Der neu gewählte Papst Leo XIV. steht auf dem Balkon © Oliver Weiken/dpa Foto: Oliver Weiken
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Papst Leo XIV.: "Mann zwischen den Polen"

Stand: 09.05.2025 16:31 Uhr

Weißer Rauch über dem Vatikan am frühen Donnerstagabend. Robert Francis Prevost ist nun Papst Leo XIV. Wie ist diese Wahl einzuschätzen? Florian Breitmeier aus der NDR Redaktion Religion und Gesellschaft weiß es.

Genau 150 Jahre nach ihrem ersten Kardinal haben die USA nun auch ihren ersten Papst. Robert Prevost ist ein echter Kenner der Kirche. Aber für welche Positionen steht er? Wie nahbar ist er und kann man ihn zu den Reformorientierten zählen? Einschätzungen von Florian Breitmeier aus der NDR Redaktion Religion und Gesellschaft.

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NDR Kultur: Florian, hattest Du ihn als einen sehr aussichtsreichen Kandidaten auf dem Zettel?

Florian Breitmeier: Als Außenseiter schon, aber zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Konklave, wenn sich vielleicht die großen Favoriten nicht durchgesetzt hätten. Das war so meine Überlegung, dass er dann eine Rolle hätte spielen können. Seine frühe Wahl nach dem vierten Wahlgang zeigt aber auch, dass man im Vor-Konklave gute Arbeit geleistet hat und auch Einmütigkeit und Einheit damit demonstrieren wollte. Er ist ein Mann zwischen den Polen: zwischen Reformierten und Konservativen. Seine schnelle Wahl zeigt für mich auch, dass er auch der Kandidat derer war, die einen reformfreudigeren Papst verhindern wollten.

Also wird er ein Mittelweg gehen wird, das höre ich bei Dir heraus. Kannst Du das mal ein bisschen konkretisieren. Wofür steht dieser Robert Francis Prevost?

Breitmeier: Also er ist sicherlich jemand, der in der sozialen Frage, wenn es um die gerechte Verteilung der Güter dieser Welt geht, bei den Armen, bei den Schwachen ist - und damit vollkommen in der Linie von Franziskus. Er war ja Missionar. Er war Priester in Peru und er kennt Lateinamerika sehr gut. Zudem hat er die peruanische und die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.

Wenn es aber um die Reform-Themen geht, die ja viele Katholikinnen und Katholiken in Deutschland so sehr am Herzen liegen, wie zum Beispiel die Frauenweihe, da hat er als Kardinal doch eher skeptisch und zurückhaltend reagiert. So hat er gesagt: Man müsse da schauen, ob man sich mit der Frauenweihe nicht ein neues Problem schaffe. Auch was den synodalen Weg in Deutschland angeht, hat er eher auf der Bremse gestanden, so wie der Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Es wird in der sozialen Frage ein progressiver Papst sein, aber in den reformorientierten Fragen, die in Deutschland viele umtreiben, da wäre ich eher skeptisch, dass er große Reformen macht.

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Was sagt eigentlich die Auswahl seines Papstnamens über ihn aus? Also Leo XIV., was hat es mit Leo auf sich?

Breitmeier: Sein Vorgänger Leo XIII. war ein Papst, der 1903 starb. Das war auch ein Papst, der die soziale Frage sehr stark gemacht hat, sich den Arbeitern zugewandt hat, der die Schwachen und Ausgegrenzten auch stärker im Blick hatte. Er war ein Versöhner auch zwischen den Polen, also einer der nicht mit einer so harten Verbissenheit vielleicht moral-theologische Fragen angegangen ist. Jemand, der eben sozialpolitisch sehr engagiert war und in dieser Linie auch das Friedensthema sehr stark macht. "Friede sei mit euch", waren ja seine ersten Worte. Das werden sicherlich seine großen Themen sein.

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Nun hat natürlich US-Präsidenten Donald Trump schon gratuliert, wie viele andere Staatsoberhäupter auch. Meinst Du, das wird irgendeine Bedeutung haben, dass ein Mann einer so mächtigen Nation, also nämlich der USA, jetzt auch an der Spitze der katholischen Kirche steht?

Also dass jemand aus den USA kommt und der als Kirchenmann nicht auf der Linie von Donald Trump agiert hat, ist schon eine spannende Personalie. Er ist auch kein Vertreter von erzkonservativen Katholikinnen und Katholiken in den USA. Es wird schon eine wichtige Rolle spielen, so denke ich, dass er aus den USA kommt, weil der Vatikan hat ein großes finanzielles Problem - da gibt es Millionen Löcher. Und als US-Amerikaner wird er sicherlich auch viele Spenden ziehen können, denn da gibt es sehr finanzstarke Katholikinnen und Katholiken in den USA. Aber dennoch wir als jemand, der auch politisch vermittelt zwischen den Polen, einer aufgeheizten Welt, jemand, der das Thema Frieden stark macht, Versöhnung, vielleicht auch den Vatikan stärker zurückführt auf die diplomatische Bühne. Das ist, glaube ich, etwas, was ihn sehr umtreiben wird.

Das Gespräch führte Keno Bergholz.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 09.05.2025 | 08:15 Uhr

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