Kulturbetriebe fordern Hilfe in der Corona-Krise

In der Corona-Krise ist auch die Kulturbranche schwer getroffen: Veranstaltungen wurden abgesagt und werden auch auf absehbare Zeit nicht stattfinden können. Finanzielle Einnahmen sind massiv weggebrochen. Veranstalter und Kulturbetriebe im Norden suchen daher nach einem Ausweg aus der Krise - und fordern Hilfe von der Politik.
Kritik an Fördermittel-Vergabe
David Harrington ist ein etablierter Konzertpianist und vermittelt als Unternehmer einer Musikagentur Pianisten an Luxushotels, Kreuzfahrtschiffe und Seniorenheime. Er kennt beide Seiten der Musikbranche. Doch während er als Künstler Soforthilfe bekommt, erhält seine Agentur in der aktuellen Krise kein Geld. Ein politischer Konstruktionsfehler, findet Harrington: "Ich habe das Gefühl, dass die Politik und die entscheidenden Gremien sich damit schwertun, diese Art der Berufstätigkeit zu verstehen, und deswegen Fördermittel unter falschen Kriterien vergeben werden."
Soforthilfen "nur ein Tropfen auf den heißen Stein"
Die Kultur und die finanziellen Hilfen der Politik - in der momentanen Krise scheint das nicht immer gut zu passen. Beispiel Soforthilfen: Die seien oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Christiane Mielke, Leiterin des Kulturzentrums Brunsviga in Braunschweig. Viele befürchteten, dass es noch ein Jahr dauern könne, bis Kulturvereine und -zentren wieder öffnen können. "Und eine so lange Strecke werden die wenigsten tatsächlich finanziell überleben können mit den Hilfsmaßnahmen, die es jetzt im Moment gibt" - sei es das Kurzarbeitergeld oder die Soforthilfe.
Kurzarbeitergeld hilft eher größeren Unternehmen
Das sieht Jens Michow, geschäftsführende Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), ähnlich. Kurzarbeitergeld würde vor allem den größeren Unternehmen helfen, sagt er. "Aber bei den vielen kleinen und mittleren Veranstaltern, die gerade dazu beitragen, dass wir die kulturelle Vielfalt in diesem Land auf die Bühne kriegen können - für die ist das überhaupt kein Mittel der Wahl." Denn diese müssten zunächst einmal ihre Veranstaltungen abwickeln, die sie geplant haben. "Dafür brauchen sie wirklich jeden Mitarbeiter, jeden Mitarbeiterin, und können die nicht in Kurzarbeit schicken. Also das passt nicht."
Gutschein-Regelung und Sonderfonds gefordert
Aus Michows Sicht braucht es andere Mittel, um die Kultur in dieser existenziellen Krise zu retten. Dafür hat er gemeinsam mit den wichtigsten Akteuren in der Musikwirtschaft - unter anderem den Verlegern, den Tonträgerherstellern, den Veranstaltern und den Verwertungsgesellschaften - einen Forderungskatalog erarbeitet. Darin wünscht sich die Branche eine einheitliche Gutscheinregelung, bei der die Veranstalter keine Ticketkosten mehr direkt zurückerstatten müssen. Doch die Forderungen gehen weiter. "Wir brauchen einen Hilfefonds, einen Sonderfonds für die Musikwirtschaft", sagt Michow. Er hoffe dabei auf ein gemeinsames Vorgehen der Betroffenen in der Kulturbranche.
Künstler wünschen sich verlässlichere Ansagen
Im Kulturzentrum Brunswiga in Braunschweig finden regelmäßig Kabarett und Kleinkunst statt. Aufführungen, die nun alle verschoben werden müssen, manche zum Teil schon ins Jahr 2022. Ständig wird umgeplant. Deshalb fordert Leiterin Christiane Mielke von der Politik regelmäßige und verlässliche Ansagen. Die Kulturbetriebe müssten zum Beispiel wissen, ab wann kleinere Veranstaltungen bis 100 oder 200 Personen wieder stattfinden dürften.
Agenturen und Veranstalter stärker unterstützen
Pianist David Harrington wünscht sich, dass die Politik bei den Vergabekriterien für finanzielle Hilfen genauer hinschaut und mit Vertretern der Kulturbranche spricht. So sei es sinnvoll, zum Beispiel Agenturen, Veranstalter und Kulturkreise zu unterstützen. "Wir machen alle das Gleiche, wir machen Kultur möglich. Und diese Multiplikatoren, die müssen unterstützt werden." Das sei effektiver, als "mit der Gießkanne" jeden einzelnen Künstler auffangen zu müssen.
