Prädiabetes: Wie gefährlich sind erhöhte Blutzuckerwerte?

Stand: 24.02.2023 11:33 Uhr

Prädiabetes ist eine Vorstufe der Zuckerkrankheit: Betroffene haben auffällige Zuckerwerte und sonst meist keine Symptome. Je nach Untertyp drohen aber schon in diesem Stadium ernste gesundheitliche Folgen.

Rund 10 Prozent der Erwachsenen in Deutschland leiden an Diabetes Typ 2, weitere 20 Prozent haben nach Angaben des RKI eine Vorstufe davon: den sogenannten Prädiabetes. Erhöhte Blutzuckerwerte sind ein Massenphänomen. Doch die meisten Menschen ahnen nichts von ihrem Risiko, denn es gibt keine spürbaren Anzeichen - Prädiabetes macht sich im Alltag nicht bemerkbar. Er wird daher häufig erst bei einer Blutuntersuchung im Routine-Check entdeckt. Doch was bedeutet das, wenn es nach der Laborkontrolle heißt: "Ihr Zucker ist grenzwertig"?

Diagnose des Prädiabetes: Grenzwerte für Blutzucker

Zwischen den normalen Blutzuckerwerten und dem Wert, ab dem ein Diabetes diagnostiziert wird, liegt ein Graubereich. Messbar sind drei verschiedene Blutwerteaus dem Zuckerstoffwechsel - befindet sich auch nur ein einzelner dieser Zuckerwerte im erhöhten Bereich, liegt bereits Prädiabetes vor:

Nüchternblutzucker (nach Definition der American Diabetes Association - ADA)

  • normal: unter 100 mg/dl (unter 5,6 mmol/l)
  • Prädiabetes: 100-125 mg/dl (5,6-6,9 mmol/l)
  • Diabetes: ab 126 mg/dl (ab 7 mmol/l)

Glukosetoleranzwert nach Trinken einer standardisierten Zuckerlösung

  • normal: unter 140 mg/dl (unter 7,8 mmol/l)
  • Prädiabetes: 140-199 mg/dl (7,8-11,0 mmol/l)
  • Diabetes: ab 200 mg/dl (ab 11,1 mmol/l)

Langzeitblutzucker (HbA1c)

  • Prädiabetes: 5,7-6,4 % (39-47 mmol/mol)
  • Diabetes: ab 6,5 % (48 mmol/mol)

VIDEO: Prädiabetes: Vorstufen der Zuckerkrankheit erkennen und behandeln (6 Min)

Welches Risiko droht mit Prädiabetes?

Einerseits geht ein Prädiabetes nicht zwangsläufig über in eine Zuckerkrankheit mit all ihren schädlichen Folgen für Blutgefäße, Leber, Herz und Augen. Andererseits zeigen aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der Diabetes-Vorstufe bislang deutlich unterschätzt wurden. Denn teilweise kann es schon in diesem Stadium zu schweren Komplikationen im Bereich von Herz-Kreislauf-System und Nieren kommen, die die Lebenserwartung deutlich verschlechtern. Wie eine Langzeit-Studie darlegt, ist die Prognose abhängig vom Prädiabetes-Subtypus.

Weitere Informationen
Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl. © NDR Foto: Moritz Schwarz
39 Min

E-Docs-Podcast #1: Hafer senkt den Blutzuckerspiegel

Bernd P. spritzt Insulin, denn er leidet an Diabetes Typ 2. Durch das Insulin nimmt er jedoch immer mehr zu - ein Teufelskreis. Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl weiß Rat. Er setzt auf das Superfood Hafer. 39 Min

Drei Hochrisiko-Typen bei Prädiabetes

Forschende haben anhand der begleitenden Faktoren - wie familiärer Vorbelastung, Gewicht, Bauchfett-Anteil, Leberfett, Blutfettwerte, Insulinproduktion und Insulinwirkung - sechs Unterformen des Prädiabetes definiert. Deren Risiko unterscheidet sich deutlich. Drei Subtypen sind besonders gefährdet:

Prädiabetes-Typ 3:

Kennzeichen: hohe familiäre Vorbelastung, bauchbetontes Übergewicht, niedrige Insulinausschüttung (feststellbar durch C-Peptid-Test beim Hausarzt).
Risiko: Menschen mit diesem Prädiabetes-Subtypus entwickeln oft binnen kurzer Zeit Diabetes und Herz-Kreislauf-Schäden. Auch ihr Risiko für Nierenschäden ist etwas erhöht.

Prädiabetes-Typ 5:

Kennzeichen: Adipositas, Fettleber (tastbar oder feststellbar durch Ultraschall), Insulinresistenz.
Risiko: Menschen vom Typ 5 tragen ein hohes Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Schäden sowie zusätzlich für Nierenschäden. Ihre Lebenserwartung ist dadurch deutlich geringer.

Prädiabetes-Typ 6:

Kennzeichen: bauchbetontes Übergewicht und Fetteinlagerungen in den Nieren (feststellbar durch Ultraschall oder MRT).
Risiko: Bei Menschen vom Subtypus 6 werden die Nieren schon im Stadium des Prädiabetes stark geschädigt. Das erhöht ihr Sterberisiko massiv, auch wenn ihr Risiko für Diabetes relativ moderat ist.

Gemeinsamkeit aller drei Hochrisiko-Typen ist Übergewicht mit Fettansammlungen im Bauchraum und/oder an den Organen. Die weniger gefährdeten Prädiabetes-Subtypen (1, 2 und 4) sind schlank oder haben zwar Übergewicht, aber mit anderer Fettverteilung.

Prädiabetes bei richtiger Behandlung reversibel

Die gute Nachricht für Prädiabetes-Betroffene: Oft reichen fünf bis zehn Prozent Gewichtsabnahme, um den Zuckerstoffwechsel deutlich zu verbessern und aus der Gefahrenzone herauszukommen. Erreichen lässt sich das durch konsequente Änderungen am Lebensstil, insbesondere eine passende Ernährung (mit weniger Kohlenhydraten und langen Essenspausen oder Intervallfasten) und gesteigerte Alltagsbewegung: zu Fuß gehen, Radfahren, Treppen steigen. Denn schon zu Beginn des Gewichtsverlusts baut der Körper bereits Fett in Leber und Muskeln ab, sodass das Insulin aus der Bauchspeicheldrüse wieder besser wirken und den Blutzuckerspiegel senken kann. Die ersten Ergebnisse der groß angelegten PLIS-Studie des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung weisen dabei darauf hin, dass gerade das Bewegungspensum deutlich gesteigert werden sollte und dass intensives Einzelcoaching über ein Jahr Betroffenen effektiv hilft, ihren Lebensstil gesundheitswirksam zu ändern.

Wichtig: Früherkennung bei Risikotypen

Um mit Lebensstiländerungen rechtzeitig gegensteuern zu können, sind Angebote zur Früherkennung enorm wichtig. Denn wie die Forschung zeigt, geht schon Prädiabetes teils mit erhöhter Krankheitslast und erhöhtem Sterberisiko einher. Ihre Zuckerwerte testen lassen sollten vor allem Menschen mit bauchbetontem Übergewicht, erst recht bei zusätzlichen Risikofaktoren wie Verwandten ersten Grades mit Diabetes. Auch Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Frauen, bei denen ein Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert wurde, sollten ihre Zuckerwerte gut im Blick behalten.

Expertinnen und Experten zum Thema

 

Weitere Informationen
Ein Patient misst seinen Blutzuckerspiegel © colourbox Foto: Marcus Grip
7 Min

Prädiabetes: Wie gefährlich sind erhöhte Blutzuckerwerte?

Prädiabetes ist eine Vorstufe der Zuckerkrankheit: Betroffene haben auffällige Zuckerwerte und sonst meist keine Symptome. 7 Min

Ein Teller Haferbrei und lose Haferflocken auf einem Holzlöffel © Colourbox Foto: -

Blutzucker regulieren mit der klassischen Haferkur

Eine Haferkur ist ein altbewährtes Hausmittel, um die Blutzuckerwerte zu senken und Insulinresistenz entgegenzuwirken. mehr

Eine Pyramide aus Zuckerwürfeln steht neben Cola, Toasties, Waffeln und anderen Fertigprodukten. © NDR Foto: Claudia Timmann

Ernährung bei Diabetes: Vorsicht mit Snacks

Gemüse, Vollkornprodukte und Eiweiß helfen, den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Welche Lebensmittel sind gut bei Diabetes? mehr

Viele kohlenhydrathaltige Lebensmittel: Gemüse, Obst, Nudeln, Kartoffen, Brot, Reis, Haferflocken, Süßigkeiten, Zucker, Honig, Mehl © NDR

Kohlenhydrate: Welche sind gesund, welche lieber meiden?

Low Carb liegt im Trend. Aber sind alle Kohlenhydrate Dickmacher? Was unterscheidet gute und schlechte Kohlenhydrate? mehr

Süßstoff in Tabletten- und Pulverform liegt auf einer grünen Unterlage. © picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa | Jens Kalaene
7 Min

Süßstoffe: Gefahr für das Darmmikrobiom?

Welchen Effekt haben Süßstoffe auf Körper und Stoffwechsel? Fördern sie die Gesundheit oder sind sie möglicherweise sogar schädlich? 7 Min

Dieses Thema im Programm:

Visite | 28.02.2023 | 20:15 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Ernährung

Diabetes

Mehr Gesundheitsthemen

Ein Mann niest in die Hände, im Gegenlicht sind Staubkörner in der Luft zu sehen. © Panthermedia Foto: Panthermedia | galitskaya

Allergie: Symptome, Ursachen und Behandlung

Eine Allergie ist eine Überreaktion des Immunsystems auf Stoffe aus der Umwelt - etwa Pollen, Milben oder Nahrungsmittel. mehr

Die Ernährungs-Docs: Dr. Silja Schäfer,  Dr. Matthias Riedl und Dr. Viola Andresen © NDR Foto: Moritz Schwarz

Der E-Docs-Podcast in der ARD Audiothek

Die Docs zum Hören! Spannende Fälle, Ernährungswissen und Rezepte - jetzt abonnieren und keine Folge verpassen. extern

Eine Frau hält ein Tablet in der Hand und schaut sich den Auftritt der ARD Themenwelt Gesundheit an. © Getty Images/Farknot_Architect /Collage: ARD Foto: Getty Images/Farknot_Architect /Collage: ARD

Themenwelt Gesundheit in der ARD Mediathek

Spannende und informative Dokus, Serien und Magazine über die Gesundheit: Entdecken Sie unsere Themenwelt in der ARD Mediathek. extern