Stand: 07.02.2023 09:05 Uhr

Chat-Protokoll: Endometriose, Rheuma, Reizdarm

Essen als Medizin: Wie packe ich selbst eine Ernährungsumstellung an? Was muss ich bei einer Endometriose beachten? Was kann ich bei Rheuma tun? Was hilft bei einem Reizdarm? Um diese Themen ging es in Folge 61 bei den Ernährungs-Docs.

Porträt von Ernährungs-Doc Viola Andresen. © ZS Verlag Foto: Claudia Timmann
Dr. Viola Andresen ist Internistin und Darmspezialistin am Israelitischen Krankenhaus in Hamburg.

Nach der Sendung hat Dr. Viola Andresen Ihre Fragen zu diesen Themen im Chat beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:

Simone: Helfen Enzyme bei Verdauungsschwäche?

Dr. Viola Andresen: Es gibt bestimmte Verdauungsstörungen, bei denen Enzyme helfen können. Bei einer Schwäche der Bauchspeicheldrüse mit einer Fettverdauungsstörung können Bauchspeicheldrüsen-Enzyme helfen. Das sollte vorher ärztlich untersucht werden.

Eva: Gilt das "kurze Zeit ziehen lassen" für alle Teesorten oder nur ganz bestimmte? Welche sind das?

Andresen: Das mit der Ziehzeit gilt vor allem für alle Kräuter- und Früchte-Tees.

Eva: Warum ist Kuhmilch schädlich, Produkte daraus aber nicht?

Andresen: Kuhmilch ist nicht grundsätzlich schädlich. Sie kann aber in manchen Fällen Entzündungsprozesse fördern.

Isabel: Haben FODMAPs was mit Histamin zu tun?

Andresen: Nein. FODMAPs sind Kohlenhydrate, die vom Dünndarm nicht gut aufgenommen werden.

Sonnenschein: Kann durch Einnahme von Verdauungs-Enzymen auch eine Entleerungsstörung beschleunigt werden?

Andresen: Ein Mangel an Fett-Verdauungs-Enzymen führt eher zu Durchfall. Eine Stuhlentleerungsstörung kann mechanische Ursachen haben oder eine gestörte Koordination des Entleerungsvorgangs. Enzyme spielen da keine Rolle.

Erwin: Heute weiß man, dass das Mikrobiom bei Rheuma eine Rolle spielt. Kann man es durch eine sogenannte Stuhltransplantation positiv beeinflussen?

Andresen: Das Mikrobiom spielt bei vielen Erkrankungen eine Rolle. Für die Wirksamkeit von Stuhltransplantationen gibt es aber für die meisten Erkrankungen keine Belege. Etabliert ist die Behandlung nur bei einer Darmentzündung durch das Bakterium Clostridium difficile.

Daysi: Wir unterstützen unseren Darm regelmäßig mit Leinsamen. Ist es effektiver, wenn wir die Leinsamen über Nacht in Wasser einweichen?

Andresen: Man muss die Leinsamen nicht vorher einweichen. Wichtig ist aber, dass man sie mit genügend Flüssigkeit zu sich nimmt, damit sie dann im Darm gut quellen können.

Joyce: Krämpfe und Blähungen - was hilft, wenn eine FODMAP-arme Diät nicht reicht und die Psyche unterbewusst dem Darm Stress-Signale sendet?

Andresen: Es gibt verschiedene Ansätze, um Krämpfe und Blähungen zu behandeln. Wenn man mögliche psychische Faktoren angehen möchte, ist die darmgerichtete Hypnotherapie (Darmhypnose) eine gut etablierte Methode.

Nicole: Ich soll auch Reizdarm haben. Ich sitze nur noch mit Bauchschmerzen und Blähungen, kein Tag ohne. Bei meiner Periode habe ich die ganze Zeit über vermehrt Blähungen und Schmerzen in den Beinen. Ist dies normal?

Andresen: Es gibt sehr viele mögliche Ursachen für derartige Beschwerden. Es ist möglich, dass ein Reizdarm vorliegt, aber um diese Diagnose stellen zu können, müssen andere mögliche Ursachen der Beschwerden zuvor ausgeschlossen werden.

mona: Wieviel Ballaststoffe empfehlen Sie im Allgemeinen und auch nachdem eine minimalinvasive Netztherapie bei Interusseption-Einstülpung des Darmes durchgeführt wurde. Wichtig ist Movicol, damit es zu keiner Verstopfung kommt.

Andresen: In Ihrem Fall wären auf jeden Fall quellende, lösliche Ballaststoffe vorzuziehen. Allgemein werden mindestens 30 Gramm Ballaststoffe empfohlen. Man sollte eine Ballaststoffzufuhr aber nur langsam steigern, da es sonst zu Bauchbeschwerden führen kann. Makrogol hilft gut, den Stuhl weich zu halten. Für das Mikrobiom sind aber Ballaststoffe ergänzend sinnvoll.

Kerstin: Ich möchte gerne eine Haferkur beginnen, frühstücke jedoch nicht. Meine Frage lautet, ob ich die empfohlenen 3 mal 75 Gramm, verteilt in kleineren Mengen, zu mir nehmen kann, da ich die Menge auf zwei Mahlzeiten nicht schaffe. Kann ich auch Hafermilch anstatt Wasser oder Brühe verwenden?

Andresen: Ja, man kann so eine Kur auch an seine persönlichen Gewohnheiten anpassen. Hafermilch hat natürlich einen höheren Kalorien-Gehalt als Wasser oder Brühe und hat somit nicht den gleichen Effekt.

Jule: Frage zu Rezepten: Meint die Bezeichnung "Buchweizen" die Körner? So steht es im Rezept Lebkuchen. Bei den Rezepten Veganer Buchweizenkuchen sowie Gedämpftes Gemüse steht jeweils "Buchweizen". Sind hier die Körner oder das Mehl gemeint?

Andresen: Beim Kuchen ist das Buchweizen-Mehl gemeint. Gemüse kann man mit Buchweizen-Körnern essen.

Silvia: Ballaststoffe und pflanzliche Eiweiße (Hülsenfrüchte etc.) sind gerade bei Darmkrankheiten heikel, da sie oft Blähungen verursachen. Gibt es Tipps, wie man diese abmildern kann?

Andresen: Ja, große Mengen Ballaststoffe insbesondere aus Hülsenfrüchten oder anderen FODMAP-haltigen Lebensmitteln können Blähungen verursachen. Hier kann es hilfreich sein, die Ballaststoffmenge nur langsam zu steigern. Auch gibt es Ballaststoffe, die weniger blähen, zum Beispiel aus Früchten, die wenig FODMAPs enthalten (zum Beispiel Kiwi).

Irena: Sollten Haferflocken mindestens 30 Minuten oder länger eingeweicht werden?

Andresen: Das ist letztlich auch Geschmackssache. Man kann die Haferflocken auch ganz ohne Einweichen essen.

Astrid: Ich habe Psoriasis oder Neurodermitis (da sind die Hautärzte sich nicht einig), Arthrose, Hashimoto und einen Reizdarm. Meine Blutwerte sind alle im Normbereich, trotzdem bin ich antriebslos und kann mich schlecht konzentrieren. Kann mir eine antientzündliche Ernährung helfen?

Andresen: Eine antientzündliche Ernährung ist gesund und kann auf keinen Fall schaden. Also einfach mal ausprobieren!

Jule: Welche Probiotika empfehlen Sie zum Aufbau einer Darmflora nach schwerer Erkrankung, unter anderem nach Antibiotika-Gabe und Sepsis?

Andresen: Man kann anhand der wissenschaftlichen Datenlage keine bestimmten Probiotika-Produkte empfehlen. Es gibt sogar Hinweise, dass Probiotika nach Antibiotika-Gabe auch die Wiederherstellung der eigenen Darm-Flora bremsen können. Bei Menschen, die schon mal eine Clostridium-difficile-Infektion hatten, können Probiotika nach Antibiotika aber das Risiko verringern, dass man einen Rückfall der Clostridien erleidet.

Beatrix1978: Dr. Klasen sagte zu Christian: "Mehr Ballaststoffe essen." Wäre nicht eine antientzündliche Ernährung genauso hilfreich? Ich habe CRP auf Dauer leicht erhöht, zurzeit 1,24 mg/dL. Mein Hausarzt findet das normal. Ich nehme schon Kortison aus Asthma- und Nasenspray ein.

Andresen: Ballaststoffreiche Ernährung ist ja auch Teil der antientzündlichen Ernährung. In der Sendung empfahl Dr. Klasen ja auch ergänzend andere Bereiche der antientzündliche Ernährung wie Algenöl oder das Meiden von Zucker und Schweinefleisch.

Anne: Ist Rote-Bete-Saft, milchsauer vergoren, zur Stärkung der guten Darmbakterien geeignet?

Andresen: Rote Bete ist generell günstig, ebenso fermentierte Lebensmittel. In der Kombination also gut geeignet.

Joana: Ist eine Low-FODMAP-Diät auch bei einer Sorbitintoleranz zu empfehlen?

Andresen: Sorbit ist ein FODMAP. Die Low-FODMAP-Diät ist aber eine zeitlich begrenze Ernährungstherapie. Menschen mit Zucker-Intoleranzen profitieren sehr häufig davon. Im Rahmen der Aufbauphase lassen sich dann die individuellen Verträglichkeitsschwellen herausfinden.

Alexandra: Ich habe Divertikulitis. Was und wie essen bei einem akuten Schub und danach?

Andresen: Im akuten Schub sollte eine Schonkost oder auch leichte Vollkost gegessen werden. Nach einem Schub kann die Ernährung wieder langsam normalisiert werden. Allgemein wird dann eine ballaststoffreiche Ernährung empfohlen.

Lea: Ich habe eine starke Fruktose-Intoleranz mit häufigem Durchfall. Ist das Verwenden von Buchweizenmehl und Weglassen von Milch sinnvoll?

Andresen: Zwar ist in Milch keine Fruktose enthalten, aber Menschen mit Zuckerunverträglichkeiten profitieren oft von einer zeitlich befristeten Low-FODMAP-Diät. Insforen kann das ein sinnvoller Therapieansatz sein. In der Aufbauphase können dann die individuellen Verträglichkeitsschwellen der verschiedenen Zucker festgestellt werden.

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Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 06.02.2023 | 21:00 Uhr

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