Jazz – Round Midnight
Donnerstag, 20. Mai 2021, 23:30 bis
00:00 Uhr
Am Mikrofon: Michael Laages
Diese Stimme war nicht zu überhören: Wolfgang Borchert, der nur 26 Jahre alte Mann, der schwer verletzt aus dem Krieg in die Heimatstadt Hamburg zurück gekommen war, verarbeitete die Zerstörung an Seele und Körper literarisch und vom Krankenbett aus. "Draußen vor der Tür", das Theaterstück der Stunde und der Hilfeschrei einer verlorenen Generation, wurde im Januar 1947 als Hörspiel vom NWDR-Radio uraufgeführt. Ida Ehres Hamburger Kammerspiele zeigte die erste Bühnen-Inszenierung im November des Jahres, am Tag nach Borcherts Tod in einem Züricher Sanatorium. Dort im Krankenbett hatte er, mit letzter Kraft sozusagen, einen Text verfasst, der zum "Manifest" des Augenblicks geworden ist - mit einem Widerstandsschrei, der bis heute nachhallt, als Leitmotiv: "Sag' nein!" - zu allem, was Krieg möglich macht.
Gestern gemischt mit Heute
Der Text wirkte schon auf Zeitgenossinnen und Zeitgenossen wie eine Art verzweifelter Jazzgesang, wie ein Hilferuf, ein Hymnus für den Frieden und gegen allen Bomben- und Schlachtenlärm. Zu Borcherts 100. Geburtstag am 20. Mai sind nun Jazzklänge aus jenen Tagen des Aufbruchs aus den Trümmern in die Zukunft gemischt mit jenem berühmten Text, den der Schauspieler Uwe Friedrichsen 1984 für den NDR eingesprochen hatte. Die Musik, die aus den USA ins zerstörte Land der Täter gelangte, trifft auf die letzten Worte des jungen deutschen Dichters, der anschrie gegen den Untergang. Bis heute wird er gehört.
