Antisemitismus: "Betroffenheitsrituale reichen nicht"
Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Niedersachsen steigt. Antisemitismus sei ein andauerndes Problem, das langfristige und wirksame Präventionsarbeit erfordere, sagt Franz Rainer Enste.
Es reiche nicht, "immer wieder oberflächliche Betroffenheits- und Empörungsrituale zu pflegen", so der niedersächsische Landesbeauftragte für den Schutz jüdischen Lebens am Freitag in Hannover. Es müsse darum gehen, möglichst frühzeitig dem Entstehen gefährlicher Vorurteile und intoleranter Einstellungsmuster entgegenzutreten. Laut dem jüngsten Jahresbericht des Beauftragten lag die Zahl der Verfahren im Zusammenhang mit Antisemitismus 2021 bei mehr als 250 gegenüber 180 Verfahren im Vorjahr.
Enste: Präventionsprogramm für Kinder ausweiten
Enste lobte, dass das Justizministerium ein von der Friedrich-Schiller-Universität Jena erarbeitetes Präventionsprogramm gestartet habe. Das "Programm zur Förderung von Akzeptanz, Respekt, Toleranz und Sozialer Kompetenz" (PARTS) eröffne Lehrkräften sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern neue Möglichkeiten, bei Grundschulkindern Vorurteilen gegenüber anderen Nationalitäten und Kulturen vorzubeugen und tolerante Einstellungen zu stärken. Unter allen bestehenden Förderprogrammen sei es "geradezu ein Juwel", hob Enste hervor. Der Landesbeauftragte forderte eine Verstetigung des Programms, das derzeit nur als Modellprojekt umgesetzt werde. Zudem regte Enste eine Ausweitung des Präventionsprogramms PARTS auf den frühkindlichen Bereich und das Jugendalter an.
Mehr langfristige Präventionsarbeit statt einzelner Aktionen
Da gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus keine punktuellen, sondern andauernde Probleme seien, bedürfe es ihrer dauerhaften Bekämpfung, betonte er: "Aus dem Nebeneinander und der zeitlichen Begrenztheit verschiedener Aktionen und Programme müssen Institutionen und Initiativen werden, die tatkräftig und verlässlich arbeiten, damit sie nachhaltig Wirkung entfalten können."
