Diabetes Typ 2: Symptome, Ursachen und Behandlung

Stand: 13.02.2024 18:42 Uhr

Diabetes Typ 2 beginnt schleichend und mit unspezifischen Symptomen. Unbehandelt führt der Diabetes mellitus zu schweren Folgeerkrankungen. Alle Infos zu Ursachen und Behandlung.

Der Diabetes mellitus zählt in den Industrieländern zu den meistverbreiteten Volkskrankheiten. Allein in Deutschland behandeln Ärztinnen und Ärzte rund acht Millionen "Zuckerkranke". Unterschieden wird zwischen Typ 1 und Typ 2, wobei vor allem Letzterer als Wohlstandskrankheit gilt - über 90 Prozent aller Diabetikerinnen und Diabetiker leiden daran. Vom Typ-1-Diabetes sind deutlich weniger aller "Zuckerkranken" betroffen. Während dieser Typus häufig schon im Kinder- und Jugendalter auftritt, sind es vor allem Erwachsene ab 40 Jahren, bei denen Ärztinnen und Ärzte den Typ-2-Diabetes diagnostiziert.

Typ-2-Diabetes entsteht schleichend

Nach Schätzungen aus dem Jahr 2012 haben in Deutschland 7,2 Prozent der Bevölkerung einen bekannten Diabetes und zusätzlich 2,1 Prozent einen unentdeckten. Aktuellen Zahlen des RKI zufolge hat - zusätzlich zu den diagnostizierten Diabetikern - mindestens jeder fünfte Erwachsene in Deutschland auffällige Blutzuckerwerte. Ein Typ-2-Diabetes entsteht meist schleichend ohne auffällige Symptome und kann über Jahre unbemerkt bleiben. Genau das ist das Heimtückische: Der Körper merkt sich jede einzelne Überzuckerung ("Zuckergedächtnis") und präsentiert Jahre später die Folgen, etwa Nervenschäden oder Durchblutungsstörungen besonders an Unterschenkeln und Füßen. Eine gefürchtete Spätfolge ist der diabetische Fuß mit Geschwüren und nicht mehr heilenden Wunden.

Ursache für Diabetes: Überlastete Bauchspeicheldrüse

Die Neigung zu Typ-2-Diabetes ist erblich. Doch nicht jeder mit der Veranlagung zu dieser Kohlenhydrat-Stoffwechselstörung erkrankt auch tatsächlich daran. Ausschlaggebend für den Ausbruch der Krankheit ist das sogenannte Wohlstandssyndrom: Zu viel Essen, gepaart mit zu wenig Bewegung, fördert die Insulinresistenz.

Insulinresistenz

Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Es vermittelt die Aufnahme des Energielieferanten Glukose (Zucker) aus dem Blut in die Körperzellen und senkt dadurch den Blutzuckerspiegel. Wenn die Zellen weniger empfindlich für Insulin werden (resistent), benötigt der Stoffwechsel immer mehr Insulin. Ein anerkanntes Maß zur Einschätzung der Insulinresistenz ist der Homa-Index. Er berechnet sich aus der Nüchtern-Insulin- und Nüchtern-Glukose-Konzentration nach etwa 12 Stunden Nahrungspause. Der Wert sollte idealerweise kleiner sein als 2,5. Bei Typ-2-Diabetikern liegt er durchschnittlich über 5,0.
Die Forschung geht heute davon aus, dass die Insulinresistenz vererbt werden kann. Ein Diabetes entsteht aber trotz erblicher Veranlagung nur dann, wenn ein inaktiver Lebensstil und unpassende Ernährung hinzukommen.

Wer seinen Körper mit vielen Portionen leicht verwertbarer Kohlenhydrate versorgt, hält die Bauchspeicheldrüse im Dauerbetrieb. Insulinresistente Menschen haben mehr Insulin im Blut als gesunde, trotzdem kann der Körper das Überangebot an Zucker nicht mehr im Gewebe unterbringen. Der ständig erhöhte Insulinspiegel wirkt sich an anderer Stelle aus: Der Körper lagert mehr Fett ein - im Bauchraum wie auch in den Organen. Die Folge ist Übergewicht, häufige Vorstufe beziehungsweise Begleiterkrankung von Diabetes mellitus ist außerdem eine Fettleber. In den Gefäßen bilden sich zudem gefährliche Ablagerungen. Kommt Bewegungsmangel hinzu, wird also kaum Blutzucker von den Muskeln als Energie verbraucht, dann kann die Insulinresistenz besonders schnell voranschreiten.

Schlimmstenfalls versagt die Bauchspeicheldrüse irgendwann ganz ihren Dienst.

Diabetes-Symptome zuerst unspezifisch

Allgemeines Unwohlsein und Abgeschlagenheit sind erste Anzeichen dafür, dass die aufgenommene Nahrungsenergie (Kohlenhydrate/Zucker) wegen einer Insulinresistenz nicht in den Körperzellen ankommt. Doch wer sucht deshalb gleich einen Arzt oder eine Ärztin auf? Dabei sind die Chancen auf Heilung in diesem Stadium (Prädiabetes) noch ausgezeichnet. Wenn die Diagnose "Typ-2-Diabetes" gestellt wird, bestehen oft schon Folgeschäden am Herz-Kreislauf-System.

Der Volksmund nennt Diabetes auch Zuckerkrankheit und benennt damit schon das Hauptanzeichen: Nachweis von Zucker im Urin. Ist die Blutzucker-Konzentration deutlich zu hoch, scheidet der Körper Zucker über den Harn aus. Weitere Symptome von fortgeschrittenem Diabetes Typ 2:

  • Durst
  • häufiges Wasserlassen
  • Wachstumsstörung, Bettnässen, Gewichtsabnahme (bei Kindern)
  • Müdigkeit, Schwäche, Schwindel
  • Sehverschlechterung, wechselnde Sehstärke
  • trockene Haut, Juckreiz
  • abwechselnd Appetitlosigkeit und Hungerattacken
  • Potenzstörungen/Libidoverlust
  • Muskelkrämpfe
  • Nervenerkrankungen
  • schlecht heilende Wunden, besonders an den Füßen
  • Übelkeit, Bauchschmerzen
  • Harnwegsinfekte
  • Menstruationsstörungen, verminderte Fruchtbarkeit bei Frauen
  • psychische Veränderungen wie aggressives Verhalten

Diabetes Typ 2: Diagnose durch Blutzucker-Tests

Zunächst wird in der Arztpraxis der Blutzucker bestimmt. Man unterscheidet zwischen Nüchternblutzucker und Gelegenheitsblutzucker. Der normale Nüchternblutzucker beträgt höchstens 100 Milligramm pro Deziliter. Bei Nüchternblutzucker-Werten bis zu 125 Milligramm pro Deziliter kann Prädiabetes vorliegen. Bei noch höheren Werten besteht der Verdacht auf Diabetes mellitus. Zusätzlich werden ein Glukose-Toleranztest durchgeführt und der sogenannte Langzeit-Blutzucker bestimmt: Das Glyko-Hämoglobin (sozusagen "verzuckerter" Blutfarbstoff) gibt Auskunft über die durchschnittliche Blutzucker-Konzentration der vergangenen acht bis zwölf Wochen.

Wird Diabetes mellitus festgestellt, müssen Augenhintergrund, Urin, Blutdruck, Nerven und Füße untersucht und die Blutfett- und Nierenwerte bestimmt werden.

Behandlung von Diabetes: Bewegung und Ernährungsumstellung

Wer rechtzeitig den Lebensstil umstellt, kann große Mengen an Medikamenten vermeiden und die Insulinresistenz sogar wieder umkehren. Folgeerkrankungen muss man dann nicht befürchten.

Etwa die Hälfte aller Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetiker könnten ihre Krankheit allein schon durch gezielte Bewegung und eine bewusste Ernährung zurückdrängen. Übergewichtige Menschen sind dabei sogar im Vorteil, denn oft reicht ihr Insulin schon wieder aus, wenn sie einige Kilo abgenommen haben. Vor allem das Bauchfett muss weg - es produziert entzündungsfördernde Signalstoffe und fördert die Insulinresistenz.

In schwierigeren Fällen kann eine ärztlich begleitete Formula-Diät beim Einstieg ins Abnehmen helfen. Ein unkomplizierter und sehr wirksamer Weg in die Ernährungsumstellung sind Hafertage: Als Kurzkur machen sie die Körperzellen nachweislich wieder empfindlicher für Insulin. Im Hafer steckt ein Ballaststoff, der den Blutzuckerspiegel zu senken hilft.

Ernährungstherapie: Regelmäßig essen, nicht snacken

Bewusste Ernährung bei Diabetes bedeutet: Es gibt zwar keine Tabus - aber die Mengen spielen eine erhebliche Rolle. Kohlenhydrate (wie Brot, Obst oder Süßes) fördern den Blutzuckeranstieg, einfache Kohlenhydrate lassen den Blutzucker besonders steil ansteigen. Deshalb sollte man bei Diabetes Süßes und Weißmehlprodukte unbedingt einschränken: täglich insgesamt maximal eine Handvoll davon. Auch Brot und Beilagen sollten weniger und generell nur in der komplexen, also ballaststoffreichen Variante auf den Tisch kommen: Vollkornbrot, -nudeln, -reis, ungezuckerte Getreideflocken. Der Vorteil: Ballaststoffreiche Kost wie Vollkorn und reichlich Gemüse ist gesund für den Darm und macht länger satt, vor allem in Kombination mit richtig dosiertem Eiweiß (Hülsenfrüchte, Fisch, Fleisch, Milchprodukte). Der Körper profitiert von vier- bis fünfstündigen Esspausen, denn nur in diesen kleinen Fastenintervallen kann er auf Fettverbrennung schalten. Zwischenmahlzeiten oder auch kalorienhaltige Getränke wie Softdrinks, Latte Macchiato und Co. hemmen den Fettabbau - ebenso Alkohol, der auch eine große Kalorienfalle ist.

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Bewegungstherapie bei Diabetes: Bewegung verbraucht Zucker

Bewegung hilft unmittelbar, weil Muskeln Glukose brauchen: Sie entnehmen ihre Energie dem Blutzucker. Die Gleichung ist schlicht: Je mehr Muskeln aufgebaut werden, desto eher und schneller sinkt der Blutzuckerspiegel. Muskeln haben selbst im Ruhezustand - wenn sie gar nicht benutzt werden - einen höheren Energieverbrauch (Grundumsatz) als das Fettgewebe.

Diabetikerinnen und Diabetiker sollten deshalb durch gezielte Kraftübungen Muskulatur aufbauen. Daneben brauchen Betroffene regelmäßiges Ausdauertraining, das kann dauerhaft den Blutzuckerspiegel senken. Am besten viermal die Woche - dann hält der Effekt dauerhaft an: Denn bis zu 48 Stunden nach einer Trainingseinheit zieht die Muskulatur immer noch Blutzucker aus dem Blut.

Diabetes-Medikamente: Nicht zu früh Insulin

Tabletten können die Ernährungsumstellung unterstützen. Metformin und einige andere Substanzen (wie zum Beispiel GLP-1-Analoga, SGLT-2-Hemmer) fördern sogar die Gewichtsreduktion. Bei Übergewicht kontraindiziert sind dagegen Sulfonylharnstoffe.

Der Einsatz von Insulin sollte gut abgewogen werden, da ein Teufelskreis aus Gewichtszunahme und Insulin-Dosissteigerung droht. Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes müssen allerdings notfalls Insulin nehmen, da die Tabletten dem ungeborenen Kind schaden könnten.

Der Erfolg der Therapie lässt sich am Langzeitblutzucker-Wert (HbA1c) ablesen.

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