Salman Rushdie auf dem Weg der Besserung
Der mit dem Roman "Die satanischen Verse" weltbekannt gewordene Autor Salman Rushdie ist am Freitag im US-Bundesstaat New York auf einer Bühne niedergestochen worden. Berichten zufolge wird er mittlerweile nicht mehr künstlich beatmet.
Der Vorfall ereignete sich am Freitag kurz vor einem Vortrag in der Bildungseinrichtung Chautauqua Institution im Bundesstaat New York. Salman Rushdie hatte gerade zusammen mit dem Moderator der Veranstaltung die Bühne betreten. Charlie Savenor wollte sich diesen Vortrag anhören, wurde dann aber Augenzeuge des Attentats auf den Schriftsteller: "Sie haben sich in die Sessel gesetzt - und nach 15 Sekunden ist jemand auf die Bühne gesprungen und hat irgendwie auf ihn eingeschlagen oder gestochen. Ich konnte aber nicht sehen, ob er ein Messer hatte. Dazu war ich zu weit weg."
Angriff auf Rushdie: Was bisher bekannt ist
Wie die Polizei kurz nach der Tat mitteilte, hatte ein Mann mit einem Messer zehn bis 15 Mal auf den Schriftsteller eingestochen. Rushdie erlitt Stichwunden an Hals und Nacken und wurde mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde er den Angaben zufolge stundenlang operiert und dann an ein Beatmungsgerät angeschlossen.
Der britisch-indische Autor soll mittlerweile auf dem Weg der Besserung sein. Berichten zufolge wird er nicht mehr künstlich beatmet. Am Sonnabend (Ortszeit) habe er bereits wieder sprechen können, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf seinen Literaturagenten Andrew Wylie. Am Freitagabend hatte dieser der Zeitung mitgeteilt, dass Rushdie wahrscheinlich ein Auge verlieren werde. Außerdem seien Nervenstränge in seinem Arm durchtrennt und seine Leber beschädigt worden.
Der Moderator erlitt bei der Attacke leichte Kopfverletzungen. Der Angreifer wurde festgenommen. Die Polizei identifizierte den Verdächtigen als einen 24-jährigen Mann aus New Jersey, der eine Eintrittskarte für die Veranstaltung gekauft hatte. Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft; vor Gericht plädierte sein Anwalt in dessen Namen auf nicht schuldig. Zu einem Tatmotiv gibt es bisher keine Angaben.
Fatwa rief 1989 zur Tötung Rushdies auf
Somit ist über den Hintergrund der Tat noch nichts bekannt. Aber es besteht die Befürchtung, dass sie mit der Fatwa im Zusammenhang steht, mit der Rushdie 1989 vom iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini belegt worden war. Ursache war das Buch "Die satanischen Verse", das Rushdie 1988 veröffentlicht hatte. Diese Fatwa hat nicht nur zur Tötung des Schriftstellers aufgerufen, sondern auch zur Tötung derjenigen, die an dem Buch mitgearbeitet haben. Dafür wurden mehr als drei Millionen US-Dollar ausgelobt. Tatsächlich ist ein japanischer Übersetzer der "Satanischen Verse" umgebracht worden.
Morddrohungen und jahrelange Isolation
Rushdie selbst lebte wegen der Morddrohungen lange isoliert an wechselnden Orten - eine Zeit, die ihn nach eigener Aussage stark belastet hat. Entsprechend war es eine große Befreiung, als er dieses Leben in Isolation wieder verlassen konnte, wie er in einem Interview erzählte: "Statt in gepanzerten Autos gefahren zu werden und von bewaffneten Männern umgeben zu sein, konnte ich durch die Straßen laufen und mein eigenes Auto fahren. Und ein normales Leben führen. Da habe ich meine Freiheit wieder bekommen."
Rushdies Plädoyer für Meinungsfreiheit
Rushdie hat die Zeit des Versteckens in dem Buch "Josef Anton" aus dem Jahr 2012 verarbeitet. Er lebt heute in der New York, in der Nähe des Union Squares. Religiösen Extremismus kritisiert der Schriftsteller immer wieder deutlich. Und er setzt sich seit Langem für die freie Meinungsäußerung ein. Wir würden sowieso in einem Zeitalter leben, in dem sich ständig irgendjemand über das aufrege, was er schreibt, sagte er in einem Interview. Aber da müsse man gegenhalten: "Wenn du über die Sachen schreibst, die die zentrale Erfahrung in deinem Leben sind, dann kannst du darüber schreiben und sprechen, wie du willst."
Weltweites Entsetzen nach Anschlag: "Es trifft uns alle"
Der Anschlag hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Der Schriftsteller und Enthüllungsjournalist Günther Wallraff, in dessen Kölner Haus Rushdie sich 1993 eine Weile versteckt hielt, zeigte sich erschüttert. Genauso wie der britische Premierminister Boris Johnson, der Bestseller-Autor Stephen King und viele Menschen in New York.
Die New Yorker Gouverneurin hat deshalb das ausgesprochen, was gerade viele fühlen und denken in der Stadt: "Es trifft uns alle. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir verurteilen, was passiert ist. Wir möchten, dass die Menschen wissen, dass sie hier die Freiheit zu sprechen haben und zu schreiben, worüber die möchten."
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