Teilnehmer der Internationalen Deutsch-Olympiade © Screenshot

Deutsch-Olympiade: "Mein Lieblingswort ist 'Bemühung'"

Stand: 04.08.2022 12:03 Uhr

Über 100 Jugendliche aus fast 60 Ländern sind in die Hansestadt gereist, um dort in verschiedenen Disziplinen ihre Deutschkenntnisse unter Beweis zu stellen. Fast hätte es nicht stattfinden können.

von Thomas Samboll

Der Plastik-Kegel ist am Rand völlig durchlöchert. Und niemand weiß, wozu er wirklich gut ist. Escarlet aus Mexiko, Eirini aus Griechenland, Maria aus Israel und Aliya aus Aserbeidschan sollen ihn trotzdem zum Kauf anbieten. Auf deutsch. Für die 15 und 16 Jahre alten Mädchen ist das eine wahrhaft olympische Herausforderung. Also preisen sie das Plastik-Ding einfach als Getränkehalter an. Aliya wirbt mit dem unschlagbaren Preis, Maria mimt die begeisterte Kundin.

Die vier Deutsch-Olympionikinnen üben für eine Präsentation, mit der sie bei den Sprach-Wettkämpfen in Hamburg auf das Sieger-Treppchen wollen. Für Escarlet ist diese Disziplin kein Problem. Sie spricht sehr gerne deutsch: "Die Sprache gefällt mir wirklich sehr. Ich finde es sehr schön nicht nur für die Aussprache, sondern auch für die ganz komplizierten und langen Worte. Ich hab mich in die Sprache verliebt. Und jetzt bin ich hier." Dafür musste Escarlet eine Menge Prüfungen in ihrer Schule bestehen: Schreiben, hören, lesen, präsentieren - nur die besten Schülerinnen und Schüler eines Landes dürfen schließlich zur Deutsch-Olympiade reisen, sagt sie: "Es ist sehr schwierig für mich, weil es im Vergleich zu spanisch ganz anders ist. In Mexiko weiß man nicht viel über deutsch. Am Anfang hatte ich viel Angst davor. Dann habe ich mich sehr, sehr gut vorbereitet und viele Bücher gelesen. Ich habe ein paar Übungen gemacht. Ich bin der Meinung, dass Übung macht den Meister." Ein medaillienverdächtiges Motto.

Kreativität bei der Sprache fördern

Um zu zeigen, was sie drauf haben, gibt es für die 14 bis 17 Jahre alten Jugendlichen nicht nur mündliche und schriftlichen Aufgaben. Sie können bei dieser Deutsch-Olympiade auch richtig kreativ werden, betont Organisatorin Seyna Dirani vom Goethe-Institut: "Sie dürfen rappen, sie dürfen singen, sie dürfen Theater spielen, improvisieren. Vor allem so etwas wie Rap und Theater, das sind ja Disziplinen oder Methoden, die bewährt sind in "Deutsch als Fremdsprachenunterricht." Dieser Unterricht findet in immer mehr Schulen weltweit statt.

Vor allem in Afrika und China ist die Zahl der Deutschschüler*innen stark gestiegen. Ein Trend, den auch die Internationale Deutsch-Olympiade in Hamburg nutzen will, meint Dirani: "Die Idee ist natürlich mit diesem Projekt zum einen, dass wir die Jugendlichen für die deutsche Sprache begeistern. Dass wir sie auch mit diesem Aufenthalt in Deutschland heranführen können an die deutsche Kultur und Gesellschaft. Dass wir ihnen hier den Studien- und Arbeitsstandort näherbringen, ihnen Einblicke gewähren können. Aber ganz wichtig ist ja auch, dass wir die internationalen Jugendlichen zusammenbringen. Darüber entwickeln sich ja Freundschaften über Grenzen hinweg, die lange wirken."

Trotz Einsparungen konnte Deutsch-Olympiade stattfinden

Fast wäre die Deutsch-Olympiade in Hamburg aber ins Wasser gefallen. Wenige Wochen vor dem Start wurde bekannt, dass das Goethe-Institut kräftig sparen muss - in diesem Jahr sind es 17 Millionen Euro. "Wenn diese Kürzungen im Februar oder im März entschieden worden wären, wenn man quasi Flüge buchen muss, Hotels buchen muss, dann hätte man natürlich die Frage gestellt, ob man das Finale der Internationalen Deutsch-Olympiade in dieser Form hätte durchführen können", erzählt Johannes Ebert, der Generalsekretär des Goethe-Instituts, am Telefon.

Diesmal hat die Deutsch-Olympiade also noch Glück gehabt. Für eine Absage war es schon zu spät. Aber, so Ebert: "Wenn die Kürzungen so weitergehen, wird man jede Veranstaltung auf den Prüfstand stellen müssen und priorisieren und bewerten müssen, ob man sie durchführt."

Deutsch-Olympiade hat kulturpolitische Wirkung

Welche Priorität die Deutsch-Olympiade hat, wollte Johannes Ebert nicht sagen. Nur soviel: "Auch wenn so eine Deutsch-Olympiade etwas Buntes ist, hat es doch eine enorme kulturpolitische und gesellschaftspolitische Wirkung. Eine Deutsch-Olympiade wird vielleicht in 10 Jahren dazu führen, dass wir in Deutschland weniger Fachkräftemangel haben."

Auch Maria, Aliya, Eirini und Escarlet können sich gut vorstellen, einmal in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Vielleicht hilft ja Escarlets Lieblingswort, damit auch die Internationale Deutsch-Olympiade, bei der am Freitag die Medaillen vergeben werden, eine vielversprechende Zukunft hat. "Mein Lieblingswort ist 'Bemühung', weil ich der Meinung bin, dass man ohne Bemühung nichts schaffen kann - und wegen 'Bemühung' bin ich hier", sagt sie und lacht.

 

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 04.08.2022 | 14:20 Uhr

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