Graphic Novels im August: Vergrabene Geheimnisse
Jeden Monat stellen wir drei aktuelle Neuerscheinungen aus dem Bereich Graphic Novel vor. Drei stechen im August besonders hervor: "Pfostenloch", "Fukushima - Die Chronik einer Katastrophe" und "In Ordnung".
"Pfostenloch" von Daniela Heller
Irgendwo in Süddeutschland gibt es eine Baugrube. Aber nicht irgendeine. In dieser sitzen Archäologie-Studentinnen und -Studenten in ihrer letzten von acht Praktikumswochen in Erdlöchern und buddeln. Mit Kelle, Schaufel und kleinen Fundtüten ausgerüstet, graben sie sich durch die Vergangenheit - immer an einer Spur eines uralten, verschütteten Pfostenlochs entlang.
"Pfostenloch" ist auch der Titel der Graphic Novel von Daniela Heller. Für ihre Geschichte hat sie in diesem Jahr den renommierten Max-und-Moritz-Preis als bestes deutschsprachiges Comic-Debüt erhalten. Wirken ihre Figuren durch die Schnabel-Gesichter eher gewöhnlich, besticht doch die Leichtigkeit ihrer Erzählung, auch wenn es um tiefgreifende Themen wie Tod oder Abschied geht. Daniela Heller schafft es, Zeit spürbar zu machen. Ob es nebensächlich erscheinende Dinge sind, wie das Schattenspiel der Bäume auf dem Zelt einer der Hauptfiguren oder die Erinnerung an deren Vater. Sie dehnt und streckt oder rafft die Zeit kaum spürbar. Sie verbindet die Panels teilweise organisch oder lässt sie für sich stehen. Zudem kommt ihre Sprache alltäglich und ungestellt daher und macht dieses Buch dadurch so mitreißend.
"Fukushima - Die Chronik einer Katastrophe" von Bertrand Galic und Roger Vidal
11. März 2011. Rund 200 Kilometer vor der Küste Japans kommt es zu einem Erdbeben der Stärke neun. Viele Gebäude stürzen ein oder werden heftig beschädigt, wie das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi - eines der größten Japans mit sechs Reaktoren. Was dem Beben folgt, ist eine riesige Tsunami-Welle von rund 14 Metern, die das angeschlagene Kraftwerksgelände überflutet und damit die lebensnotwendigen Notstromgeräte außer Kraft setzt. Kernschmelzen und vier explodierende Reaktoren sind die Folge.

Die beiden Franzosen Bertrand Galic und Roger Vidal widmen sich diesem dunklen Kapitel der Atomenergie. Sie nehmen sich die ersten fünf Tage der Katastrophe im typischen Comic-Stil vor und beschrieben die Vorfälle aus der Sicht des Kraftwerkleiters Masao Yoshida in Rückblenden. "Fukushima - Die Chronik einer Katastrophe", so der Titel, ist eine Comic-Doku, die sich liest wie ein dystopischer Action-Film á la "Independence Day" oder "The Day After". Zeichnerisch ist es mit seinen detailreichen Abbildungen von hoher Qualität, doch es besticht vor allem durch sein Thema. Es ist ein wichtiges Buch, um die Ereignisse von damals besser zu verstehen.
"In Ordnung" von Anja Wicki
"Für mich ist das Leben einfacher, wenn es Ordnung und Logik hat", sagt Eva, die Hauptfigur der Graphic Novel von Anja Wicki, irgendwann in der Geschichte. Bis dahin hat die junge Frau schon einige Therapiesitzungen, einen Zen-Kloster-Aufenthalt und einen heftigen Nervenzusammenbruch auf einer Straßenkreuzung hinter sich. Und alles nur, weil sie anders tickt als andere - sensibler, geordneter, zurückgezogener.
Die Schweizer Illustratorin gibt uns Einblick in die Gefühls- und Erlebniswelt einer jungen Frau, die zusehends von depressiven Schüben heimgesucht wird und trotzdem versucht, ihren Alltag zu meistern - auch mit Hilfe ihrer Freunde und Verwandten. "In Ordnung", so der Titel, überzeugt durch die grafische Klarheit der Figuren und der Umgebung sowie die ruhige Erzählweise, denn auf diesen 208 Seiten wird wenig gesprochen. Die Geschichte von Eva berührt auf ganzer Linie.
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