Corona: Theater Neustrelitz holt kaum Inszenierungen nach
Keine Opernaufführung, keine Ballett-Inszenierung, keine Schauspielpremiere - für die Theater bietet sich überall das gleiche Bild. Die Häuser stehen in der Corona-Krise vor großen Herausforderungen. Auch das Landestheater Neustrelitz musste mehrere Inszenierungen absagen.

Eigentlich stünde Tenor Andrés Felipe Orozco in diesen Tagen auf der Bühne. Doch die Premiere der Operette "Viktoria und ihr Husar" fiel aus. Auf der Facebook-Seite des Landestheaters Neustrelitz gibt sich Orozco empört: "Ich glaube, dass das Coronavirus eine totale Rampensau ist. Es versucht die ganze Zeit, uns die Show zu stehlen."
Gleich vier Neu-Inszenierungen hat das Landestheater ersatzlos streichen müssen. "Was wir jetzt absagen, das findet nicht statt", sagt Intendant Sven Müller. "Wir fokussieren unsere Energie darauf, unseren geplanten Spielplan für die nächsten Spielzeit zu verwirklichen."
Landestheater hat große finanzielle Verluste
Bereits Mitte März hat er Sommerevents wie das "Sommerspektakel im Schauspielhaus" oder die Festspiele im Neustrelitzer Schlossgarten absagt. Obwohl die Neustrelitzer Festspiele in diesem Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum gefeiert hätten.
Doch nicht nur deshalb ist die Absage schmerzlich. Die Sommer-Operette hätte dem Theater 700.000 Euro Umsatz gebracht. Vom Gewinn werden normalerweise andere Projekte mitfinanziert. Im normalen Spielbetrieb fielen zudem bisher 40 Vorstellungen aus.
Das Theater lebt vom Kollektiven
Theaterarbeit funktioniert idealerweise wie ein präzises Uhrwerk. Vor einer Premiere greifen viele Zahnräder ineinander. Die Arbeit an einem Stück wie dem ebenfalls abgesagten "Goldenen Drachen" dauert meist ein Jahr. Regie und Dramaturgie schmieden Pläne, schreiben Konzepte. Bühnenbilder und Kostüme werden entworfen und realisiert. Schauspielerinnen und Schauspieler lernen Texte, proben Szenen. "Normalerweise brummt das Theater - man hört den Gesang, das Musikmachen, die Schauspieler", sagt Intendant Müller. "Im Moment ist es geisterhaft ruhig."
Vorbereitungen für die nächste Spielzeit

Durch Corona wurde die ganze Arbeit zunichte gemacht. Schauspieldirektorin Tatjana Rese erinnert die momentane Situation an Brechts "Dreigroschenoper": "Mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht und mach noch einen zweiten Plan - gehen tun sie beide nicht."
Hinter den Kulissen wird aber bereits fleißig an neuen Produktionen gearbeitet. "Wir versuchen, bestimmte Arbeiten fortzusetzen", sagt Rese. "Also zum Beispiel die Vorbereitung der Bühnenbilder. Dass wir dann gut vorbereitet in die nächste Spielzeit gehen können."
"Kleine Kunst im Stream"
Um nicht ganz aus dem Rhythmus zu kommen, produzieren die Neustrelitzer Clips fürs Internet. Jeden Tag um 15 Uhr präsentieren sie Lesungen, Szenen und Musikstücke auf ihrer Facebook-Seite. "Kleine Kunst im Stream" nennt sich die Aktion.
Tenor Andrés Felipe Orozco macht auch mit. Ein Video zeigt ihn zu Hause - Melodien aus "Viktoria und ihr Husar" singend. Die ausgefallene Premiere der Operette soll es im Herbst geben. Es ist das einziges Stück, das es in die neue Spielzeit geschafft hat.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es in der Bildunterschrift unter der Szene aus "Il trittico" am Landestheater Neustrelitz, dass diese Oper von Giuseppe Verdi sei. Der Opernzyklus "Il trittico" ist von Giacomo Puccini. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
