Ein 9-Euro-Ticket wird im Bahnhof vor Zügen gehlten. © dpa Foto: Frank Rumpenhorst

Neun-Euro-Ticket: Eine kleine Kulturgeschichte der Eisenbahn

Stand: 01.06.2022 07:05 Uhr

Viel Aufregung gab es in den vergangenen Wochen um das Neun-Euro-Ticket. Viele Künstler wurden durch die Eisenbahn positiv inspiriert: Das belegt die kleine Kulturgeschichte der Eisenbahn.

von Ocke Bandixen

Der "Blue Train" von John Coltrane fährt an. Ein dunkler Blues, der sich steigert und immer ein bisschen kraftvoller wird. Ganz anders die "Fantasie" von Gioachino Rossini zur Eisenbahn. Ebenso zwingend und treibend. Denn das ist es, was Schriftsteller, Musiker und Komponisten schon immer an der Eisenbahn fasziniert hat: die scheinbar unaufhaltsame Bewegung, der Rhythmus, der beim Fahren entsteht.

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Das Geordnete der Bahn wird fiktional dem Wilden entgegengesetzt

Das Gerade, Geordnete, Berechenbare der Eisenbahn wurde in Büchern und Filmen oft dem Unbekannten, Wilden entgegengesetzt. Im Western schreitet die Zivilisation fort mit dem Eisenbahnbau. Ins tiefe Russland bringt die Transsibirische Eisenbahn Licht und Ordnung. Der Nahe Osten wird erst durch den Orient Express für reiche Westeuropäer befahrbar. In Agatha Christies "Mord im Orient-Express" wird der Zug zum perfekten Tatort: ein geschlossener, zivilisierter Raum im exotischen Umfeld - Eisenbahn-Romantik eingeschlossen.

Die Bahn als Symbol für das vorgezeichnete Schicksal

Justinus Kerner schrieb 1852 den "Walzer Orient-Express". Ein Gedicht als Warnung für die Zeitgenossen.

Hört ihr den Pfiff, den wilden, grellen,
Es schnaubt, es rüstet sich das Tier,
Das eiserne, zum Zug, zum schnellen,
Her braust’s wie ein Gewitter schier. Justinus Kerner

Nach dem ersten Schrecken und der langsamen Gewöhnung an das dampfende Stahlross, wurde die Eisenbahn zum Symbol für die Moderne, den Fortschritt. Das Leben wie auf Gleisen - gerade in der Literatur wird der Zug oft zum Symbol für das vorgezeichnete, festgelegte Schicksal, so bei Bahnwärter Thiel, Jurij Schiwago oder Anna Karenina.

Friedlichste Eisenbahngeschichte: "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer"

Bedrohlich wirkt die Technik, mit zerstörerischer Kraft. "16.50 ab Paddington", "Zwölf Uhr Mittags", "3.10 Uhr - Todeszug nach Yuma": die Zuspitzung auf eine bestimmte Zeit - ein starkes Mittel des Dramas. Und manchmal gerät ein Leben auf ein ganz anderes Gleis. Ob im "Nachtzug nach Lissabon" oder vom Bahnsteig neundreiviertel. Und wie dichtete bereits Erich Kästner:

Wir sitzen alle im gleichen Zug
und reisen quer durch die Zeit.
Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.
Wir fahren alle im gleichen Zug.
Und keiner weiß, wie weit. Erich Kästner

"Peace Train", "Slow Train", "Chattanooga Choo-Choo" oder "Sonderzug nach Pankow", der Zug bringt in vielen Liedern auch etwas Gutes: eine Hoffnung. Die letztlich friedlichste und vielleicht philosophischste Eisenbahngeschichte ist aber wohl die von "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer". Denn dieser Zug will nirgendwo hin. Er will einfach nur fahren.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 01.06.2022 | 06:20 Uhr

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