Eine Mitarbeiterin in einem Corona-Testzentrum am Hamburger Flughafen hält ein Teststäbchen für einen Nasen-Rachenabstrich. © picture alliance/dpa Foto: Christian Charisius

Mysterium Corona-Infektion: Wen erwischt es - und wen nicht?

Stand: 28.04.2022 12:21 Uhr

Viele Menschen infizieren sich beim ersten Kontakt mit dem Coronavirus und leiden über Wochen unter Covid-19. Andere stecken sich trotz Kontakt zu Infizierten nicht an. Forscher haben verschiedene Erklärungsansätze.

Ob der Kontakt mit dem Coronavirus tatsächlich zu einer Infektion führt oder nicht, erscheint oft wie ein Glücksspiel. Einige Menschen infizieren sich beim ersten Viruskontakt und leiden über Wochen unter Covid-19. Andere scheinen immun gegenüber dem Virus zu sein und stecken sich trotz engem Kontakt zu Infizierten nicht an. Die Gründe für diese extremen Unterschiede geben Immunologen und Virologen noch immer Rätsel auf. Es gibt aber bereits einige Theorien, was sich dahinter verbergen könnte.

Theorie 1: Geimpfte Menschen hatten sich bereits unbemerkt infiziert

Vor allem bei dreifach geimpften Personen ist es wahrscheinlich, dass das Immunsystem zwar die Infektion nicht ganz verhindern kann, aber die Vermehrung des Virus so effektiv bremst, dass ein Corona-Schnelltest wegen zu geringer Viruslast nicht anschlagen kann. Manche Betroffenen spüren dann nur ein leichtes Kratzen im Hals, andere haben überhaupt keine Symptome. Es ist also möglich, dass Menschen bereits unbemerkt infiziert waren und sich deshalb nicht noch einmal mit der gleichen Variante anstecken.

Theorie 2: Genetische Unterschiede sind entscheidend

Forschergruppen auf der ganzen Welt suchen nach genetischen Besonderheiten, die erklären könnten, warum manche Menschen sich leichter infizieren als andere oder schwerere Verläufe haben. Mittlerweile wurden 15 Genabschnitte entdeckt, die dabei eine Rolle zu spielen scheinen. Die meisten sind für die Produktion bestimmter Enzyme zuständig, die eine Rolle im Immunsystem spielen und so beeinflussen, wie schwer die Krankheit verlaufen kann.

Hat die Blutgruppe einen Einfluss auf eine Corona-Ansteckung?

Einer dieser Genabschnitte entscheidet über die Blutgruppe des Menschen. Es gilt mittlerweile sogar als sicher, dass die Blutgruppe einen Einfluss darauf hat, ob sich jemand leicht infiziert oder nicht. So scheinen sich Menschen mit Blutgruppe 0 seltener mit Corona zu infizieren als Menschen mit anderen Blutgruppen. Der Zusammenhang liegt vermutlich in der Kompatibilität der Blutgruppen untereinander.

Menschen verschiedener Blutgruppen tragen auf ihren roten Blutkörperchen unterschiedliche Antigene: Menschen mit Blutgruppe A haben A-Antigene, mit Blutgruppe B haben sie B-Antigene und mit der Blutgruppe AB tragen ihre Blutkörperchen sowohl A- als auch B-Antigene. Die Blutgruppe 0 transportiert dagegen keine Antigene. Deshalb kann ein Mensch mit Blutgruppe 0 sein Blut an alle Träger anderer Blutgruppen spenden, verträgt aber selbst kein Blut der anderen Blutgruppen, weil sein Immunsystem die darin enthaltenen Antigene abstößt.

Menschen mit Blutgruppe 0 könnten schwerer infizierbar sein

Französische Forscher vermuten nun, die Virusübertragung zwischen verschiedenen Blutgruppen könnte nach demselben Prinzip ablaufen: Ein Mensch mit Blutgruppe 0 kann nicht so leicht von Menschen mit anderen Blutgruppen infiziert werden. Ist er aber einmal infiziert, kann er das Virus sehr leicht an andere weitergeben. Für diese Hypothese spricht, dass das Virus bei der Vermehrung in unseren Zellen deren Moleküle aufnimmt. Sind diese mit Blutgruppen-Antigenen besetzt, könnte ein Virus aus einem Menschen mit nicht kompatibler Blutgruppe sofort eine Reaktion des Immunsystems hervorrufen.

Theorie 3: Immunsysteme funktionieren unterschiedlich gut

Auch grundsätzliche Unterschiede zwischen den individuellen Immunsystemen könnten dazu führen, dass manche Menschen nicht an Covid-19 erkranken. Unser angeborenes Immunsystem, also das, welches noch vor den Antikörpern auf Eindringlinge reagiert, funktioniert bei manchen Menschen besser und kann durch Ausschüttung von Interferonen und anderen Botenstoffen verhindern, dass sich das Virus im Körper vermehrt. So wird eine Infektion dann tatsächlich unterbunden.

Auch im Laufe des Lebens aufgebaute Abwehrzellen gegen herkömmliche Corona-Erkältungsviren können vielleicht vor einer Infektion mit dem neuen Corona-Virus schützen. Forscher sehen Hinweise, dass es hier einen Zusammenhang geben kann.

Theorie 4: Die Tageszeit hat Einfluss auf Abwehrkräfte

Die Stärke unseres Immunsystems schwankt. Wer morgens ausgeschlafen und entspannt ist und sich vorher gut ernährt hat, hat sicher größere Chancen, sich nicht anzustecken, als abends müde und gestresst und womöglich nach dem Genuss von Alkohol. Insofern kann die Tageszeit und die persönliche Form mitentscheidend sein, ob man sich bei einem Virus-Kontakt ansteckt oder nicht.

Sicherer Schutz nur durch Abstand und Masken

Bei allen Risikoabwägungen ist eines aber sicher: Entscheidend für die Infektion ist vor allem die Viruslast. Deshalb schützen Abstand und Masken - alles andere ist dann tatsächlich Glückssache. Auch wenn ihre Blutgruppe oder ihr besonders effektives Immunsystem manche Menschen vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zu bewahren scheint, gilt das längst nicht für alle. Denn tatsächlich infizieren sich viele Menschen, obwohl sie Blutgruppe 0 haben. Die Blutgruppe allein bietet also ganz sicher keinen ausreichenden Schutz vor Covid, sondern kann nur einer von vielen Faktoren sein.

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ARD Gesund | Visite | 26.04.2022 | 20:15 Uhr

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