Braunschweig: Zwischen Tradition und Moderne
Heinrich der Löwe führte Braunschweig im Mittelalter zu Größe und Einfluss. Heute bietet die Stadt eine spannende Mischung aus Moderne und Tradition sowie ein renommiertes Museum.
Eine jahrhundertelange Tradition - aber auch viel aktuelle Forschung und Wissenschaft: In Braunschweig, mit rund 250.000 Einwohnern nach Hannover die zweitgrößte Stadt Niedersachsens, ergänzt sich beides. Da weite Teile Braunschweigs im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden, prägen heute Häuser aus der Nachkriegszeit das Stadtbild. Bei einem Stadtbummel trifft man jedoch immer wieder auf "Traditionsinseln" mit prächtigen historischen Gebäuden.
Der Dom: Grabstätte Heinrich des Löwen
Der Burgplatz mit Dom, Burg und Löwenstandbild lässt noch die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung Braunschweigs erahnen. Der imposante, dreischiffige Dom St. Blasii entstand zwischen 1173 und 1195 unter Heinrich dem Löwen als Zeugnis seiner Macht und spätere Grabstätte. Besucher können das aus Muschelkalk gefertigte Grab des Herzogs und seiner Frau Mathilde besichtigen sowie zahlreiche Kunstschätze bewundern. Dazu gehören das Imervard-Kreuz, der Marienaltar, ein fünf Meter hoher, siebenarmiger Leuchter sowie mittelalterliche Wandmalereien. Lohnenswert ist auch ein Blick in ein besonders kostbares Buch, das Heinrich der Löwe im Jahr 1188 dem Dom stiftete: das Evangeliar. Die mit zahlreichen kunstvollen Bildern verzierte Handschrift ist allerdings nur eine aufwendige Kopie. Das Original liegt als teuerstes Buch der Welt gut geschützt im Tresor der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel.
Ein renommiertes Museum - zwei Standorte
Unmittelbar neben dem Dom steht Burg Dankwarderode, einst die Residenz Heinrich des Löwen. Der heutige Bau wurde im späten 19. Jahrhundert als Rekonstruktion nach dem mittelalterlichen Grundriss errichtet. Die Burg ist einer von zwei Standorten des Herzog Anton Ulrich-Museums. Besucher können dort die Mittelalter-Abteilung sowie Teile des Welfenschatzes und liturgische Gewänder besichtigen.
Gemälde-Galerie: Rembrandt, Rubens, Cranach
Das Hauptgebäude des Museums steht im Museumspark an der Oker. Die Gemälde-Galerie von internationalem Rang zeigt wertvolle Werke von Rembrandt, Rubens, van Dyck, Cranach und anderen berühmten Malern. Herzog Anton Ulrich gründete die Sammlung 1754. Nachdem sie zunächst an verschiedenen Orten untergebracht war, wurde 1887 der heutige Museumsbau im Stil der italienischen Renaissance eröffnet. Noch immer sind Gemälde, die an mit farbigem Stoff bespannten Wänden präsentiert werden, das Herzstück der Ausstellung auf insgesamt fast 4.000 Quadratmetern.
Traditionsinseln: Bezirke mit prachtvollen Bauten
Direkt hinter dem schönen, mittelalterlichen Burgplatz beginnt die ausgedehnte Fußgängerzone der Altstadt. Über die Stadt verteilt gibt es fünf sogenannte Traditionsinseln (Aegidien, Altstadtmarkt, Burgplatz, Magniviertel, Michaelis): Bezirke, die noch mit prachtvollem Baubestand aus dem Mittelalter aufwarten können. In jedem Bezirk gab es einst eine Kirche, ein Rathaus und einen Markt. Auf dem Altstadtmarkt, der im 12. Jahrhundert angelegt wurde, ist das bis heute so.
Den Mittelpunkt des Platzes bildet der Marienbrunnen. Darum gruppieren sich die Martinikirche, das Alte Zollhaus von 1643, das Gewandhaus mit Renaissancegiebel und das Altstadtrathaus. An seiner Fassade befinden sich viele - zum Teil gruselige - gotische Figuren und eine Braunschweiger Elle. Sie ist an einer der Säulen des Laubengangs eingelassen, misst genau 57,07 Zentimeter und diente im Mittelalter Kaufleuten, besonders den Tuchhändlern, als verbindliche Maßeinheit.
Das fröhliche Rizzi-Haus
Das moderne Braunschweig zeigt sich bunt. Rosa, Gelb, Grün, Rot, mit Tupfen, Herzen und Figuren: Wer durch das Magniviertel bummelt, traut zunächst seinen Augen nicht, denn dort leuchten bemalte, lachende Häusertürme im Comic-Stil. Der international bekannte New Yorker Künstler James Rizzi hat sie auf Initiative des Galeristen Olaf Jaeschke und des Architekten Konrad Kloster gestaltet. Formen und Farben bilden bewusst einen Gegensatz zu unseren üblichen Bau- und Sehgewohnheiten. Das Happy Rizzi Haus besteht aus mehreren Baukörpern und ist eine begehbare Bauskulptur. Da das Gebäude als Bürohaus genutzt wird, ist es allerdings nicht öffentlich zugänglich.
Residenzschloss mit Einkaufsmeile
Eine nicht unumstrittene Mischung von Kultur und Konsum bietet das 2007 wieder aufgebaute Residenzschloss aus dem 18. Jahrhundert. Hinter der originalgetreu rekonstruierten Fassade befindet sich eine Einkaufsgalerie mit mehr als 150 Geschäften, Cafés und Restaurants. Daher bezeichnen die Braunschweiger das Gebäude auch gern als "Vorhängeschloss". Außerdem enthält der Gebäudekomplex die Stadtbücherei, das Kulturbüro und in der Beletage im Nordflügel ein 600 Quadratmeter großes Schlossmuseum.
Schlossmuseum gewährt Einblicke in das Leben der Herzöge
Für das Museum wurden fünf repräsentative Säle nach historischen Vorlagen rekonstruiert. Wandverkleidungen und Möbel bestehen überwiegend aus historischen Stücken, die Museen und Sammler zur Verfügung gestellt haben. So bekommen Besucher einen Eindruck davon, wie die braunschweigischen Herzöge zwischen 1830 und 1918 gelebt haben. Auf Informationstafeln haben die Gestalter bewusst verzichtet, um den historischen Gesamteindruck nicht zu stören.
Wer mehr über das Leben im Schloss und die Bedeutung der Fürsten für die Stadt Braunschweig erfahren möchte, kann sich in einem getrennten Raum, dem Weißen Saal des Schlossmuseums, informieren. Dort bekommen Besucher an einer festlichen Tafel ein elektronisches "historisches Menü" serviert: über die einstigen Herrscher, die Welfen, sowie über die Geschichte des Schlosses bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau in diesem Jahrhundert.
Klosteranlage Riddagshausen
Eines der ältesten gotischen Bauwerke in Deutschland steht in dem östlichen Braunschweiger Stadtteil Riddagshausen: die Klosterkirche St. Mariae von 1275. Sie gehörte einst zu einem Zisterzienserkloster, das Mönche Mitte des 12. Jahrhunderts errichtet hatten. Von der Anlage sind heute neben der Kirche nur noch das Torhaus, die Klostermauer sowie die Frauen- und Siechenkapelle erhalten.
Karnevalshochburg des Nordens
Wer den Karneval liebt und es in der fünften Jahreszeit nicht bis nach Mainz oder Köln schafft, ist in Braunschweig genau richtig. Die Stadt ist die Karnevalshochburg des Nordens. Tausende Narren begleiten jedes Jahr am Sonntag vor Rosenmontag den sogenannten Schoduvel durch die Innenstadt, einen etwa sechs Kilometer langen Karnevalsumzug mit Motivwagen und Musik.
Hochschulen und das Zentrum der Zeitmessung
In Braunschweig haben zwei Hochschulen und mehrere Forschungseinrichtungen ihren Sitz. Eine davon ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, das Zentrum der Zeitmessung in Deutschland. Die Messung erfolgt mit einer Atomuhr, die die Schwingung im Inneren eines Atoms ermittelt. An der Technischen Universität sind mehr als 18.000 Studierende eingeschrieben, an der Hochschule für Bildende Künste rund 1.000.
Eine Tour auf der Oker
Schöne Parkanlagen, historische Bauten und viel Grün: Bei einer Paddeltour auf der Oker entlang der Wallanlagen können Besucher entspannen und Braunschweig vom Wasser aus entdecken. Wer möchte, kann sogar einmal um den alten Innenstadtkern herumfahren, trifft dabei allerdings auf zwei Wehre. Im Mittelalter war die Oker ein wichtiger Handelsweg. Wie ihn Kaufleute nutzten und wo ihre Ziele lagen, erläutert eine geführte Tour.
Karte: Sehenswürdigkeiten in Braunschweigs Zentrum
