenüber der Speicherstadt und nur wenige Schritte vom Zollkanal entfernt steht die Katharinenkirche mit ihrem eleganten barocken Turm. Sie ist die dritte der fünf Hamburger Hauptkirchen und wurde um 1250 erbaut - zu einer Zeit, als die Hamburger damit begonnen hatten, die Stadtflächen durch Eindeichungen zu vergrößern. Auf einem Fundament von 1.100 Lärchenstämmen errichtete man die Kirche mitten im feuchten Grund der erst kurz zuvor eingedeichten Marschinsel Grimm.
Die Hauptkirche St. Katharinen entdecken
Die St.-Katharinen-Kirche gehört zu den fünf Hamburger Hauptkirchen. Im Mittelalter war sie die Kirche der Schiffbauer, Kaufleute und Bierbrauer. Heute grenzt sie an Speicherstadt und Hafencity.
Ein Rundgang kann am Südportal beginnen. Die Eingangstür aus Bronze wurde von Fritz Fleer in den 1960er-Jahren gestaltet. Der Bildhauer verarbeitet das biblische Motto "Ecce homo - Sehet, welch ein Mensch" und zeigt Jesus inmitten einer Gruppe von Menschen, die die Fäuste erheben.
Auf den ersten Blick wirkt die dreischiffige mittelalterliche Kirche mit ihrem hohen Mittelschiff ohne Fenster schlicht. Diese Bauform wird auch Pseudobasilika genannt. Auf den zweiten Blick lassen sich einige interessante Kunstwerke entdecken. Auffällig sind etwa der Hauptaltar und die prächtigen Kirchenfenster.
Den Hauptaltar am Ende des Mittelschiffs ziert ein bronzefarbenes Relief von Otto Münch. Das Werk stellt die "Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Jünger zu Pfingsten" dar und stammt aus dem Jahr 1956.
Vor dem Altar steht ein modernes Taufbecken aus Bronze von Hans Kock (1920 - 2007). Der norddeutsche Bildhauer schuf unter anderem die bekannte Bronzeplastik "Meteor", die das erfolgreichste Springpferds Deutschlands darstellt. Das Werk steht in Kiel vor dem Landwirtschaftsmuseum.
Hinter dem Altar glänzt am Ende des Chorraums ein weiteres Kunstwerk: das Gloriafenster. Von 1955 bis 1957 arbeitete der Künstler Hans Gottfried von Stockhausen an diesem Kirchenfenster. Inspiriert wurde Stockhausen von dem Lied "Wachet auf, ruft uns die Stimme". Der Text stammt von Philipp Nicolai, der von 1601 bis 1608 der erste protestantische Hauptpastor der Katharinenkirche war.
Links vom Altar hängt an einem der zwölf mächtigen Rundpfeiler der Kirche ein sogenanntes Epitaph. Dieses marmorne Grabdenkmal erinnert an den Ratsherrn Georg von Fechte und wurde von Maximilian Steffens nach 1630 gestaltet.
Wenige Schritte entfernt steht der Leib-Christi-Altar von Helmut Lander, 1983 aus Eisen gegossen. Die Menschengruppe versinnbildlicht Christus, das Brot und seine elf Jünger. Der zwölfte, Judas, steht rechts außen, der Gruppe abgewandt.
Dahinter, in der Mauer des nördlichen Seitenschiffs, wurde bei der Kirchensanierung von 2007 bis 2012 ein historischer Schatz wiederentdeckt: das "Nordportal" aus dem Jahre 1340. Die Türflügel aus Bronze zeichnen den alten Eingang nach.
Von außen schützt eine Art Außenvitrine das alte Mauerwerk und den ehemaligen Eingang zur Kirche. Für die erfolgreiche Sanierung wurde der Förderverein der Kirche 2014 mit einem Preis des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz ausgezeichnet.
Zurück ins Innere der gotischen Kirche: Links neben dem Weihnachtsfenster befindet sich im Nordschiff der "Harfende David" von Karl Heinz Engelin aus dem Jahr 1972. Der Bildhauer wurde 1924 in Memel geboren und starb 1986 in Hamburg.
Linkerhand zieht das Weihnachtsfenster die Blicke auf sich. Es stammt ebenfalls von dem Lichtkünstler Stockhausen, der es 1957 schuf. Das knapp 18 Meter hohe Fenster zeigt eine Darstellung Marias mit dem Kinde und symbolisiert die Verkündigung an die Hirten.
Ebenfalls im Nordschiff, in Richtung Westportal, steht ein schlichtes, elegantes Taufbecken aus schwarzem Stein. Es ist ein Werk der in Tschechien geborenen Künstlerin Zuzana Hlináková, die heute in Kiel lebt.
Gegenüber im Südschiff befindet sich eine Holzskulptur der Namensgeberin der Kirche, der Heiligen Katharina von Alexandrien. Sie gehört zu den vier großen heiligen Jungfrauen der Kirchengeschichte und soll um 310 unter dem römischen Kaiser Maxentius für ihren Glauben ihr Leben gelassen haben. Die Skulptur stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Gleich neben der Heiligen Katharina findet sich in einer Mauernische das Nagelkreuz von Coventry. Das schlichte Kreuz setzt ein Zeichen der Versöhnung: Die Nägel stehen für Zimmermannsnägel, die die Deckenbalken der Kathedrale von Coventry gehalten haben. Diese wurde 1940 im Zweiten Weltkrieg durch deutsche Bomben fast vollständig zerstört.
Am Westende der Kirche, auf der Turmseite, hat die Orgel ihren Platz. Sie wurde im Juni 2013 im Stile der 1943 zerstörten Renaissance-Barockorgel rekonstruiert und ist regelmäßig bei Gottesdienstzeiten und Konzerten zu hören. Über 500 Pfeifen des Originalinstrumentes sind erhalten.
Am Eingang zum Turm begrüßt die Besucher ein Schriftzug aus dem Hebräer-Brief: "Wir haben hier keine bleibende Stadt, die zukünftige suchen wir". Am 1. Advent 2014 wurde die Turmhalle nach der umfangreichen Sanierung mit einem Gottesdienst eingeweiht.
Ein Blickfang in der Turmhalle ist der bronzene Albatros. Der Seevogel schwebt über einer Gedenktafel Gerhard Marcks zur Erinnerung an den Untergang der "Pamir" 1957, bei der 80 Seeleute starben. Der Albatros ist der Symbolvogel der Kap-Hoorn-Segler, er folgt vielen Schiffen lange über das Meer. Dem Seefahrer-Glauben zufolge nehmen auf See Verstorbene die Gestalt des Tieres an.
Tritt man durch die Turmhalle nach draußen, sieht man den Turm mit rund 116 Metern Höhe. Der Turmunterbau gilt heute als das älteste erhaltene Bauwerk Hamburgs, der Turmhelm mit seinen drei Hauben ist eine Rekonstruktion nach den Entwürfen des Architekten Peter Marquard (1656/57).
Den Turm können Besucher auch besteigen, es geht 292 Stufen hinauf, vorbei an fünf Glocken. Die Turmspitze wird von einer goldenen Krone geschmückt. Das Gold soll aus Störtebekers Schatz stammen. Belohnt werden die Aufsteiger mit einem schönen Blick über Hamburg.
Kirche der Schiffer und Kaufleute
St. Katharinen war die Kirche der Schiffbauer, Kaufleute und Bierbrauer, die sich in der Nähe des aufstrebenden Hafens ansiedelten. Benannt wurde sie nach der Heiligen Katharina von Alexandrien, einer zypriotischen Prinzessin und Märtyrerin, die im 3. oder 4. Jahrhundert gelebt haben soll. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde die dreischiffige Backsteinkirche ausgebaut und auf die heutige Größe erweitert.
Die Katharinenkirche gilt als die erste evangelische Kirche in Hamburg: Bereits ab 1601 besaß sie mit Philipp Nicolai einen protestantischen Hauptpastor.
Schon Bach liebte den Klang der Orgel
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Die Orgel wurde im Stil der 1943 zerstörten Renaissance-Barockorgel rekonstruiert, über 500 Pfeifen des Originalinstrumentes sind erhalten.
Sehenswert im Innenraum ist unter anderem die Rekonstruktion der Barock-Orgel. Das Original wurde 1943 während der Luftangriffe auf Hamburg zerstört und war bekannt für seinen außergewöhnlich schönen Klang, den bereits Johann Sebastian Bach bei Besuchen lobte.
Ihren charakteristischen, 115 Meter hohen Turm erhielt die Kirche im 17. Jahrhundert. Der Unterbau blieb aber bis zu einer Höhe von 23 Metern in seinem ursprünglichen Zustand erhalten und gilt heute als das älteste erhaltene Bauwerk Hamburgs, das noch immer seinem ursprünglichen Zweck dient.
Piratenschatz in der Kirchturmspitze?
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Den Turm der Katharinenkirche können Besucher besteigen. Von oben bietet sich ein schöner Blick über die Speicherstadt.
Die Turmspitze, die in Anlehnung an die Krone der Heiligen Katharina mit einer goldenen Krone geschmückt ist, umgibt ein besonderes Geheimnis: Das Gold stammt angeblich aus dem verschollenen Goldschatz des berüchtigten Piraten Klaus Störtebeker.
Im Rahmen von Führungen können Besucher den Turm auch besteigen (Juli - September, sonntags 13 bis 14 Uhr oder nach telefonischer Anmeldung (unter 040/30 37 47 30). Insgesamt 292 Stufen führen hinauf und vorbei an den fünf Glocken, deren größte mehr als sechs Tonnen wiegt und noch aus dem Jahr 1626 stammt.
Mit der Hafencity ist das Leben zurückgekehrt
Im 19. Jahrhundert verlor die Katharinenkirche große Teile ihrer Gemeinde, als in unmittelbarer Nachbarschaft Tausende Wohnungen auf dem Wandrahm und der Brookinsel für den Bau der Speicherstadt abgerissen wurden. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie schwer beschädigt, zwischen 1950 und 1956 aber wieder aufgebaut. Durch städtebauliche Maßnahmen schrumpfte die Kirchengemeinde in den Jahrzehnten nach dem Krieg weiter, die Willy-Brandt-Straße schnitt die Kirche auch räumlich von der Innenstadt ab. Erst der Bau der Hafencity im neuen Jahrtausend brachte eine Wende. Durch das neue Stadtviertel gewann die Katharinenkirche wieder ein lebendiges Umfeld im Hafen zurück.
Karte: St. Katharinen Kirche Hamburg
Weitere Informationen
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die nordstory - 14.06.2019 20:15 Uhr
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14.06.2019 | 20:15 Uhr