Kommunen treffen Vorkehrungen für möglichen Stromausfall
Was, wenn der Strom ausfällt? Die Gefahr eines längeren Blackouts gilt als gering. Die Kommunen in Niedersachsen bereiten sich dennoch vor - insbesondere nach der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines.
Der Katastrophenschutzraum im Kellergeschoss des Kreishauses in Vechta ist voll besetzt. Alle Hilfsorganisationen sind vertreten: Feuerwehr, Deutsches Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, der Malteser Hilfsdienst. Auch Beamte der Polizei sitzen vor einem der rund 25 Arbeitsplätze mit Telefon. Mechthild Vornhusen-Habe, die Sachgebietsleiterin für den Katastrophenschutz, blickt in die Runde: "Wir üben heute mal wieder Stromausfall. Das haben wir schon länger nicht mehr getan." Die Gefahr eines Stromausfalls sei nach Auffassung des Landkreises erheblich gestiegen.
Wie erreicht man die Einsatzkräfte? Im Notfall zu Fuß
Der Katastrophenschutzstab des Landkreises spielt an diesem Abend all das durch, was bei einem längeren, großflächigen Stromausfall auf die Rettungskräfte und die Mitarbeitenden des Landkreises zukäme. Uwe Bünger, der Einsatzleiter des Landkreises, übt etwa, wie er die Einsatzkräfte erreichen kann, wenn Handys nicht mehr funktionieren: "In einem Nebenraum unseres Katastrophenschutzraumes sitzen Funker. Sollte auch der Funk ausfallen, arbeiten wir mit Meldern, die notfalls mit dem Auto, mit dem Motorrad, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu den einzelnen Örtlichkeiten gehen, um dort die Dinge voranzubringen."
Bundesnetzagentur: Risiko für Blackout in Deutschland gering
Die Bundesnetzagentur hält einen sogenannten Blackout - einen längeren Stromausfall, der große Teile Deutschlands oder sogar Europas betreffen würde - für "äußerst unwahrscheinlich". Auch Mathias Fischer, Pressesprecher des Übertragungsnetzbetreibers Tennet, teilt auf Anfrage des NDR in Niedersachsen mit:
"Nach menschlichem Ermessen und solange keine großangelegten Sabotageanschläge oder Kriegshandlungen oder Taifune und Hurrikane beziehungsweise höhere Gewalt das deutsche Stromnetz ganz oder teilweise zerstören, ist die Wahrscheinlichkeit äußerst gering. Das Übertragungsnetz ist redundant aufgebaut."
Dies bedeute, so Fischer, dass beim Ausfall einer Stromleitung eine andere Leitung einspringen könne: "So konnten wir in den vergangenen Jahren stets eine sehr hohe Netzverfügbarkeit von 99,999 Prozent gewährleisten."
Nach Sabotage an Nord Stream: Erhöhte Wachsamkeit
Nun gab es aber Mitte September Sabotageakte auf die Pipelines Nord Stream 1 und 2. Und Anfang Oktober durchtrennten Unbekannte Kommunikationskabel der Deutschen Bahn und legten so den Zugverkehr in Teilen Norddeutschlands lahm. Seitdem sind viele Landkreise offenbar besonders wachsam:
Der NDR in Niedersachsen hat eine nicht repräsentative Umfrage an alle Landkreise und kreisfreien Städte in Niedersachsen gesendet und gefragt, ob und wie sie derzeit besondere Vorkehrungen für den Fall eines größeren Stromausfalls treffen. 58 Prozent haben geantwortet: Fast alle von ihnen bereiten sich verstärkt auf den Fall eines Blackouts vor oder haben dies bereits getan.
Notfallpläne für kritische Infrastruktur überprüfen
Im Landkreis Vechta leitet Hartmut Heinen als Erster Kreisrat auch den Katastrophenstab. Heinen lässt nach den jüngsten Sabotageakten die Notfallpläne besonders auf das Szenario eines länger anhaltenden Stromausfalls noch einmal überprüfen. Dabei hat er besonders die kritischen Infrastrukturen im Blick. Dazu zählen Verwaltungen, Energie- und Wasserversorger, aber auch Krankenhäuser und Pflegeheime.
Nachholbedarf bei Pflegeheimen
Krankenhäuser sind dazu verpflichtet, Notstromaggregate vorzuhalten. Aber auch Pflegeheime sollten sich mit Notstrom selbst versorgen können, betont Hartmut Heinen: "Wir haben insgesamt 23 Altenpflegeheime bei uns im Landkreis Vechta, wir haben aber im Moment keine 23 Notstromaggregate zur Verfügung." Nach dem Niedersächsischen Katastrophenschutzgesetz sind die Pflegeheime dazu verpflichtet, Vorsorge zu betreiben, solange sie nicht über "krankenhausähnliche Strukturen" verfügen. Auf NDR Anfrage haben manche Landkreise geantwortet, bereits mit Pflegeheimen in Kontakt zu stehen, andere wollen dies in Kürze tun.
Verlassen sich Pflegeheime allein auf Hilfe von außen, ohne selbst - etwa mit Notstromaggregaten - Vorsorge zu betreiben, droht hier im Fall eines längeren Stromausfalls möglicherweise ein Risiko.
Bürgerinnen und Bürger sollten auch selbst vorsorgen
Der Leiter des Katastrophenschutzstabs in Vechta betont, es gebe keinen Grund, Panik vor einem Blackout zu schüren. Die Gefahr sei immer noch gering, aber dennoch real. Deshalb wolle man in den kommenden Wochen auch die Bürgerinnen und Bürger informieren und sensibilisieren, wie sie selbst Vorsorge treffen können - etwa mit einem kleinen Vorrat an Wasser und Lebensmitteln, mit dem man im Fall der Fälle einige Tage über die Runden kommt.