Kirchentag: Interaktive Ausstellung gegen antimuslimischen Rassismus
Etwa 1.500 Veranstaltungen bietet das Programm des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Hannover, darunter einige mit Bezug zum Judentum und dem Islam - zum Beispiel eine interaktive Ausstellung gegen antimuslimischen Rassismus.
Wie schnell stecke ich andere Menschen in eine bestimmte Schublade? Von welchen Vorurteilen lasse ich mich leiten? Besucherinnen und Besucher der interaktiven Ausstellung "exit racism" sind vor genau diese Fragen gestellt.
Noch immer Vorurteile gegenüber Frauen mit Kopftuch
An jeder Station in einer anderen Variante. An einer sind Fotos von Frauen mit Kopftuch aufgestellt. Betrachterinnen und Betrachter werden aufgefordert, sich folgende Frage zu stellen: Welches Berufsbild fällt Dir zuerst ein, wenn Du an eine Frau mit Kopftuch im Krankenhaus denkst? "Das ist eine Station, die sich um institutionellen Rassismus dreht", erklärt Simone Bartels aus dem Kreis Recklinghausen. "Die Krankenhaus-Ärztin mit Kopftuch wird oftmals als Reinigungskraft wahrgenommen. Das ist tatsächlich passiert: Sie war ein bisschen früher in einem Meeting, und da wurde gesagt: 'Das Meeting fängt gleich an, Sie müssen hier jetzt nicht weiter putzen.'"
Auf dem Kirchentag betreut Simone Bartels die Wanderausstellung "exit racism" gemeinsam mit Iclal Celik aus München. Ausstellungsbesucher Markus Hallmann aus Hannover bestätigt die beiden Frauen in ihrem Engagement: "Da kriege ich eine Gänsehaut, wenn ich das sehe, weil ich auch in einem Krankenhaus arbeite. Wir haben vor allen Dingen Pflegekräfte mit Kopftüchern, wenig Ärztinnen. Ich glaube, das Problem ist, dass es wenig emanzipierte Frauen oder hochqualifizierte Frauen in ärztlichen Berufen gibt, die Kopftuch tragen. Und das ist für viele alte deutsche Menschen wahrscheinlich immer noch ein ungewohntes Bild."
Was können Christen im Umgang mit anderen Religionen lernen?

An einer anderen Station, einem Tresen mit eingelassenem Bildschirm, stehen zwei junge Pfadfinderinnen. Sie navigieren durch folgende Geschichte: In einer Wohngemeinschaft ist ein Platz freigeworden, und die WG sucht per Anzeige neue Bewerber. Gemeldet haben sich ein Ahmad und eine Melanie. "Es geht hier drum, dass im WG-Gespräch rauskommt, dass aufgrund des Namens Ahmad rassistische Vorurteile bestehen. Zum Beispiel schreibt er in seiner WG-Anzeige, dass er nicht kochen kann. Und einer der Mitbewohner sagt, dass er glaubt, dass Ahmad zuhause immer nur von seiner Mutter bekocht wurde und glaubt, dass es die Aufgabe von Frauen sei zu kochen", sagt Luiza Schmülgen aus Norderstedt.
Neben ihr am Bildschirm steht Sarah Petersen aus Kropp bei Schleswig. Auch für sie ist es keine Frage: Das Thema antimuslimischer Rassismus gehört auf den Kirchentag: "Beim Kirchentag gibt es einen krassen Fokus auf Christ*innen. Deswegen finde ich es umso wichtiger, dass hier auch noch mal eine andere Perspektive beleuchtet wird: was Christ*innen eigentlich noch lernen können im Umgang mit anderen Religionen. Das finde ich besonders wichtig, dass das auch auf dem Kirchentag seinen Platz hat."
Viele Aha-Momente bei jungen Besuchern
Die Wanderausstellung "exit racism" ist ein Kooperationsprojekt der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland, der koptischen Jugend und muslimischer Jugendverbände. Wie Simone Bartels begleitet auch Iclal Celik die Ausstellung seit zwei Jahren: "Ich bin selber Betroffene von Rassismus, was mich natürlich auch dazu motiviert hat, Aufklärungsarbeit, Sensibilisierungsarbeit zu leisten. Ich bin auf die Ausstellung gestoßen und wollte eigentlich gleich mitmachen."
Die Ausstellung gegen antimuslimischen Rassismus wird hauptsächlich von Schulklassen und Konfirmandengruppen besucht, sagt Iclal Celik. "Mir ist aufgefallen, dass sich vor allem Kinder und Jugendliche, die davon betroffen sind, in der Ausstellung abgeholt gefühlt haben und dass das bei vielen auch so einen Aha-Moment ausgelöst hat."
Diese Aha-Momente hatten auch viele Besucher des Evangelischen Kirchentags in Hannover. Und in Leipzig wird das wohl ähnlich sein. Dort ist die Wanderausstellung das nächste Mal zu sehen, beim Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag vom 13. bis 15. Mai.
