Corona-Hilfen versiegen: Was nun, freie Theater?
Während des Lockdowns hat der Bund Kultureinrichtungen mit Corona-Hilfen unterstützt. Was deren Wegfall für die freie Theaterszene in Niedersachsen bedeutet, hat unsere Reporterin in Hannover nachgefragt.
Zuerst die Corona-Pandemie - Spielstätten blieben geschlossen, Künstlerinnen und Künstler konnten nicht auftreten. Jetzt der Krieg gegen die Ukraine und die damit verbundene Inflation hier in Deutschland - explodierende Preise beim Gas und jetzt auch beim Strom. Alles Kosten, die die freien Theater in Niedersachsen jetzt zusätzlich stemmen müssen.
Klamme freie Theater finanzieren sich von Projekt zu Projekt
Dazu kommt: Freie Theater finanzieren sich von Projekt zu Projekt, sagt Martina von Bargen, Geschäftsführerin des Landesverbandes Freier Theater in Niedersachsen: "Die Basisfinanzierung, sei sie aus den Kommunen oder vom Land Niedersachsen mit der neu eingeführten Spielstättenverordnung, ist ja doch sehr limitiert. Da gibt es keine Potenziale, wo man sagen könnte: Dann schöpfen wir mal aus diesen anderen Quellen."
Denn die Verordnung unterstützt nur ausgewählte Spielorte der freien Szene über einen festgelegten Zeitraum mit Geldern. Dazu zählt auch das Figurentheater Theatrio in Hannover im Stadtteil Vahrenheide. Hier decken die Fördergelder die laufenden Kosten, sagt Geschäftsführerin Evelyna Villalba: "Lichttechnik haben wir, natürlich auch Lautsprecherboxen. Für einen Techniker haben wir jetzt vielleicht eine Förderung vom Jobcenter in Aussicht. Andere Förderung gibt es dafür nicht - also nicht für uns."
"Geldgeber haben Fördermittel nicht weitergedacht"
Sich selbst und ihrer Büroleiterin zahle sie pro Monat insgesamt 3.000 Euro Lohn. Das sah während der Corona-Pandemie anders aus. Durch die Bundesförderung "Neustart Kultur" konnten sich freie Theater, Kollektive und Spielstätten ganz anderes ausstatten. Das Figurentheater hat sich beispielsweise Entkeimungsgeräte angeschafft, erzählt Villalba: "Aber diese ganzen Folgekosten, die Wartungskosten und die Energiekosten, die werden uns wahrscheinlich am Ende des Jahres mit 3.000 Euro zu stehen kommen. Das haben wir gar nicht im Budget. Da, finde ich, haben die Geldgeber diese Fördermittel nicht weitergedacht."
Diese prekäre Situation hat auch das Aktionsbündnis Darstellende Künste erkannt und appelliert nun mit einem Schreiben an Politiker in Berlin: keine Kürzungen für die freien darstellenden Künste! Das sieht auch von Bargen vom Landesverband Freien Theater Niedersachsen so: "Es braucht noch mehr Mittel, die eine Wiederaufnahme des Normalbetriebs erlauben, bevor er gänzlich eingestellt wird. Dafür müssen wir werben und auch erklären, wie dringlich notwendig es ist, damit nämlich das, was hier gewachsen ist, Niedersachsen in 30, 40, 50 Jahren auch erhalten bleibt."
Theater-Tickets für Kinder bald bei 20 Euro?
Denn ohne finanzielle Hilfe vom Bund oder höhere Fördergelder müssten die Theaterbesucher notgedrungen für ihre Tickets tiefer in die Tasche greifen, erklärt Villalba. Noch koste ein Kinderticket maximal neun Euro. "Wir müssen schauen, was dann wirklich machbar wäre nächstes Jahr", so Villalba. "Es müssten dann mindestens 20 Euro für eine Kindervorstellung sein, weil die Künstler angemessen bezahlt werden müssen. Es geht nicht, dass man einen Künstler mit 150 Euro abspeist, das ist eine Frechheit."
Der Bundesverband Freier Theater verhandelt gerade über eine Erhöhung der Honoraruntergrenze für freie Theaterkünstler. Deshalb planen die Landesverbände, diese Untergrenze in einem gemeinsamen Workshop im September zu definieren, für ein neues niedersächsisches Kulturfördergesetz. In Anbetracht der bevorstehenden Landtagswahlen in Niedersachsen im Oktober ist Martina von Bargen vom Landesverband zuversichtlich, dass die Fördergelder für Kunst und Kultur erhöht werden.