Eine Kulturgeschichte des Hundes
Der Hund und sein Mensch sind eine Jahrtausende alte Geschichte. Wie ist sie entstanden? Und was hat es mit dem Hundeblick auf sich? Antworten gibt es in einer kleinen Kulturgeschichte des Hundes.
Es ist dieser Blick! - Mitten ins Herz! Das schafft kein anderes Tier. Der beste Freund des Menschen ist der Hund, heißt es. Die Beziehung währt schon gut 15.000 Jahre, schätzt der Biologe Josef Reichholf: "Irgendwann begannen Wölfe den Menschen liebevoll in die Augen zu blicken." Da muss es passiert sein. "Was macht der Hund mit uns? Wieso ist er in der Lage, heranzukommen, die Schnauze unter der Tischdecke herauszuschieben. Er liegt sie aufs Knie, schaut mich an und ich kann nicht mehr widerstehen, wir müssen jetzt raus. Der braucht weder bellen, noch jaulen, noch sonst irgendwas, er schau ihn an, dann weiß man Bescheid."
Mensch und Hund. Eine Liaison! Wenn die Wölfe gewusst hätten, auf was sie sich da einließen: Der Mensch begann zu züchten. Mit zweifelhaftem Erfolg. Einigen Rassehunden müssen vor jeder Mahlzeit die Ohren am Hals fixiert werden, damit sie nicht zwischen die Zähne geraten. Andere Hunde bekamen kurze Beine und konnten fortan nur noch dackeln.
Rätsel um Hundeblick gelöst
Würde man einem echten Wolf in die Augen blicken, empfände er das als Bedrohung. Wie es dazu kam, dass manche Wölfe allmählich immer zahmer wurden, ist bis heute nicht ganz geklärt. Irgendwann - während der letzten Eiszeit - bemerkten offenbar einige Wolfsrudel, dass es bei den Menschen stets etwas zu fressen gab, erklärt Reichholf: "Nach und nach kapierten diese wilden Wölfe: Diese Nahrungsquelle können wir für uns sichern, wenn wir andere davon abhalten, zu den Menschen heranzukommen. Das heißt, die Menschengruppen wurden vom Wolfsrudel vereinnahmt und es entwickelte sich eine Art Symbiose."
Studienobjekt für Reichholfs Forschungen zur Evolutionsgeschichte des Hundes war Branko, der leider vor kurzem verstarb. Dank Branko konnte auch das Rätsel des Hundeblicks gelöst werden, so der Zoologe: "Inzwischen wissen wir durch die Entdeckung der Spiegelneuronen, dass mit diesem das Gegenüber konzentriert anzublicken etwas zustande kommt, dass wir dadurch beschreiben: Ich denke, dass du denkst, was ich jetzt denke. Dieses Wechselseite erzeugt die Bindung. Da werden Bindungshormone freigesetzt und es kommt zu einem Phänomen, das man zu Konrad Lorenz Zeit sehr gut kennt, nämlich die Prägung.
Verbindung von Mensch und Hund - auch optisch
Manche nennen es Liebe. Oft gleichen sich Physiognomien vom Herrchen respektive Frauchen und Hund an. Auch der neue US-Präsident mag Hunde. Die lügen nicht, heißt es. Weshalb Peggy Guggenheim ihre Pekinesen mehr liebte als Männer. Thomas Mann wiederum setzte seinem Haushund Bauschan ein literarisches Denkmal, weiß Reichholf: "Thomas Mann war schon ein Herrenmensch, wenn man Herr und Hund liest, dann äußert er sich in dieser Richtung. Oder Mooshammer mit seiner Daisy, das ist eben das Spektrum und insofern glaub ich, ist die landläufige Meinung gar nicht so verkehrt. Am Hund erkennt man sie oder ihn."
Manche Wildtiere suchen Nähe zur menschlichen Zivilisation
Die Hundwerdung des Wolfes ist eine der faszinierendsten Errungenschaften unserer Kulturgeschichte. Die Frage ist, warum etwas ähnliches nicht auch mit anderen Wildtieren geschah. Bis heute suchen manche die Nähe zur menschlichen Zivilisation. Reichholf stellt fest: "Wir kennen das Phänomen von den Stadtfüchsen, die nicht nur lernen mit dem Straßenverkehr umzugehen, sondern die lernen auch Fahrstuhlfahren. Die stellen sich auf die Brotzeitzeiten von den Arbeitern am Bau ein. Aber der Fuchs ist seiner Natur nach viel zu wenig sozial, als es die Wölfe waren. Die Wölfe leben von Natur aus in Familiengroßverbänden, das heißt ihre Lebensweise, ihre Biologie ist darauf eingestellt immer in Gemeinschaft zu leben."
Und der Hund hat diesen Gemeinschaftssinn ganz auf das Zusammenleben mit dem Menschen ausgerichtet. Dieser Blick! Katzen haben den zum Beispiel nicht. Aber darüber muss ein anderes Mal gesprochen werden.
