documenta: Generaldirektorin Schormann legt Amt nieder
Die Generaldirektorin der documenta 15 in Kassel, Sabine Schormann, tritt zurück. Darauf haben sich der Aufsichtsrat der Kunstausstellung, die Gesellschafter und Schormann einvernehmlich geeinigt.
Schormann zog damit die Konsequenz aus dem Antisemitismus-Eklat auf der diesjährigen Schau. Dieser wurde ausgelöst durch ein Werk des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi, in dem Juden als Schweine und Monster gezeigt wurden. Dafür entschuldigte sich die Generaldirektorin der Weltkunstschau zwar. Sie hielt aber trotz zahlreicher Rücktrittsforderungen an ihrem Amt fest. Bis Sonnabend, als Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) und Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) die Auflösung von Schormanns Geschäftsführervertrag mitteilten. Vorangegangen war eine Krisensitzung des documenta-Aufsichtsrats am Freitagabend.
Claudia Roth begrüßt Abberufung von Sabine Schormann
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat die Entscheidung des Aufsichtsrats begrüßt, sich von Schormann zu trennen. "Es ist richtig und notwendig, dass nun die Aufarbeitung erfolgen kann, wie es zur Ausstellung antisemitischer Bildsprache kommen konnte, sowie die nötigen Konsequenzen für die Kunstausstellung zu ziehen", sagte sie der "Frankfurter Rundschau".
Carsten Gohlke vom Hessischen Rundfunk, was genau hat Sabine Schormann dazu bewogen, doch als documenta-Geschäftsführerin zurückzutreten?
Carsten Gohlke: Das ist das große Fragezeichen, das vor uns allen im Moment steht. Wir wissen es zurzeit noch nicht. Es gab auch in der Pressemitteilung dazu keinerlei Äußerungen. Es soll aber in den nächsten Tagen dazu entsprechende Stellungnahmen geben, so hat man es versprochen.
Aus verschiedenen Reihen kam in den vergangenen Wochen Kritik an der documenta-Leitung zum Umgang mit den Antisemitismus-Vorwürfen. Auch von Meron Mendel, dem Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, der als externer Berater der documenta fifteen engagiert wurde - und sein Engagement schließlich aufkündigte. Wie wird denn jetzt mit der Aufarbeitung der Geschehnisse bei der documenta fifteen weiter verfahren?
Gohlke: Der Aufsichtsrat will die Vorfälle unter anderem mit dem umstrittenen Banner zeitnah aufklären. Die Präsentation des Banners "People's Justice" des Künstlerkollektivs Taring Padi mit seiner antisemitischen Bildsprache war eine klare Grenzüberschreitung und der documenta wurde damit ein erheblicher Schaden zugefügt, so der Aufsichtsrat. Es sollen Schlussfolgerungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse für den Umgang mit antisemitischen Vorgängen im Kultur und Kunstkontext gezogen werden und weiterer Schaden von der documenta abgewendet werden. Durch die Aufhängung des Banners und auch im Zuge der Krisenbewältigung in den vergangenen Wochen ist leider viel Vertrauen verloren gegangen. Der Aufsichtsrat will nun alles daransetzen wird, dieses Vertrauen zurückzugewinnen.
Immer wieder in der Kritik sind ja auch die Organisationsstrukturen der documenta. Hat sich der Aufsichtsrat auch dazu geäußert?
Gohlke: Ja, der Aufsichtsrat empfiehlt der Gesellschafterversammlung, eine Organisationsuntersuchung der documenta und der Museum Fridericianum gGmbH durchzuführen. Dabei sollen sowohl die Strukturen inklusive Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten als auch die Abläufe einer Überprüfung unterzogen werden. Das hat die Gesellschafterversammlung heute ebenfalls beschlossen.
Gibt es schon genauere Informationen darüber, wer Sabine Schormann jetzt nachfolgen wird?
Gohlke: Es gibt eine Interimslösung, so viel steht in der Pressemitteilung. Mehr wissen wir im Moment auch nicht.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.