Stand: 27.10.2017 08:15 Uhr

"Es riecht nach Großer Koalition"

Die Anzeichen, wie es nach der Landtagswahl in Niedersachsen weitergehen könnte, verdichten sich offenbar. "Es riecht nach Großer Koalition", sagte ein Mitglied des CDU-Präsidiums dem NDR Fernsehmagazin Hallo Niedersachsen. Eine sogenannte Jamaika-Koalition wäre für die CDU dagegen schwierig. "Da kündigen uns die Bauern die Freundschaft", so das Präsidiumsmitglied weiter. CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann hatte sich nach dem ersten Treffen der Sozialdemokraten und der Union am Donnerstag vorsichtiger geäußert. "Wir werden voraussichtlich in der nächsten Woche ein Folgegespräch der Sondierungen haben", sagte Althusmann. Und schob nach: "Es handelt sich aber nicht um Koalitionsverhandlungen."

"Ein gutes Gespräch"

Es sei zwar auch noch nicht um Inhalte gegangen. Aber dennoch war es "ein gutes Gespräch", wie sowohl Althusmann als auch Ministerpräsident Stephan Weil befanden. Statt bereits Inhalte zu debattieren, konzentrierten sich die Politiker auf die politische Kultur und die Debattenkultur im Landtag. Es ging also um Zwischenmenschliches. Im Parlament waren SPD und CDU in der vergangenen Legislaturperiode immer wieder hart aufeinander getroffen. Man habe "sich nichts gegönnt", sagte auch Althusmann. Dazu sei es ein "harter, rauer Wahlkampf" gewesen. "Ich habe nicht den Eindruck, dass jemand ohne Fehler gewesen wäre".

Verbale Abrüstung

Weil sprach im Anschluss an das Treffen bereits von einer "Zusammenarbeit der großen Parteien" und dass dabei auf die Minderheitenrechte der kleinen Parteien im Landtag geachtet werden müsse. So spinnefeind wie im Wahlkampf sind sich SPD und CDU offenbar nicht mehr. "Wir sind nicht so laut geworden, wie das gelegentlich im Landtag der Fall ist", sagte Weil. Über sein Verhältnis zu Althusmann sagte er: "Wir sind gut beraten, dass Wahlkampf nicht zum Dauerzustand werden darf." Beide Seiten haben offenbar verbal abgerüstet.

"Detaildiskussionen mit allen Partnern schwierig"

Gleichzeitig deuteten beide Seiten an, dass man offenbar inhaltlich nicht sehr weit voneinander entfernt liegt. "Es ist festzustellen, dass es sicherlich einige Übereinstimmungen politisch gab", sagte Althusmann. Zwar gebe es noch Punkte, über die beraten werden müsse. "Schwierigkeiten würden sich in Detaildiskussionen in nahezu allen Bereichen ergeben", sagte auch Weil. Aber das gelte für alle möglichen Partner.

Landesvorstand berät über weitere Gespräche

Auf Basis dieses Gesprächs werden beide Seiten entscheiden, wie es weitergehen soll. Bei der SPD ist die Bilanz aller drei Treffen - mit CDU, FDP und Grünen - für heute Abend geplant. Der Landesvorstand wird in Hannover über die geführten Gespräche beraten - und darüber, ob und mit wem Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen. Unterdessen hat auch die CDU ein weiteres Gespräch geplant - mit den Liberalen. Das findet morgen statt. Auch die Grünen hatte die CDU zu einem Gespräch eingeladen, diese haben aber abgesagt.

Erst eine Große Koalition in Niedersachsen

Anders als auf Bundesebene ist eine Große Koalition in Niedersachsen eine Seltenheit. Nur ein einziges Mal gab es dieses Bündnis bereits - von 1965 bis 1970. Ministerpräsident war damals der SPD-Politiker Georg Diederichs. Der hatte zunächst von 1961 bis 1965 gemeinsam mit der FDP regiert. Nachdem diese Koalition zerbracht, kam die GroKo. 1967 bezeichnete der Ministerpräsident sie als "gut und harmonisch". Doch in den Jahren danach folgten Krisen und Fraktionswechsel einzelner Abgeordneter, das Parlament löste sich auf. Gefolgt wurde die Große Koalition von einer SPD-Alleinregierung unter Ministerpräsident Alfred Kubel.

Andere Bündnisse scheiden aus - oder?

Nun könnte ein neuer Versuch folgen. Denn dass es zu einer anderen rechnerisch möglichen Konstellationen höchstwahrscheinlich nicht kommen wird, steht spätestens seit dem Gespräch des Wahlsiegers SPD mit der FDP am Mittwoch fest. Die Sozialdemokraten haben es erwartungsgemäß nicht geschafft, die Liberalen von ihrem Nein zum Ampel-Bündnis mit SPD und Grünen abzubringen. Die Grünen wiederum lehnen eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP ab. Ihre Absage ist nicht so kategorisch wie die der FDP an die Ampel, dennoch hat die Partei ihren Widerwillen gegen Schwarz-Gelb-Grün mit der Gesprächsabsage zuletzt noch einmal sehr deutlich gemacht. Da bleibt fast nur noch die rot-schwarze Zweckehe.

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 26.10.2017 | 19:30 Uhr

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