Parkinson: Symptome, Verlauf, Ursache und Therapie

Stand: 17.04.2023 17:26 Uhr

Die Parkinson-Krankheit, früher als Schüttellähmung bezeichnet, ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung in Deutschland: Symptome, Verlauf, Ursache und Therapie.

Menschen mit Parkinson leiden zunehmend unter einer Verlangsamung der Bewegungsabläufe, Bewegungsarmut, Gangstörungen, später auch einem Zittern der Hände, Beine und des Kopfes oder Muskelsteifheit. Zahlreiche Studien belegen, dass neben der Gabe von Medikamenten auch Bewegung und Sport das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit hinauszögern können.

Symptome und Ursache der Parkinson-Krankheit

Ursache der Parkinson-Krankheit ist eine nachlassende Produktion des Botenstoffs Dopamin durch Absterben der Dopamin-produzierenden Zellen in der sogenannten Schwarzen Substanz (Substantia nigra) im Mittelhirn. Dieser Botenstoff ist wichtig für die Signalübermittlung zwischen Gehirn und Muskulatur. Fehlt Dopamin, werden die Bewegungen immer kleiner, es kommt zu Zittern oder Steifheit der Muskeln. Weitere typische Symptome sind:

  • eingefrorene Bewegungen
  • schlurfender Gang
  • leise Sprache
  • ein starrer, wächserner Gesichtsausdruck.

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Dr. Steffen Paschen ist Neurologe am Uni.-Klinikum Schleswig-Holstein in Kiel. © Screenshot
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Krankheitsverlauf: Parkinson beginnt schleichend

Die Parkinson-Krankheit bleibt häufig über Jahrzehnte unbemerkt, während im Gehirn immer mehr Zellen abgebaut werden. Wenn das typische Zittern auftritt, ist bereits der größte Teil der entsprechenden Nervenzellen zerstört. Den motorischen Symptomen gehen aber meist jahrelang unklare Symptome voraus. So leiden spätere Parkinson-Erkrankte etwa doppelt so häufig an Verstopfung und Schlafstörungen wie die Allgemeinbevölkerung. Ein schlechter Geruchssinn und Depressionen treten ebenfalls häufig im Vorfeld einer Parkinson-Krankheit auf - lange vor den typischen motorischen Symptomen.

Spezielle Schlafstörung als Vorstufe von Parkinson

Als Vorstufe der Parkinson-Krankheit gilt eine sogenannte REM-Schlafverhaltensstörung. Bei dieser Schlafstörung bewegen sich Betroffene im Traum, sie können sich oder andere sogar verletzen. Ursache ist eine Schädigung des Traumbewegungszentrums im Gehirn. Die Symptome der Schlafstörung lassen sich mit Medikamenten lindern. Doch 70 bis 80 Prozent der Menschen, die im Traum um sich schlagen, entwickeln in den folgenden zehn bis 15 Jahren eine Parkinson-Krankheit.

Therapie: Medikamente ersetzen fehlendes Dopamin

Zur Therapie der Parkinson-Krankheit stehen mehrere Gruppen von Medikamenten zur Verfügung. Sie verstärken sich gegenseitig durch ihre unterschiedlichen Wirkmechanismen. Ziel ist es, fehlendes Dopamin im Gehirn zu ersetzen. Die Auswahl und Dosierung der Arzneimittel erfolgen individuell.

  • Das wirksamste Mittel gegen die Parkinson-Symptome ist Levodopa (L-Dopa). Es überwindet die Blut-Hirn-Schranke und wird im Gehirn in aktives Dopamin umgewandelt. Damit eine ausreichende Wirkstoffkonzentration im Gehirn erreicht wird, müssen die Patienten L-Dopa in hohen Dosen einnehmen. Der Wirkstoff wird mit dem Enzymhemmer Benserazid kombiniert, um die erforderliche Dosis zu reduzieren. So lassen sich Nebenwirkungen wie Übelkeit und Kreislaufprobleme abschwächen.
  • Eine weitere wichtige Wirkstoffgruppe sind die sogenannten Dopaminagonisten. Sie ähneln dem Dopamin, verursachen aber Nebenwirkungen wie Schwindel. Ist die individuelle richtige Dosis gefunden, erreichen die Medikamente oft eine stabile Besserung. Zusätzlich werden sogenannte MAO-Hemmer eingesetzt, die den natürlichen Dopaminabbau verzögern.
  • Auch der Wirkstoff Amantadin kann die Parkinson-Symptome verbessern. Die genaue Wirkungsweise ist dabei nicht bekannt.

Bei allen Erfolgen der Arzneimitteltherapie ist eine Heilung oder ein Stoppen der Erkrankung nicht möglich. Zudem lässt die Wirksamkeit der Medikamente mit der Dauer der Erkrankung oftmals nach.

Mit einer Pumpentherapie können Medikamente, die als Tabletten mit der Zeit nicht mehr wirksam sind, über eine durch die Bauchdecke geführte sogenannte PEG-Sonde verabreicht werden. Für die richtige Dosierung sorgt die elektronische gesteuerte Pumpe. Vor der operativen Anlage des Schlauchs lässt sich über eine Nasensonde testen, ob das Verfahren im Einzelfall zum Erfolg führt.

Operative Therapie: Hirnschrittmacher

Die sogenannte tiefe Hirnstimulation ist ein Verfahren zur Behandlung von Bewegungsstörungen, zu denen auch die Parkinson-Krankheit gehört. Dabei setzen Neurochirurgen dünne Stimulationselektroden (Hirnschrittmacher) in bestimmte Hirngebiete ein. Die elektrischen Impulse sollen insbesondere das Zittern lindern. Im Allgemeinen wird die tiefe Hirnstimulation erst eingesetzt, wenn die Medikamente keine ausreichende Wirkung (mehr) zeigen.

Unter Vollnarkose wird zunächst eine Kernspintomografie durchgeführt. Während der Operation müssen die Betroffenen dann zeitweise wach sein, um die Besserung der Symptome während der Stimulation genau austesten zu können. Im Anschluss werden die Elektroden mit einem Steuergerät, dem Hirnschrittmacher, verbunden, der unterhalb des Schlüsselbeins implantiert wird. Einige Tage nach der Operation wird das Gerät erstmals eingeschaltet und nachjustiert. Eine Feinjustierung ist jederzeit möglich, um das beste Ergebnis zu erreichen.

Neues OP-Verfahren mit Ulltraschall

Ein recht neues Therapieverfahren bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit ist hoch fokussierter Ultraschall (HIFU). Dabei werden Ultraschallwellen im Zielgewebe so stark gebündelt, dass sie es erhitzen und gezielt zerstören. Auch diese Therapie konzentriert sich auf einen kleinen Knotenpunkt tief im Gehirn.

Durch Behandlung entstehen winzige Narben in den Faserbahnen des Gehirns, im sogenannten Tremornetzwerk. Das soll das Zittern verringern. Über einen Spezialhelm werden mehr als tausend Ultraschallwellen aus vielen Richtungen ins Gehirn geleitet und exakt auf das Tremornetzwerk fokussiert. Während der Behandlung liegen die Betroffenen bei vollem Bewusstsein im MRT - so können die Ärztinnen und Ärzte am Monitor exakt verfolgen, welche Hirnregionen wie stark erwärmt werden.

Die Patientin oder der Patient wird dann durch Aufgaben und Übungen dazu gebracht, maximal zu zittern. Mehrere Erwärmungsphasen sind nötig, um die Narben im Gehirn zu setzen. Jedes Mal wird die Temperatur um Nuancen erhöht, danach erfolgt eine Kontrolle des Behandlungseffekts, aber auch möglicher Nebenwirkungen wie Sprachstörungen, Schwäche oder Taubheit. Dabei geht es nicht darum, das Zittern komplett auszuschalten. Ziel ist, das Zittern weitestmöglich zu reduzieren, ohne schlimmere Nebenwirkungen zu riskieren.

Auch wenn das Verfahren ohne Skalpell, Sonden und Bohrer auskommt, ist es nicht ohne Risiko, denn der Eingriff lässt sich nicht rückgängig machen: Einmal zerstörte Zellen im Gehirn kommen nicht zurück.

Bewegung beeinflusst Krankheitsverlauf positiv

Zahlreiche Studien belegen, dass Sport sehr wirkungsvoll ist: Der Verlauf der Erkrankung ist oft günstiger als mit Medikamenten allein. Bereits im Anfangsstadium lassen sich die Symptome der Parkinson-Erkrankung durch intensives Training verbessern und im weiteren Krankheitsverlauf können Betroffene durch gezieltes Training bereits verlorene Fähigkeiten wiedererlangen. Eine Rolle spielen außerdem Freizeitaktivitäten wie Malen, Tanzen und das Erlernen neuer Bewegungsformen mit weit ausholenden Bewegungen wie Tai Chi.

Für Parkinson-Erkrankte sind Sportarten mit fließenden Bewegungen wie Schwimmen, Radfahren und Joggen geeignet. Wichtig ist, dass Parkinson-Erkrankte jede Gelegenheit zur Bewegung nutzen, denn das Gehirn verlernt die neu erworbenen Fähigkeiten schnell wieder. Sport kann auch vorbeugend wirksam sein: Wer im mittleren Lebensalter regelmäßig Sport treibt, senkt sein Risiko, später an Parkinson zu erkranken, um bis zu 40 Prozent.

BIG-Therapie für Parkinson-Erkrankte

In den ersten Stadien der Parkinson-Krankheit kann die Bewegungstherapie BIG zum Einsatz kommen. Die Übungen mit großen fließenden Bewegungen stimulieren ungenutzte Bereiche des Gehirns. Durch intensives Wiederholen und eine ständige Erfolgskontrolle lernen Betroffene, Bewegungen wieder bewusst im Alltag einzusetzen. Durch die Therapie werden Bewegungen schneller und präziser, auch das Gleichgewicht und die Körperwahrnehmung werden gefördert. Die Effekte halten mehrere Wochen bis Monate an.

Fortschritte bei der Ursachensuche

Die Parkinson-Krankheit ist eine verhängnisvolle Kettenreaktion im Körper. Sie beginnt vermutlich mit einem körpereigenen Eiweiß (α-Synuclein). Das Protein faltet sich falsch in den Zellen und führt schließlich zu deren Zerstörung. Wissenschaftler vermuten, dass die Erkrankung gar nicht im Kopf beginnt, sondern im Darm und von dort über viele Jahre bis ins Gehirn hinaufwandert. Warum der Prozess beginnt, ist eine der vielen noch ungeklärten Fragen. Zudem deutet die Vielfalt der Symptome darauf hin, dass es womöglich nicht nur eine Parkinson-Krankheit gibt, sondern viele verschiedene Formen.

Bereits bekannt ist, dass im Gehirn von Parkinson-Erkrankten unterschiedliche Störungen auftreten:

  • zu viel giftiges Eiweiß
  • zu viel freies Eisen
  • Entzündungen.
Gegen diese drei Störungen werden Medikamente getestet, die das Fortschreiten der Krankheit aufhalten sollen. Wenn das gelingt, wird es umso wichtiger sein, die Parkinson-Krankheit so früh wie möglich zu erkennen, denn einmal verlorene Funktionen werden die Medikamente nicht zurückbringen.

Welche Rolle spielt der Vagusnerv?

Tierversuche zeigten, dass sich ein falsch gefaltetes Eiweißmolekül (Alpha-Synuklein) bei der Parkinson-Krankheit in den erkrankten Gehirnzellen ablagert. Solche Ablagerungen entstehen, vermutlich aufgrund von Umwelteinflüssen, auch im Nervensystem des Magens und des Darms. Von dort aus könnten die Ablagerungen über den Vagusnerv und seine Verästelungen bis ins Gehirn "wandern". Den Forschern gelang es bei Mäusen, das Fortschreiten der Krankheit mit einer Durchtrennung das Vagusnervs zu verlangsamen.

Untersuchungen an Menschen, denen wegen eines Magengeschwürs der Vagusnerv durchtrennt worden war, bestätigen die Hypothese: Das Risiko einer Parkinson-Erkrankung ist in dieser Gruppe um 22 bis 41 Prozent geringer als in der Allgemeinbevölkerung.

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Visite | 18.04.2023 | 20:15 Uhr

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