Harbour Front Literaturfestival: Große Namen, aber auch Absagen
Am Donnerstag hat in Hamburg das Harbour Front Literaturfestival begonnen: Bis zum 22. Oktober werden 70 Veranstaltungen stattfinden, 110 Gäste werden erwartet. NDR Reporter Danny Marques Marcalo blickt im Interview auf das Programm.
Danny Marques Marcalo, angenommen, ich habe nur Zeit für eine Lesung - welche würdest Du mir ans Herz legen?
Danny Marques Marcalo: Da würde ich die letzte Lesung empfehlen, die von Ian McEwan. Der kommt mit seinem neuen Roman "Lektionen". Ich habe seine Bücher wie "Abbitte" oder "Am Strand" verschlungen. Diesmal geht es um einen jungen Soldaten. Ich bin sehr gespannt auf dieses Buch und auf diese Lesung. Ich habe Ian McEwan schon mal erlebt - er könnte den ganzen Abend nur mit Anekdoten füllen. Ich kann nur empfehlen, dahinzugehen.
Wer kommt sonst noch?
Marques Marcalo: Es kommen ganz viele große Namen - nach Corona endlich auch wieder Gäste aus Übersee: Richard Ford aus den USA, Hernán Díaz oder der Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah. Desweiteren werden erwartet: die Ökonomin Maja Göpel, der Musiker Thees Uhlmann - diese Veranstaltung ist leider schon ausverkauft. Auch der Bestseller-Autor Ferdinand von Schirach wird da sein. Er hat die Harfenistin Magdalena Hofmann eingeladen. Ich habe Schirach schon mal mit einem Pianisten bei einer Veranstaltung gesehen: Er liebt die Musik und schwebt dann über die Bühne, während er liest, weil er von der Musik so beflügelt ist.
Es gibt auch Kritik am Festival wegen einzelner Entscheidungen. Es gab die Absage von Sven Pfizenmaier, der beim Debütantensalon lesen sollte. Auch die Autorin Franziska Gänsler hat ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. Was steckt dahinter?
Marques Marcalo: Die beiden und auch noch zwei andere, die für den Preis nominiert sind, die aber noch nicht abgesagt haben, haben ein Problem mit dem Sponsor des Preises, Milliardär Klaus-Michael Kühne. Er hat 10.000 Euro für diesen Preis gestiftet. Diese Autorinnen und Autoren kritisieren, dass die Vergangenheit des Familienunternehmens Kühne nicht korrekt aufgearbeitet ist. Kühne+Nagel hat sich im Zweiten Weltkrieg an der M-Aktion beteiligt. Dabei wurden Möbel aus Wohnungen und Häusern deportierter und geflohener Juden, vor allem aus Frankreich und den Benelux-Staaten, gestohlen, nach Deutschland gebracht und dort günstig Menschen, deren Wohnungen beim Krieg beschädigt wurden, zum Kauf angeboten. Das war eine große Aktion, von der die Firma Kühne+Nagel sehr profitiert hat, das aber in der Unternehmensgeschichte nie so richtig aufgearbeitet hat.
Und was sagt Klaus-Michael Kühne dazu?
Marques Marcalo: Ich habe beim Unternehmen angefragt, wo man mich an eine Pressemitteilung aus dem Jahr 2015 verwiesen hat, in der es heißt, man bedauere diese schändliche Zeit im Unternehmen, aber die Unterlagen dazu seien im Krieg zerstört worden, da könne man mehr oder weniger nichts machen. Auch von Herrn Kühne heißt es, dass er da keinen großen Bedarf sieht, das weiter aufzuklären. Insofern macht die Firma da ein bisschen dicht.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.