Das Bild zeigt Menschen die aus der Ukraine nach Deutschland flüchten. © NDR

Landkreise bereiten sich auf Flüchtlinge aus der Ukraine vor

Stand: 02.03.2022 20:03 Uhr

Die Landkreise in Niedersachsen bereiten sich auf die Aufnahme von Kriegs-Flüchtlingen aus der Ukraine vor. Wie viele Menschen kommen, ist laut Innenministerium nicht absehbar.

Am Mittwochmorgen waren laut Bundesinnenministerium bereits mehr als 5.000 Menschen aus der Ukraine in Deutschland angekommen. 98 Geflüchtete seien bis Mittwochmorgen in der Landesaufnahmebehörde in Niedersachsen eingetroffen, teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit. Viele kommen offenbar übergangsweise bei Freunden oder Verwandten unter, womit die tatsächliche Zahl Geflüchteter höher liegen dürfte. Anders als Asylbewerber müssen sich Kriegs-Flüchtlinge aus der Ukraine auch nicht zentral in einer Landesaufnahmebehörde melden.

Provisorische Unterkunft in Feuerwache

In Hannover ist am Mittwochabend vom Stadion des Fußball-Zweitligisten Hannover 96 aus ein Bus mit Hilfsgütern in die Ukraine gestartet. Auf der Rückfahrt soll der Bus 79 Menschen mit nach Hannover bringen, teilte der Verein am Dienstag nach Rücksprache mit der Stadt mit. Bereits in der Nacht zu Dienstag waren etwa 30 Menschen mit einem Bus in Hannover angekommen. Gemeinsam mit anderen Geflüchteten - die etwa mit privaten Autos aus der Ukraine nach Hannover kamen - wurden sie in einer provisorischen Unterkunft in der Feuerwache 2 im Stadtteil Stöcken untergebracht. Später sollen die Menschen in die Landesaufnahmestelle bei Bad Fallingbostel im Heidekreis gebracht werden.

Notunterkunft für Flüchtlinge in Hude

Der Landkreis Oldenburg stellte am Mittwoch eine Notunterkunft für rund 150 Menschen in Hude vor. Der Landkreis ist Mieter des Gebäudes und hat das Deutsche Rote Kreuz als Betreiber beauftragt. Wer dort untergebracht wird, war zunächst unklar. Das komme auf die Zuweisung durch das Land Niedersachsen an, sagte der Sprecher. "Dabei kann es sich um ukrainische Kriegsflüchtlinge wie auch um syrische Kriegsflüchtlinge handeln."

Niedersachsen will neue Plätze für Geflüchtete schaffen

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte am Montag im Gespräch mit dem NDR in Niedersachsen angekündigt, dass das Land "Räume für neue Plätze" für Geflüchtete schaffen wolle. Er forderte die Kommunen auf, dies zu klären. Niedersachsen und die anderen Bundesländer seien gut vorbereitet. "Wir werden mit der Situation fertig", sagte Pistorius. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dankte am Sonntag in einer Mitteilung Bürgerinnen und Bürgern, die bereit seien, Unterkünfte anzubieten und die vor dem Krieg Fliehenden anderweitig zu unterstützen. "In Niedersachsen werden wir Menschen aus der Ukraine, die ihre Heimat verlassen müssen, Zuflucht bieten."

Hannover richtet erste Unterkünfte ein

Die Landeshauptstadt Hannover lässt unterdessen weitere Notunterkünfte herrichten. In enger Abstimmung mit der Deutschen Messe AG soll kurzfristig eine Messehalle zur Unterbringung von zunächst 800 und dann 400 weiteren Personen hergerichtet werden. "Es ist uns ein großes Bedürfnis, den aus der Ukraine fliehenden Menschen zu helfen, ihnen in ihrer Not Schutz und Zuflucht zu bieten", sagte Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe AG. Neben der Feuerwache 2 in Hannover-Stöcken wurde noch eine weitere Unterbringungsmöglichkeit für bis zu 100 Menschen in der ehemaligen Feuerwache 1 am Goetheplatz eingerichtet. Von dort sollen die Menschen aber spätestens nach 72 Stunden in dauerhaftere Einrichtungen wechseln. "Mir ist wichtig: Wer bei uns strandet oder Schutz sucht, findet sofort Hilfe", sagte Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne).

Osnabrück und Göttingen stellen sich auf viele Menschen ein

Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) sagte dem NDR in Niedersachsen, dass momentan Hilfsmaßnahmen vorbereitet würden, um Menschen aufzunehmen. "Wir haben 1.400 Menschen in der Stadt mit ukrainischen Wurzeln. Die werden viele Fragen haben, was sie tun können, wenn Familienangehörige es hierher geschafft haben", sagte Pötter. Als Erstes werde nun ein zentraler Anlaufpunkt geschaffen. Die Stadt werde sich darauf einstellen, viele Menschen aufzunehmen. "Und das machen wir sehr gerne."

Göttingens Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) kündigte an, dass die Stadt mehr als die vorgeschriebene Quote Geflüchteter aufnehmen könne. Im Grenzdurchgangslager Friedland im Landkreis Göttingen bereitet man sich ebenfalls auf die Aufnahme von Ukrainern und Ukrainerinnen vor. Um Platz zu schaffen, wolle man derzeitige Bewohnerinnen und Bewohner auf andere Kommunen verteilen, sagte Leiter Heinrich Hörnschemeyer dem NDR in Niedersachsen. Auch könnten zunächst zusätzliche Betten in die Zimmer gestellt und Unterrichtsräume zu Unterkunftsbereichen umgewidmet werden.

Aurich sucht Dolmetscher, Initiative wirbt für Privataufnahme

In der Gemeinde Wangerland (Landkreis Friesland) hat Bürgermeister Mario Szlezak (SPD) Bürger aufgefordert, leerstehende Wohnungen dem Ordnungsamt der Gemeinde zu melden. Die Menschen sollen zudem prüfen, ob sie Wohnraum zur Verfügung stellen können. Der Landkreis Aurich prüft, welche Immobilien für die Aufnahme von Geflüchteten zur Verfügung stehen und geeignet sind. Außerdem werden ukrainische Staatsbürger im Landkreis angefragt, ob sie als Dolmetscher infrage kommen. Das berichtet die "Nordwest-Zeitung". In der Gemeinde Oberndorf im Landkreis Cuxhaven wird überlegt, wie die Partnerstadt Owrutsch im Norden der Ukraine mit Hilfsgütern versorgt werden kann. In Oldenburg wirbt eine Initiative in den sozialen Medien dafür, ukrainische Flüchtlinge im eigenen Haus aufzunehmen. Auch zu Spenden wird aufgerufen, sowohl zu Sachspenden als auch zu Geldspenden, um beispielsweise Reisebusse zu chartern und Geflüchtete an der polnischen Grenze abzuholen. Auf Nachfrage des NDR bestätigten auch weitere Städte und Landkreise, darunter Wolfsburg, Helmstedt, Wolfenbüttel und Goslar, dass sie sich auf eine mögliche Aufnahme vorbereiten, es aber noch keine konkreten Anfragen vom Land gebe.

Trotz Zuzugs-Stopp: Salzgitter will Ukrainer aufnehmen

In Salzgitter bereitet man sich ebenfalls auf Menschen aus der Ukraine vor, obwohl in der Stadt derzeit ein Zuzugs-Stopp für anerkannte Flüchtende gilt. Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU), der auch Vizepräsident des Niedersächsischen Städtetages ist, sagt, für ihn sei dennoch klar, dass alle niedersächsischen Kommunen ihren humanitären Beitrag zur Aufnahme der Geflüchteten leisten müssen. Unterdessen prüft die Stadt Gifhorn, welche Räume sie zur Aufnahme von Flüchtenden zur Verfügung stellen kann und wie viele Gifhorner private Unterkünfte anbieten würden. Es solle eine Telefonhotline eingerichtet werden, in der alle Angebote gebündelt werden, hieß es.

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An einem Tor am Grenzdurchgangslager Friedland weist ein Schild auf den Standort der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen hin. © picture alliance/dpa/Swen Pförtner Foto: Swen Pförtner

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Um Platz in dem Grenzdurchgangslager zu schaffen, wolle man derzeitige Bewohner auf andere Kommunen verteilen. (28.02.2022) mehr

Landesaufnahmebehörde prüft "derzeit alles, was möglich ist"

Als zentrale Anlaufstelle stellt sich insbesondere die Landesaufnahmebehörde mit Sitz in Braunschweig auf die Ankunft von Ukraine-Flüchtlingen ein. An den sechs Standorten in Braunschweig, Bramsche, Fallingbostel-Oerbke, Friedland, Oldenburg und Osnabrück würden unablässig neue Kapazitäten geschaffen, sagte Behördensprecherin Hannah Hintze am Montag. Am Freitag habe es 1.300 freie Plätze gegeben, mittlerweile sei die Zahl deutlich gestiegen. "Wir stocken auf, verlegen Bewohnerinnen und Bewohner untereinander oder verteilen sie auf die Kommunen, um Platz zu schaffen", sagte Hintze. Auch das Aufstellen von Containern komme bei Bedarf infrage. "Wir prüfen derzeit alles, was möglich ist."

Ukrainer sollen bald kein Asylverfahren durchlaufen müssen

Bislang können Menschen aus der Ukraine mit ihrem Pass nach Deutschland einreisen - und in Niedersachsen mit einem Touristen-Visum zunächst 180 Tage lang bleiben. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) wies darauf hin, dass für die Geflüchteten in Kürze eine Regelung angewendet werden soll, die im Jahr 2001 als Reaktion auf den Balkankrieg eingeführt wurde. Demnach könnten Menschen aus der Ukraine zunächst ohne ein Asylverfahren bleiben und sofort arbeiten. Das erspare schwierige Antragsverfahren und entspreche dem mutmaßlichen Wunsch vieler Ukrainerinnen und Ukrainer, möglichst schnell in ihre Heimat zurückzukehren, sagte Pistorius. Derzeit laufen Gespräche auf Bundesebene, um Einzelheiten zu klären.

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Hallo Niedersachsen | 02.03.2022 | 19:30 Uhr

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