Wie passen Denkmalschutz und Klimaschutz zusammen?
Photovoltaik oder Fassaden-Dämmung ist an denkmalgeschützten Bauten oft nicht möglich. Aber wie können diese Gebäude zukunftssicher umgebaut werden? Eine Ortsbesichtigung in einem historischen Quartier in Kiel.
Der Anscharpark ist eine weitläufige Anlage mit 62.000 Quadratmetern. Der Nord-Ostsee-Kanal ist zu hören, die Ostsee zu riechen. Hier wurde in der Kaiserzeit repräsentativ mit rotem Backstein und weißem Putz gebaut - für die Marine. Das Lazarett von 1908 gehört dazu. Es hatte verschiedene Nutzer und baulich ein fast desolates Ende. Aber da waren Jan Schulz und seine Partner des Architekturbüros BSP. Sie und andere wurden zu Bauherren und zu Rettern: "Wir haben das Beste gemacht, was uns passieren konnte. Wir nahmen uns dieses Gebäudes an, weil wir vor 20 Jahren mit dem Projekt angefangen haben. Damals sagten wir uns: Wir arbeiten schon so lange daran, wir wollen in eines dieser Gebäude einziehen. Weil das als Baugemeinschaft verwirklicht werden sollte, haben wir uns gedacht: Hier können wir uns die Räumlichkeiten so schaffen, wie wir sie haben wollen."
Jan Schulz steht an der Rückseite des langgestreckten Zweigeschossers. Und seine Begeisterung für den Umbau des alten Kastens ab 2015 ist zu spüren. "Das Gebäude war ruinös", so Schulz. "Ein guter Teil der Leute hat es nur deswegen gemacht, weil sie gesagt haben: Wenn die Architekten sich das zutrauen und dann sogar mit reingehen, müssen die einen Plan und Vertrauen haben, dass alles gut wird."
Ständiges Abwägen bei Sanierung des denkmalgeschützten Hauses
Der Plan war, das Gebäude in eine neue Nutzung zu überführen, bei gefühlt maximalen Bauschäden. Mit der Denkmalpflege sei es ein ständiges Abwägen gewesen, sagt der Architekt: "Wir haben mit der Denkmalpflege ein bestimmtes Konzept gemacht und bestimmte Sachen verabredet. Als es klar war, dass die gehen, haben wir uns gedacht: Den Rest kriegen wir auch hin. Denn der Rest ist nicht so kompliziert, wenn man sich aufeinander einlässt."
Jan Schulz zeigt auf klimagerechte Fenster, die wie die originalen aussehen. Er erklärt die Wärmedämmung: An den Fensterlaibungen der Küche sähe man nichts. In Absprache mit dem Denkmalschutz haben sie einen Aufbau gewählt, der die Feuchtigkeit der halbmeterdicken Mauern nach außen ziehen lasse, ohne das Innere auszukühlen: "Wir haben ja die Fassade auf jeden Fall so lassen wollen, weil sie eine wahnsinnig hohe Qualität hat. Die Innenseiten der Außenwände sind nicht ganz so stabil, wie man im durchschnittlichen Wohnungsbau, aber wenn man das weiß - und die Leute sind alles Eigentümer - behandelt man die entsprechend vorsichtig."
Immer wieder Konflikt zwischen Bauherren und Denkmalschutz
An der Fassade sind noch vorgesetzte Balkons aus Cortenstahl: rostig, geräumig, chic. Definitiv ein moderner Zusatz. Denn nur wenige Krankenhäuser nutzten damals das Prinzip Licht, Luft und Sonne, so Schulz: "Hier war das so, dass ich früh mit der zuständigen Denkmalpflegerin gesprochen habe. Denn es gibt bestimmte Achsen, innerhalb derer wir Balkone anhängen können. Die sind genau auf das Maß der drunter und drüber liegenden Fenster zugeschnitten. Die ragen dafür relativ weit aus. Und das ist so ein Kompromiss. Wir sind immer der Meinung: Wenn was Neues mit einem Gebäude passiert, dann kann man das auch sehen."
Sehen kann man auch viel in der Esmarchstraße. Die Nummer 68 ist ein gut 100 Jahre altes, großbürgerliches Mehrparteienhaus, mit hohem Giebel und einer Straße mit grünen Boulevardcharakter davor. Jessica Degen-Heuer hat das Objekt als Architektin bei der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Kiel betreut. Sie kennt den Konflikt zwischen Bauherren und Denkmalschutz. Hier kämen verschiedene Sachen zusammen: "Das eine ist, dass uns die Gaspreise drohen und uns die Materialpreise davonlaufen. Die Leute möchten gerne was machen, um das zu kompensieren. Das ist dann häufig der Wusch nach Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach. Der Druck wächst da schon."
Druck steigt mit Energie-Diskussionen
Auch hier wurden Kunststofffenster gegen moderne Holzfenster getauscht. Die Kellerdecke und das Dach wurden isoliert. Die ohnehin verdeckte Rückseite bekam eine moderne Mineralfaserdämmung. Nur an der südlichen Schaufassade durfte nichts gemacht werden. Photovoltaik kam nicht aufs Dach, sonst wäre der Charme des Gebäudes perdu, erzählt die Architektin: "In der Denkmalpflege haben wir schon lange so gedacht, wie heute viele denken: Wir haben erhalten - das ist ja schon mal überhaupt Klimaschutz per se. Wir haben repariert. Wir haben wiederverwendet. Das sind alles Schlagworte, die heute auf einmal insgesamt fürs Bauen aufploppen, die aber für die Denkmalpflege schon lange Gang und Gäbe waren."
Dass aber die Energie-Diskussionen zurzeit für noch mehr Druck sorgen, gibt sie zu. Auch, dass sie manchmal Prellbock seien: "Ich bin selbst lösungsorientiert. Das versuche ich immer klarzumachen. Ich habe eine hoheitliche Aufgabe. Aber ich habe auch mit Menschen zu tun und mit ihren Bedürfnissen. Das versuche ich, unter einen Hut zu bringen."
Schlagwörter zu diesem Artikel
Architektur
