Ein Frau fässt sich den Hals. © SENTELLO

Dysphagie: Was tun bei Schluckbeschwerden?

Stand: 25.04.2022 11:55 Uhr

Bereitet das Schlucken beim Essen oder Trinken Probleme, sprechen Experten von einer Dysphagie. Die kann von der Erkältung bis hin zum Tumor viele verschiedene Ursachen haben. Wann der Weg zum Arzt nötig ist.

Über das Schlucken machen wir uns normalerweise kaum Gedanken, schließlich läuft der Schluckakt ganz von allein und unbewusst ab. Aber wenn das Schlucken mal nicht mehr richtig funktioniert, wird es schnell sehr unangenehm. Fachleute sprechen dabei von einer sogenannten Dysphagie. Dabei müssen harmlose Schluckbeschwerden, zum Beispiel bei einer Erkältung, von schwerwiegenden Schluckstörungen unterschieden werden.

Funktioniert zum Beispiel das reflexartige Schließen des Eingangs zur Luftröhre nicht richtig, kann Nahrung in die Atemwege gelangen und Erstickungsanfälle oder Lungenentzündungen verursachen. Ist dagegen die Funktion der Speiseröhre beeinträchtigt, behindert das die Nahrungs- und Flüssigkeitsversorgung des Körpers – es drohen Gewichtsverlust, Austrocknung und Mangelernährung.

Viele verschiedene Ursachen und Symptome

Die Ursachen einer Dysphagie können vielfältig sein. Sie reichen von neurologischen Erkrankungen wie erblichen Muskel- oder Nervenkrankheiten über Probleme in Hals und Rachen bis hin zu krankhaften Veränderungen der Speiseröhre und des Brustraums. Sie werden in verschiedene Gruppen unterteilt:

  • Liegt die Ursache im Rachenraum (oropharyngeal), kann es sich um neurologische Störungen oder auch um ein lokales Hindernis wie einen Tumor oder eine Aussackung (Divertikel) der Speiseröhre handeln. Typisch dafür ist, dass es zu Anfang des Schluckaktes zu Symptomen wie Verschlucken, Hustenanfällen oder dem Eindringen von flüssiger oder auch fester Nahrung in die Nase oder die Luftröhre kommt.
  • Liegt die Ursache tiefer in der Speiseröhre (ösophageal), gibt es zwei mögliche Erklärungen: entweder ein mechanisches Hindernis wie eine Verengung, eine Entzündung, eine Narbenbildung, ein Divertikel oder einen Tumor. Oder es handelt sich um eine sogenannte Motilitätsstörung der Speiseröhre, also eine gestörte Beweglichkeit aufgrund von Koordinationsstörungen oder Lähmungen in Mund oder Rachen. Dazu gehört zum Beispiel auch die sogenannte Achalasie, bei der der Schließmuskel am Ende der Speiseröhre verkrampft und die Passage der Nahrung behindert. Typische Symptome sind eine Passagestörung mit dem Gefühl, dass Nahrung in der Speiseröhre steckenbleibt, Würgereiz und Erbrechen, aber auch Brustschmerz und die Einatmung flüssiger Nahrungsmittel.
  • Schmerzen in der Brust beim Schluckakt (Odynophagie) ohne eine Schluckbehinderung können auf Entzündungen, Geschwüre oder Verletzungen der Speiseröhre zurückzuführen sein.
  • Schluckprobleme bei alten Menschen werden als Presbyphagie bezeichnet.
  • Schluckstörungen können auch eine Nebenwirkung von Medikamenten sein. Sie können zum Beispiel auftreten bei Antidepressiva, Antiepileptika, Anticholinergika, Blutdrucksenkern, Beruhigungsmittel (Benzodiazepine), Muskelrelaxantien sowie bei Medikamenten gegen Parkinson oder Demenz.

Wichtig: Tritt eine Dysphagie neu auf, muss sie unbedingt medizinisch abgeklärt werden!

Diagnostik der Dysphagie: Mit welchen Symptomen zu welchem Arzt?

Um die Ursache der Schluckprobleme zu finden, kommt es zunächst auf die Beschreibung der Beschwerden an. Bestehen die Beschwerden ständig oder gibt es besondere Auslöser? Verschluckt sich der oder die Betroffene schon am eigenen Speichel oder vor allem beim Essen oder Trinken? Kommt es zu Husten oder gar Erstickungsanfällen? Trat ein Gewichtsverlust auf? Gibt es Anzeichen für Mangelerscheinungen oder Austrocknung? Ist schon häufiger eine Lungenentzündung aufgetreten? Liegt die Ursache eher im Rachenraum, sodass Nahrung in die Atemwege gelangt?

Bereitet vor allem feste Nahrung Probleme beim Schlucken, spricht das für ein festes Hindernis in der Speiseröhre. Wenn von Anfang an ständig oder wiederholt kaum feste oder auch flüssige Nahrung in den Magen gelangt, spricht das für eine Funktionsstörung der Speiseröhre.

Für die Diagnostik im Nasen-Rachen-Raum und im Kehlkopfbereich sind HNO-Ärzte die richtigen Ansprechpartner, für Nervenfunktionsstörungen sind es Neurologen, für die Diagnostik der Speiseröhre Gastroenterologen. Besteht der Verdacht auf ein Hindernis in der Speiseröhre, sorgt eine Magenspiegelung für Klarheit. Bei Symptomen wie Sodbrennen oder Schmerzen und Druckgefühl hinter dem Brustbein können Druck- und Säurerückfluss-Messungen über eine Speiseröhrensonde zum Beispiel eine Refluxkrankheit oder eine Achalasie nachweisen.

Von Medikamenten bis Schluckübungen: Ursache bestimmt die Therapie

Die Therapie von Schluckbeschwerden ist ähnlich vielfältig wie deren Ursachen und Auslöser. So kann eine Schlucktherapie bei Dysphagie mit Schluckübungen und stützende Techniken helfen, aber auch Medikamente und chirurgische Verfahren kommen bei Bedarf zum Einsatz.

Achalasie: Therapie mit POEM

Die Speiseröhre ist nicht nur ein Rohr, durch das die Nahrung in den Magen gelangt, sondern ein intelligenter Muskel. Ist dessen Funktion gestört, kann sich die Speiseröhre so stark verkrampfen, dass nichts mehr hindurchgeht. Unter Fachleuten wird dieses Krankheitsbild als Achalasie bezeichnet.

Eine effektive Behandlung ist heute das sogenannte POEM-Verfahren. Der Eingriff wird unter Vollnarkose mit dem Endoskop durchgeführt: Über eine Öffnung in der Schleimhaut der Speiseröhre schaffen die Ärzte einen Tunnel unter der Schleimhaut entlang bis zur Engstelle weiter unten. Hier wird die innere Muskelschicht der Speiseröhre durchtrennt, um sie wieder durchgängig zu machen. Für die Untertunnelung der Schleimhaut nutzt die Operateurin oder der Operateur elektrischen Strom. Nach der Spaltung der Muskulatur wird die Öffnung in der Schleimhaut mit Clips verschlossen, die später einfach abfallen. Ein großer Vorteil dieser Tunneltechnik ist, dass es kaum zu Infektionen kommen kann. Allerdings kann eine Refluxkrankheit infolge der Operation auftreten, die eine Therapie mit Säureblockern erfordert.

Eosinophile Ösophagitis: Schluckbeschwerden durch Nahrungsmittelallergie

Auch eine Allergie kann unter Umständen Ursache von Schluckbeschwerden sein. So kann eine allergische Reaktion auf bestimmte Nahrungsmittel dazu führen, dass durch Entzündungen und daraus resultierende Vernarbungen eine Engstelle in der Speiseröhre entsteht. Sechs Lebensmittelgruppen stehen im Zusammenhang mit der eosinophilen Ösophagitis, der chronisch-entzündlichen Speiseröhrenentzündung: Milchprodukte, Eier, Weizen, Soja, Nüsse und Meeresfrüchte. Die Diagnose gilt als gesichert, wenn sich Allergiezellen in dem geschwollenen Gewebe finden.

Lindern lassen sich die Symptome durch Weglassen der allergieauslösenden Lebensmittel. Reicht das nicht aus, kann Kortison in Form von Schmelztabletten helfen, die vor allem vor Ort im Rachen wirken. Da nur wenig von dem Wirkstoff in den Blutkreislauf aufgenommen wird, beschränken sich die Nebenwirkungen vor allem auf Pilzbefall im Mund, der sich aber gut behandeln lässt.

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Visite | 26.04.2022 | 20:15 Uhr

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