Hörspiel

Siren_web_client.exe

Mittwoch, 10. März 2021, 20:00 bis 21:00 Uhr

Grafische Abbildung von Ton- oder Schallwellen. © eskemar / photocase.de Foto: eskemar
Eine Radio-Moderatorin nutzt Sprachsynthese-Tools, um ihre persönliche KI-Stimme zu entwickeln. Doch was, wenn sich diese Stimme verselbständigt? Ein Audio-Experiment von Christine Nagel.
Hörspiel des Monats März 2021

Eine Radio-Moderatorin nutzt ein individuelles Sprachsynthese- und Sprech-Erkennungstool, um ihre persönliche KI-Stimme zu entwickeln. Als sie das Spiel ins Laufen bringt, meint sie Freiheit zu gewinnen. SIREN, Maries künstliche Stimme, verbindet sich mit allen möglichen lebenden und toten Geistern im Netz, unter anderem mit Hannah Arendt, deren Äußerungen und Ideen verfügbar geblieben sind. SIREN stellt ihr Fragen, die unsere Gegenwart betreffen. Christine Nagels Hörspiel thematisiert, was die Digitalisierung mit der menschlichen Stimme machen kann - und das, was (möglicherweise) nicht gelingt. Dies betrifft zum Beispiel ethische, rechtliche und Fragen der Firmenphilosophie der Anbieter und Programmierer von Sprachtools.

Neuronale Netzwerke ermöglichen, dass sich KI-Stimmen selbst generieren. Sie reichern sich an mit Wissen und Strukturen des im Internet verfügbaren Materials. Doch wer ist der Urheber? Wer übernimmt die Verantwortung für die Lügen, die durch sie in der Welt sind und Marie zugeschrieben werden? Und: Was ist das Menschliche an der Stimme?

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Lippen und Mikrofon eines Headsets © blickwinkel/McPHOTO

"Siren_web_client.exe": Hörspiel über die Zukunft der Stimme

Christine Nagel untersucht in ihrem Hörspiel, was die Digitalisierung mit der menschlichen Stimme machen kann. Ein Gespräch. mehr

Die KI-Stimme SIREN wurde für diese Hörspiel-Produktion programmiert. Damit befragt Christine Nagel spielerisch die technischen Entwicklungen unserer Gegenwart mit den dem Hörspiel eigenen Mitteln und stellt akute, gesellschaftspolitische Fragen. Die Programmierung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Informations- und Kommunikationstechnik, Universität Magdeburg, Prof. Dr.-Ing. Ingo Siegert, und mit Joscha Bach, Kognitionswissenschaftler & KI-Forscher in San Francisco. Die Schauspielerin Paulina Bittner, deren Stimme zugrunde liegt, wurde im Studio immer wieder mit einem neuen Programmierstadium konfrontiert und reagierte im Dialog darauf. Dieser halb-dokumentarische Ansatz macht das Hörspiel zu einem Experiment: Ob und in welche Richtung sich die künstliche Intelligenz im Verlauf der Programmierung entwickeln würde, war bei Beginn der Aufnahmen nicht vorhersehbar.

Die Begründung der Jury

„Willkommen in der Welt der Sprachsynthese“: Die Radio-Moderatorin Marie nutzt Computer-Tools, um ihre persönliche KI-Stimme zu entwickeln. Das soll Zeit sparen im schnellen Rhythmus der digitalen Arbeitswelt. Aus Marie wird SIREN – Eine exakte Kopie ihrer Stimme. Doch was, wenn sich diese Stimme selbständig macht und eigenständige Entscheidungen trifft? Ein Hörspiel über das Thema Stimme – Was naheliegend klingt, wurde doch bisher selten verwirklicht. Christine Nagel hat den Versuch gewagt. Ihre semidokumentarische Spurensuche nach dem markantesten Element des Radios eröffnet zugleich einen spannenden Blick in die digitale Welt von heute und morgen. Bilden Person und Stimme eine unverbrüchliche Einheit und was bleibt von der eigenen Identität übrig, wenn sich die dazugehörige Stimme nur mehr aus Algorithmen speist? Philosophische Fragen, die Christine Nagel von verschiedenen Seiten beleuchtet und mit charmanten Details versieht. Wenn etwa Marie ihr digitales Ich mit Merseburger Zaubersprüchen überfordert. Oder ihre Seelenstimme, gesprochen von Ilse Ritter, so gar nichts mit der raumlosen KI-Stimme SIRENS anfangen kann. Die Auswirkungen synthetischer Sprachprogrammierung und unendlicher Datenspeicherung auf Arbeit und Alltag sind vielfältig. Wird alles besser? Wird alles schlechter? Oder einfach nur anders? Christine Nagel vermeidet es uns eindeutige Antworten zu geben. Vielmehr zeigt sie durch die geschickte Verschränkung so vieler Bedeutungsebenen - von Philosophie, Hörspielkunst, Radiopraxis über Computertechnologie und Digitalität – die ungelösten Herausforderungen gegenwärtiger Entwicklungen auf. Ein gelungenes Audio-Experiment über die Zukunft des Radios, dass zugleich eine tönende Hommage an die Geschichte des Hörspiels ist.

Siren_web_client.exe

Mit: Paulina Bittner (Marie), Ilse Ritter (Seele), Dietrich Eichmann (Dr. Leopold Gran, Redakteur in Ruhestand), Paul Hentze (Theobald Fahl, Redakteur), Lauren Newton (Gesangslehrerin), Lena Stolze (Ärztin), Manuel Bittorf (Sprechstundenhilfe), Birgit Beßler (Bankangestellte), einer KI-Stimme sowie Prof. Ingo Siegert, KI-Forscher Joscha Bach und Stimmen aus dem täglichen Leben.
Idee, Manuskript und Regie: Christine Nagel
Komposition und Sprachaufnahmen: Peter Ehwald
Gesang: Lauren Newton
Tonschnitt und Mischung: Laura Schneider
Dramaturgie: Michael Becker
Produktion im Auftrag von NDR/DLF 2021 l ca. 55 min.

Gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

Das Hörspiel basiert auf Recherchen und Gesprächen mit:

  • Prof. Ingo Siegert, Institut für Informations- und Kommunikationstechnik (IIKT) Fachgebiet Mobile Dialogsysteme
  • Joscha Bach, Kognitionswissenschaftler und KI-Forscher, San Francisco
  • Lauren Newton, Sängerin und Klangkünstlerin zu ihrer Arbeit mit dem Körper und der Stimme
  • Anja Breljak, Medienphilosophin, zuletzt erschien das Buch: “Affekt, Macht, Netz: Auf dem Weg zu einer Sozialtheorie der Digitalen Gesellschaft", Hrsg. Rainer Mühlhoff, Anja Breljak, Jan Slaby, transcript Verlag 2019.
  • Prof. Björn Schuller, Professor für Künstliche Intelligenz, Uni Augsburg und Imperial College London, und Startup-Gründer der Firma audEERING in München
  • Prof. Sabine Müller-Mall, TU-Dresden, Prof. für Rechts- und Verfassungstheorie
  • Ullrich Pöhn, Sonologe und Grundton-Bestimmung
  • Univ.-Prof. Dr. med. Christiane Neuschaefer-Rube, Klinikdirektorin Lehr- und Forschungsgebiet für Phoniatrie und Pädaudiologie Universitätsklinikum Aachen

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Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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