Nahaufnahme von Frauenhänden beim Auftragen einer Creme. © PantherMedia Foto: AndreyCherkasov

Bioidentische Hormone in den Wechseljahren: Nutzen und Risiken

Stand: 13.05.2025 12:35 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Bioidentische Hormone sollen gegen Wechseljahresbeschwerden wie Schlafstörungen oder Gelenkschmerzen helfen. Doch welche Vor- und Nachteile haben die Präparate der Hormontherapie? Sind sie gefährlich?

von Christiane Stauss

Die Wechseljahre kennzeichnen den Übergang von der fruchtbaren Phase der Frau zu der Phase, in der keine Schwangerschaft mehr möglich ist. Zu Beginn der Wechseljahre sinkt zunächst der Spiegel des weiblichen Hormons Progesteron; später reduziert sich auch die Menge des Östrogens im Körper. Die Monatsblutung wird unregelmäßig oder bleibt ganz aus und verschiedene körperliche und seelische Veränderungen stellen sich ein - auch Wechseljahresbeschwerden genannt. Bioidentische Hormonpräparate sollen helfen, diese Beschwerden zu lindern.

Was sind bioidentische Hormone?

Als "bioidentisch" oder auch "körperidentisch" werden Hormone in Präparaten bezeichnet, wenn sie in ihrer chemischen Molekülstruktur exakt gleich sind wie diejenigen, die der weibliche Körper in den Eierstöcken produziert. Bei der Behandlung von Wechseljahresbeschwerden spielen die Hormone 17-beta-Estradiol und Progesteron eine wichtige Rolle. 17-beta-Estradiol ist das Haupt-Östrogen, das Frauen in ihren fruchtbaren Jahren in den Eierstöcken bilden. Progesteron ist das sogenannte Gelbkörperhormon, das bei Frauen in der zweiten Zyklushälfte gebildet wird und an der Schwangerschaftsvorbereitung und -erhaltung beteiligt ist. Progesteron wird auch als natürliches Gestagen bezeichnet.

Woraus werden bioidentische Hormone hergestellt?

Als Basis für die Herstellung der bioidentischen Hormone Estradiol und Progesteron dient der Pflanzenstoff Diosgenin. Dieser Stoff findet sich in größeren Mengen in der Yamswurzel. Auch die Sojabohne enthält eine Substanz (Stigmasterin), die zu den bioidentischen Hormonen umgewandelt werden kann. Da der menschliche Körper Diosgenin oder Stigmasterin nicht selbstständig in Estradiol und Progesteron modifizieren kann, erfolgt dies im Rahmen der Herstellung.

Ärzte raten von individuell erstellten Präparaten ab

Wichtig: Bei verschreibungspflichtigen Hormonpräparaten ist die Herstellung standardisiert und unterliegt strengen Qualitätskontrollen. Apotheken und Heilpraktiker bieten aber auch individuell erstellte Mischungen, sogenannte Magistralrezepturen, an. Hiervon raten Mediziner aber eher ab, da diese Mischungen weniger sicher sind, weil sie nicht auf die gleiche Art und Weise geprüft werden, wie die verschreibungspflichtigen Präparate.

Hormontherapie: Das spricht dafür

Im Verlauf der Wechseljahre verschlechtert sich die Funktion der Eierstöcke und die Bildung der körpereigenen Hormone Estradiol und Progesteron geht zurück. So kann es zu einem Missverhältnis der Hormone kommen. Der sinkende Hormonspiegel kann nun zu verschiedenen Beschwerden führen (unter anderem zu Schlafstörungen, Scheidentrockenheit, Stimmungsschwankungen, Erschöpfung und Gelenkschmerzen), die durch die Gabe von bioidentischen Hormonen gelindert werden können. Zudem gibt es bei bioidentischen Hormonen einen nachgewiesenen Schutz vor Osteoporose. Auch bei Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehen Experten von einer Schutzwirkung aus. Hier fehlen allerdings noch Langzeitstudien.

Welche Nachteile haben bioidentische Hormone?

Die Angst vor Brustkrebs wurde viele Jahre durch die amerikanische WHI-Studie und ihre (Fehl-)Interpretation geschürt. Die Ergebnisse sind nicht generell auf Frauen in den Wechseljahren übertragbar - das damals publizierte Brustkrebs-Risiko wurde als viel zu hoch eingeschätzt. Für ihre Fehlinterpretation haben sich die Autoren inzwischen sogar entschuldigt. Trotzdem gibt es weiterhin bei vielen Gynäkologinnen und Gynäkologen Angst vor den Risiken und oft auch eine Zurückhaltung, bioidentische Hormone gegen Wechseljahresbeschwerden zu verschreiben.

Die aktuelle Therapie-Leitlinie rät bei Beschwerden zu einer Hormongabe. Doch sollten Frauen Östrogene nicht in Tablettenform einnehmen, sondern sie besser als Pflaster oder Gel anwenden. Das gilt als risikoärmer. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Dosis je nach Beschwerden und Wirkung individueller angepasst werden kann.

Das sagen Studien zu Risiken bei bioidentischen Hormonen

Studien legen nahe, dass es bei der Östrogen-Gestagen-Kombinationstherapie sehr auf die Verwendung des entsprechenden Gestagens anzukommen scheint. Laut epidemiologischen Daten sind synthetische Gestagene mit einem höheren Risiko für Brustkrebs verbunden als natürliche Gestagene, wie beispielsweise sogenanntes "mikronisiertes Progesteron". In einer französischen Kohortenstudie, die den Einfluss einer länger angewandten Hormonersatztherapie auf die Brustkrebsinzidenz untersuchte, wurde keine Erhöhung des Risikos für Brustkrebs gefunden. Im Unterschied zu den Vereinigten Staaten werden in Frankreich vor allem transdermales Östrogen (17-Beta-Estradiol-Gel) und Progesteron-ähnliches Gestagen oder mikronisiertes Progesteron verschrieben.

Auch in der französischen E3N-EPIC-Kohortenstudie mit insgesamt fast 100 000 Frauen ergab sich eine signifikante Erhöhung des Brustkrebsrisikos nur für die Gruppe der Frauen, die orale oder transdermale Östrogene gemeinsam mit synthetischen Gestagenen anwendeten. In Kombination mit Progesteron war das Risiko nicht erhöht, wenngleich sich ein Trend zu einem - nicht signifikanten - Risikoanstieg mit zunehmender Anwendungsdauer zeigte.

Neue Studie: Früher Beginn der Hormontherapie wichtig

Die sogenannte KEEPS-Studie hat gezeigt: In relativ niedriger Dosierung und früh nach der Menopause begonnen, hat die Hormontherapie eine Reihe von positiven und keine relevanten negativen Effekte. Eine weitere Studie, die Studie ELITE, bestätigt, dass der Zeitpunkt des Beginns der Hormongabe nach der Menopause entscheidend ist: Während Frauen in der frühen Postmenopause profitieren, haben Östrogene bei Frauen in der späten Postmenopause keinen Effekt auf das Herz.

Zahlt die Krankenkasse die Hormontherapie?

Verschreibt der Arzt oder die Ärztin aus medizinischen Gründen eine Hormonersatztherapie mit zugelassenen Präparaten, übernimmt die Krankenkasse in aller Regel die Kosten.

Wie lange sollte eine Hormontherapie dauern?

Wie lange eine Hormonersatztherapie dauert, ist ganz individuell. Wichtig ist, dass die Therapie ärztlich begleitet ist. Spätestens nach vier Wochen sollten Frauen die Verträglichkeit der Ersatzhormone mit dem Arzt beziehungsweise der Ärztin besprechen. Gemeinsam kann entschieden werden, wie lange die Hormone genommen werden sollten oder können oder ob ein Auslassversuch nach ein paar Jahren sinnvoll ist. Einige Frauen entscheiden sich für eine Hormonersatztherapie über viele Jahre hinweg.

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NDR Fernsehen | Visite | 13.05.2025 | 20:15 Uhr

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