Corona hat Landtag verändert: "Persönliches Gespräch fehlt"
Tests, Plexiglaswände und Desinfektionsmittel gehören inzwischen zum Alltag der Abgeordneten im Niedersächsischen Landtag. Doch besonders das Miteinander hat sich durch die Corona-Pandemie verändert.
"Das persönliche Gespräch ist wirklich das Salz in der Suppe in der politischen Arbeit", sagt die langjährige Grünen-Politikerin Meta Janssen-Kucz im Gespräch mit NDR Niedersachsen. Und genau das fehle ihr durch die Pandemie. Gespräche und die damit verbundenen Rückmeldungen gäben ihr "Energie, Themen anzupacken" und voranzubringen. Derzeit gebe es diesen Resonanzboden nicht, sagt die Politikerin, die vor 24 Jahren zum ersten Mal in den Landtag gewählt wurde.
Busemann fehlt Austausch beim Feierabendbier
Ähnlich geht es auch dem CDU-Abgeordneten und Landtagsvizepräsident Bernd Busemann. Er vermisst besonders den Austausch abseits der Debatten im Plenum. "Wenn man auch mal abends beim Bier zusammensitzt, dann erfährt man, was der Kollege aus dem Hamburger Umland für Sorgen hat, was im Harz los ist, was in Oldenburg", schildert der Christdemokrat, der seit fast 30 Jahren im Landesparlament sitzt. So lerne man auch voneinander. Durch die Pandemie fehle diese Möglichkeit.
Liberaler Bode beklagt fehlende Mitsprache
Für den FDP-Abgeordneten Jörg Bode ist der Umgang der rot-schwarzen Landesregierung mit den Corona-Verordnungen ein wunder Punkt. Diese seien anfangs ohne Befragung des Parlaments beschlossen worden. Inzwischen würden die neuen Regelungen immerhin debattiert, sagt der Liberale, oft allerdings erst nach deren Inkrafttreten. Das habe er in 19 Jahren im Landtag noch nie erlebt. "Ich kenne es, dass man abstimmt und gewinnt oder verliert. Dass man gar nicht mehr abstimmen darf, das ist neu. Das löst Frust aus", sagt der Parlamentarier.
Sozialdemokrat Watermann spürt mehr Anspannung
Ulrich Watermann von der SPD kann diese Kritik teilweise nachvollziehen, wie er NDR Niedersachsen sagt. Allerdings erfordere die Pandemie "schnelle Entscheidungen". Seiner Ansicht nach hat sich durch die Corona-Bedingungen der Ton im Parlament verschärft: Die Abgeordneten seien gereizter als früher, so Watermann. "Zwischen Tür uns Angel ein klärendes Gespräch, einen Konflikt entschärfen, eine Sache klären, die offen geblieben ist - das alles geht nicht in Schalten oder digitalen Formaten", sagt der Sozialdemokrat, der 1998 das erste Mal in den Landtag gewählt wurde. "Jede kleine Mücke ist heute ein Elefant."
