Franziska Walser © picture alliance / SvenSimon Foto: Frank Hoermann

Schwere Waffen für die Ukraine: "Wo soll das enden?"

Stand: 02.05.2022 17:46 Uhr

Deutschland will auch schwere Waffen an die Ukraine liefern. Das sei nicht der richtige Weg, sagt die Schauspielerin Franziska Walser, die zu den prominenten Erstunterzeichnern eines offenen Briefes an Kanzler Olaf Scholz gehört.

Frau Walser, warum ist es aus Ihrer Sicht der falsche Weg, den Deutschland da geht?

Franziska Walser: Ich hoffe nicht, dass das der falsche Weg ist, aber ich kann es einfach nicht sagen. Ich kann im Moment nur sagen, dass ich für ein Abwägen bin, für eine Besonnenheit und für eine offene Debatte in unserer Gesellschaft, die ich sehr wichtig finde, weil es sehr schwerwiegende und weitreichende Entscheidungen sind.

Wo und wie müsste diese Debatte am besten geführt werden?

Walser: Ob wir in diese Aufrüstung weiter einsteigen, ob wir diese Eskalation, die sich in diesem Krieg anbietet, bedienen wollen. Ich kann nicht glauben, dass schwere Waffen eine Lösung dieses Konflikts bringen. Ein Krieg mit einer Atommacht ist aus meiner Sicht nicht zu gewinnen.

Weitere Informationen
Wolfgang Müller © Wolfgang Müller

Offener Brief an Kanzler Scholz: "Empathielos und herablassend"

Im Interview widerspricht der Musiker und Autor Wolfgang Müller den Unterzeichnern des offenen Briefes an den Bundeskanzler. mehr

Alice Schwarzer hat im Interview gesagt, man solle auf Verhandlungen setzen. Befürworter der Waffenlieferungen sagen, Putin habe sich in diesem Konflikt kaum an irgendwelche Zusagen und Versprechen gehalten - man könne ihm nur militärisch etwas entgegensetzen und muss das jetzt auch tun, weil er sonst womöglich in anderen Ländern weitermacht. Was sagen Sie diesen Kritikern?

Walser: Ich glaube, dass man trotzdem seine Anstrengungen dahingehend lenken muss, mit ihm in Verhandlungen zu kommen. Wenn man jetzt schwere Waffen dahin liefert - wo soll das enden? Wie soll man jemals auf einen Kompromiss kommen, der für beide Seiten erträglich ist?

Der Liedermacher Wolfgang Müller kritisiert an Ihrem Brief, dass wir uns damit über die Menschen vor Ort erheben. Denn die fragen händeringend nach diesen schweren Waffen, und wir entscheiden hier bequem und in Sicherheit, dass das jetzt nicht das Richtige für sie sei. Wissen wir besser, was gut ist?

Walser: Das ist natürlich überhaupt nicht so. Was die Ukraine macht, ist ihre Sache - ich würde das niemals kritisieren. Aber was wir machen, ist eine andere Geschichte. Wir sind im Augenblick Zuschauer dieses Konflikts, auch wenn Herr Müller meint, dass wir schon im Visier des Angreifers stehen. Aber im Moment ist es so, dass wir zum Zuschauen verurteilt sind. Das ist auch keine angenehme Angelegenheit, aber wir haben dadurch die Möglichkeit, anders mit den Dingen umzugehen. Dass die Ukraine nach Waffen verlangt und dass die sich wehren müssen, kann ich nachvollziehen, das ist völlig klar.

Wie kann dieser Konflikt aus Ihrer Sicht also gelöst werden? Nur am Verhandlungstisch?

Walser: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, wie dieser Konflikt gelöst werden kann. Aber ich glaube, dass er auf gar keinen Fall durch Waffen gelöst werden kann. Ein Krieg hat eigentlich immer nur Verlierer, vor allem unter den Menschen, die in dem Land leben.

Das Interview führte Jan Wiedemann.

 

Weitere Informationen
Katja Lange-Müller © picture alliance / Arno Burgi Foto: Arno Burgi

Offener Brief an Scholz: Katja Lange-Müller distanziert sich

Die Schriftstellerin hatte den Brief zunächst unterzeichnet. Im Gespräch erläutert sie, was sie nun daran kritisiert. mehr

Harald Welzer © picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress Foto: Christoph Hardt

Harald Welzer: Waffenlieferung könnte den Krieg entgrenzen

Der Sozialpsychologe tritt dafür ein, keine weiteren schweren Waffen mehr an die Ukraine zu liefern. mehr

Anna, die Ehefrau eines vor zwei Monaten getöteten Soldaten, und der Vater Oleksandr stellen auf dem Friedhof der Hafenstadt Odessa die ukrainische Nationalflagge am Grab ihres Ehemannes auf. (Foto vom 24. Februar 2024) © Kay Nietfeld/dpa

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Russlands Überfall und die Folgen

Am 24. Februar 2022 begann der Angriff. In der Ukraine starben mindestens 10.000 Zivilisten. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 02.05.2022 | 16:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Europa-Politik

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Eine Frau und ein Mann sitzen nebeneinander auf einer Bank, hinter ihnen ist Wasser. © Pedro Deltell Foto: Pedro Deltell

Cinemare Fest in Kiel: Kino live gespielt - wie geht das?

Der Film "Schiffbruch mit Publikum" wurde in Echtzeit improvisiert und ins Kino projiziert. mehr