Das Gebäude der Staatsoper Hannover von außen © Clemens Heidrich/ Staatsoper Hannover Foto: Clemens Heidrich

"A Wilde Story": Ballett über Oscar Wilde feiert Premiere

Stand: 21.10.2022 06:00 Uhr

Mitte Oktober hat Marco Goecke den Deutschen Tanzpreis als bester Choreograf entgegengenommen, nun feiert er mit seinem neuen Stück Premiere in Hannover. Das Ballett ist dem irischen Schriftsteller Oscar Wilde gewidmet: "A Wilde Story"!

von Andrea Schwyzer

Es wird eng. Am Montag fehlen noch zehn Minuten von dem neuen abendfüllenden Ballett. Trotzdem tanzt und schwitzt das Ensemble bereits auf der großen Opernbühne der Staatsoper Hannover. Die Kostüme sind angedeutet: bodenlange, schwarze Röcke, graue Tops. Alle Blicke sind auf Marco Goecke gerichtet.

 "A Wilde Story": Szenen aus dem Leben und Werk Oscar Wildes

In der Mitte der Bühne steht ein Tänzer, der verzweifelt versucht wegzukommen - wegzufliegen. Doch er kann nicht. Seine Bewegungen machen deutlich: Er steht einbetoniert auf einem Sockel. An seinen Fingern funkeln prunkvolle Klunker.

Dann, am hinteren Bühnenrand, zwei Männer. Im Halbdunkel finden sie ekstatisch zusammen. Doch das Glück währt nur kurz. Szenen, die ineinander fließen. Szenen aus dem Leben und Schaffen des irischen Schriftstellers Oscar Wilde.

Wilde wollte frei leben und lieben

Da sind die Zwerge, die Adeligen und die Vögel aus seinen Märchen - und da ist Oscar Wilde selbst: Unruhig, schlaflos und flach atmend schafft er es nicht, seinen Kopf und Körper auf das Kissen vor ihm abzulegen. Immer wieder schreckt er hoch. Wilde wurde verfolgt dafür, dass er frei leben und lieben wollte.

Seinen Schmerz will Marco Goecke aber nicht einfach als Außenstehender abbilden. Er sucht, wie immer in seinen Choreografien, die Verbindung zu sich selbst: "Natürlich rede ich, auch wenn ich über andere was mache, immer von mir", sagt Goecke. "Man kann nicht das Leid anderer darstellen. Man muss immer sein eigenes Leid darstellen."

Marco Goecke: "Das 'Frei-und-kreativ-sein' ist immer bedroht"

Wenn Marco Goecke über Oscar Wilde spricht, dann über einen Künstler, der gelitten hat, der schwer bestraft wurde für seine Liebe zu Männern. 120 Jahre sind seitdem vergangen. Aber was haben wir dieser Zeit wirklich erreicht?

"Unsere kleine, freie Welt, die wir hier haben: Das ist schon was sehr Fragiles. Man muss immer mit der Angst leben, dass so etwas von einem auf den anderen Tag zusammenbrechen kann", sagt Goecke. "Und Homosexualität oder überhaupt Menschen, die sich freiheitlich kreativ ausdrücken, wie Oscar Wilde das mit Überzeugung getan hat: Das 'Andersleben', das 'Anderssein', das 'Frei-und-kreativ-sein' ist immer bedroht - vor 120 Jahren genauso wie heute."

Die Suche nach Glück und Liebe in der Staatsoper Hannover

Diese Bedrohung ist spürbar auf der Bühne. Doch - und auch das ist Oscar Wilde - der Schalk und die Momente überschwänglicher Freude sind da auch: "Eine wilde Geschichte. A Wilde Story", sagt Goecke. Und auch musikalisch geht es wild zu in diesem Stück: "Rock, Klassik, Piano, Orchester, Band, Geräusche, Gefühle, Gestöhne", zählt der Choreograf auf.

Eingebettet in diesen Soundtrack will Marco Goecke mit dieser Kreation das Publikum mit auf die Suche nach Glück und Liebe nehme. Auch das eine Suche: heute wie damals.

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Kürzlich hat Marco Goecke den Deutschen Tanzpreis als bester Choreograf entgegengenommen, ab dem 21. Oktober läuft sein neues Stück in Hannover.

Art:
Bühne
Datum:
Ende:
Ort:
Staatsoper Hannover
Opernplatz 1
30159 Hannover
Preis:
Von 21 bis 57 Euro
Kartenverkauf:
Kasse im Opernhaus und Schauspielhaus
Montag- Freitag: 10-19:30 Uhr
(Vorverkauf bis 18:30 Uhr)
Sonnabend: 10-18 Uhr

Kartentelefon:
0511 99991111
Montag-Freitag: 10-18 Uhr
Sonnabend: 10-14 Uhr
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 21.10.2022 | 07:20 Uhr

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Theater

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