Carmen Korn: "Mich reizen Figuren mit vielen Brüchen"
Drei Orte haben das Leben Carmen Korns geprägt: Hamburg, Köln und Sanremo. Um diese Orte geht es auch im zweiten Band ihrer Drei-Städte-Saga "Zwischen heute und morgen".
Die historischen Familiengeschichten der Bestsellerautorin Carmen Korn werden vor allem von Leserinnen immer wieder sehnsüchtig erwartet. Die 1952 geborene Autorin und Journalistin schreibt ihre Romane nach aufwendigen Recherchen mit viel Liebe zum Detail. Der zweite Teil ihrer Trilogie hat dieselben 16 Protagonist*innen, wie der erste. "Zwischen heute und morgen" ist nun in den 1960er-Jahren angesiedelt.
Ihre Bücher sind so etwas wie Zeitzeugen des Alltags. In welche Jahre nehmen Sie uns mit in Ihrem neuen Buch und worum geht es?
Carmen Korn: Im zweiten Band geht es um die 60er-Jahre. Das fängt im Januar 1960 an und hört im Herbst 1969 auf.
Es sind wieder die Protagonisten aus dem ersten Band - das sind insgesamt 16. Vorne im Buch kann man nachlesen, wie die Familienverhältnisse sind, aber da habe ich manchmal den Überblick verloren, weil ich den ersten Teil nicht gelesen habe. Wie geht Ihnen das?
Korn: Ja, das sind ja drei Familien, und ich kenne die alle sehr, sehr gut. Die sind sehr nah, die sind fast Familienangehörige, die habe ich im Blick. Ich habe eine digitale Kladde, schon lange, bevor ich den ersten Satz schreibe.
Dann entwerfe ich die Charaktere, die Familien und habe für jeden eine kleine Legende, eine kleine Biografie, eine Liste mit den Geburtsdaten. Ich habe da also einige Hilfestellungen.
Ist es manchmal so, dass sie eine der Figuren mehr lieb haben als die andere?
Korn: Ja, das passiert. Ich mag einige Figuren sehr gerne, aber meine absolute Lieblingsfigur ist Pips. Erstens habe ich eine große Schwäche für Männer, die Klavier spielen können. Zweitens hat Pips ein sehr schwieriges Schicksal und ziemlich viele Brüche. Das reizt mich an Figuren immer besonders.
Dass Sie Männer mögen, die Klavier spielen, hat auch mit Ihrer eigenen Geschichte zu tun. Es kommt sehr viel Musik in diesem Buch vor - erzählen Sie, was das mit Ihnen zu tun hat.
Korn: In meinem Arbeitszimmer steht ein Klavier, und unter dem sitzend bin ich eigentlich aufgewachsen. Mein Vater war Komponist und ich habe damals unter dieses Klavier gepasst. Das ist mir so ins Blut gegangen, dass ich dazu eine ganz besondere Beziehung hatte. Ich bin sowieso ganz stark eine Vater-Tochter. Wahrscheinlich habe ich es da abgekriegt, dass ich so gerne Männer mag, die Klavier spielen können. Ich habe zwar einen geheiratet, der nicht Klavier spielen kann, aber er hat weiß Gott andere Qualitäten.
Besonders auffallend ist in Ihren Büchern, dass sie voller Details sind. Sie erzählen zum Beispiel von einem Kassenblock mit San Pellegrino-Werbung drauf oder von einer "Hörzu"-Zeitschrift auf dem Tisch. Das kommt mir fast ein bisschen manisch vor, dass es ganz detailliert sein muss.
Korn: Das ist eine Leidenschaft von mir, gebe ich zu. Ich liebe das, diese kleinen Details, die viel Zeitgeschichte transportieren. Da sind auch die großen Ereignisse drin, vom Mauerbau über das Attentat auf Kennedy, die ganze Adenauer-Ära, die "Spiegel"-Affäre, die sich zum 60. Mal jährt. Das komme ich vom Hölzchen aufs Stöckchen. Wenn ich danach recherchiere, wobei das Internet da eine enorme Erleichterung bringt, dann ergibt sich das eine aus dem anderen. Aber ich habe auch alte Zeitschriften, so etwas sammle ich und daraus kann ich auch schöpfen.
Das Buch heißt "Zwischen heute und morgen". Es gibt aber für dieses Buch kein morgen.
Korn: Die Geschichte wird über diese vielen Jahre in den 60er-Jahren erzählt. Da gibt es viel "morgen" und viele Neuanfänge. Aber ich wollte kein drittes Buch mehr schreiben - wie in der Trilogie davor. Denn im dritten Band sind viele mir liebgewonnene Menschen gestorben. Ich habe dauernd Todesszenen geschrieben, Sterbeszenen. Das wollte ich mir nicht noch mal antun.
Haben Sie ein neues Manuskript in der Schublade liegen? Oder wollen Sie nicht mehr schreiben?
Korn: Nein, ich glaube, das kann ich gar nicht. Ich sage jetzt zum Beispiel, dass ich eine ganz große Pause machen will. Aber ich habe schon so etwas im Kopf, eine Geschichte, die in den 80er-Jahren spielt. Das ist auch wieder eine Familiengeschichte in der Nachbarschaft, in einem Neubauviertel. Diese Familien scheitern auch an vielem, Freundschaften entstehen, Liebe. Aber es steht noch ganz am Anfang.
Das Gespräch führte Annette Matz.