Neues Album: "Pink Elephant" von Arcade Fire
Arcade Fire waren eine der faszinierendsten Bands der Nuller- und 2010er-Jahre. Sieben Musikerinnen und Musiker aus Kanada, die opulenten, orchestralen Indie Rock spielten: Am 9. Mai ist das erste Album seit drei Jahren erschienen, und das hat einen Grund.
"Denken Sie jetzt nicht an einen rosa Elefanten!" ist ein berühmter Satz, der ein psychologisches Phänomen veranschaulicht: Wer absichtlich versucht, einen bestimmten Gedanken nicht zu denken, denkt ihn am Ende erst recht. Dieses Paradoxon hat Arcade Fire zum Titel ihres neues Albums inspiriert: "Pink Elephant".
Vorwurf der "sexuellen Übergriffigkeit"
Der "Elefant im Raum" ist ein anderer: Vor drei Jahren warfen vier Personen zwischen 18 und 23 Jahren Sänger Win Butler sexuelles Fehlverhalten vor. Er soll explizite Nachrichten verschickt haben, es soll zu körperlichen Annäherungen gekommen sein. Butler verwies auf Einvernehmlichkeit. Zu Prozessen kam es nie. Die Folgen für Arcade Fire waren trotzdem signifikant: Sängerin Leslie Feist sagte ihre Auftritte im Vorprogramm ab, der langjährige Keyboarder verließ die Band. Will Butler wünscht sich im Titelstück vor allem, in Ruhe gelassen zu werden. Ob das die Lösung ist?
Ein Neuanfang mit reduziertem Klang
Xylophon, Streicher, Akordeon und "Oh-oh-oh"-Chorgesang war das unverkennbare Merkmal des Arcade-Fire-Klangs. Doch die Band gibt sich zumindest Mühe, ihr siebtes Album wie einen Neunanfang wirken zu lassen. Mit Daniel Lanois ist ein Produzent beteiligt, der für ein sphärisch-reduziertes Klangbild steht: Vorbei die Zeiten der Wagnerianischen Überfülle. Butler und Ehefrau Regine Chassagne rücken ganz nah zusammen; singen im Duett, von positiver Transformation aber auch von einem gemeinsamen "Kreis des Vertrauens". Unter dem Titel "Circle of Trust" veröffentlichen Arcade Fire sogar eine App, die per Mausklick Zugang zu einem exklusiven Fan-Netzwerk eröffnen soll. Mission: Schadensbegrenzung?
Neue Innerlichkeit, aber die Unschuld ist weg
"Pink Elefant" verströmt eine neue Innerlichkeit. Und doch lassen sich Werk und Künstler nur schwer trennen. Denn Arcade Fire standen immer für hohe Ernsthaftigkeit und ein starkes Wir-Gefühl. Das Album "Funeral" thematisierte mehrere Todesfälle im familiären Umfeld der Band, "The Suburbs" ist ein epochales Werk über das Aufwachsen in der Provinz. Auf der Bühne wirkten Arcade Fire wie eine eingeschworene Glaubensgemeinschaft, die ihr Publikum zu Rebellion und Idealismus ermutigte. Und Win Butler und Regine Chassagne wie ein hochbegabtes Traumpaar. Das siebte Album "Pink Elephant" ist ein Neunanfang - aber die Unschuld ist weg.
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