"Bratwurstbude": Deniz Yücel tritt als PEN-Präsident zurück
Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel ist als Präsident der Schriftstellervereinigung PEN zurückgetreten. Zuvor war ein Abwahlantrag gegen den PEN-Chef auf der Mitgliederversammlung in Gotha knapp gescheitert.
"Ich möchte nicht Präsident dieser Bratwurstbude sein", sagte der 48-Jährige nach seinem Rücktritt auf der Mitgliederversammlung. Zugleich erklärte der Journalist und Publizist seinen Austritt aus der Schriftstellervereinigung.
Vorwürfe gegen Deniz Yücel: Mobbing und Amtsanmaßung
In den vergangenen Monaten hatten der Führungsstil der PEN-Spitze sowie interne Unstimmigkeiten zu einem heftigen Streit in der Schriftstellervereinigung geführt. Deniz Yücel wurde unter anderem ein autoritärer Führungsstil vorgeworfen. Neben Yücels Führungsstil stand ein Auftritt des Journalisten Mitte März bei der Literaturmesse Lit.Cologne in Köln unter Kritik. Dort hatte er sich nach dem kürzlich ausgebrochenen Ukraine-Krieg für einen Einsatz der NATO und für eine Schließung des Luftraums stark gemacht. Seine Vorgängerinnen und Vorgänger warfen ihm daraufhin Amtsanmaßung vor.
Führungsstreit des PEN geht auf Mitgliederversammlung weiter
Der Führungsstil des Präsidiums wurde in Gotha hitzig und in sehr aufgebrachter Stimmung debattiert. Yücel hatte sich gleich zum Auftakt des Treffens mit Buh-Rufen und Beleidigungen konfrontiert gesehen. Nachdem ein Abwahlantrag gegen den PEN-Präsidenten Deniz Yücel knapp scheiterte, erklärte der Journalist kurze Zeit später dennoch seinen Rücktritt. Als einen der Gründe nannte Yücel auf Twitter die Bestätigung des Generalsekretärs Heinrich Peuckmann im Amt. Dieser hatte Yücel bereits vor der Mitgliederversammlung Mobbing vorgeworfen. Yücel hatte daraufhin in einem Brief Fehler eingeräumt.
Yücel: "Wichtigtuer und Selbstdarsteller"
Die Mehrheit der Mitglieder seien "Wichtigtuer und Selbstdarsteller", die den Verein gekapert hätten und für die verfolgte Autoren nur Beiwerk seien, rechnete Yücel nach nur siebenmonatiger Amtszeit emotional mit dem Verein ab. Das Vorhaben, den deutschen PEN zu einer "modernen NGO" zu machen, werde von einer Mehrheit nicht unterstützt. Deniz Yücel war erst im vergangenen Oktober an die Spitze des PEN-Zentrums gerückt und galt als Hoffnungsträger für eine Reformierung der Schriftstellervereinigung.
Josef Haslinger wird übergangsweise PEN-Präsident
Nach dem Rücktritt von PEN-Präsident Yücel legte der gesamte Vorstand des Schriftstellerverbandes seine Posten nieder. Übergangsweise wird der Schriftsteller Josef Haslinger als Präsident das deutsche PEN-Zentrum führen. Der 66-Jährige wurde auf der Mitgliederversammlung in Gotha mit großer Mehrheit interimsmäßig an die Spitze der Schriftstellervereinigung gewählt. Er soll bis zur Neuwahl der Führungsriege auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in einigen Monaten die Schriftstellervereinigung führen. Haslinger war bereits von 2013 bis 2017 PEN-Präsident. Er wolle den Neustart vorbereiten, sagte Haslinger.
