Jazz – Round Midnight

Die Pianistin Jutta Hipp - Wiederentdeckung einer Wegbereiterin

Donnerstag, 06. April 2023, 23:30 bis 00:00 Uhr

Die Pianistin Jutta Hipp im Porträt. © Hans E. Haehl Foto: Hans E. Haehl

Eine Sendung von Bert Noglik

"Sie war hip, schon lange vor den Hippies", sagte der Klarinettist Rolf Kühn über die Pianistin, die er in Leipzig während der Nachkriegszeit kennenlernte. Bereits zuvor, noch während des Krieges, begann sich Jutta Hipp für den Jazz zu begeistern - jene Musik, die die Nazis als "entartet" diffamierten und die für die junge Musikerin zu einem Vorboten der Freiheit wurde. Mit Rolf Kühn machte Jutta Hipp erste Demo-Aufnahmen, bevor die von den Amerikanern befreite Stadt von Sowjettruppen besetzt wurde.

Jutta Hipp floh in den Westen, spielte dort in amerikanischen Klubs und kam über München nach Frankfurt, damals das Jazzzentrum Deutschlands. Zunächst in einer Combo um den Saxofonisten Hans Koller, dann mit ihrem Quintett gelang ihr eine eigenständige Ausformung des Cool Jazz. Sie wurde auf den Deutschen Jazzfestivals in Frankfurt umjubelt, als "Europe's First Lady of Jazz" gefeiert und von Leonard Feather als erste weiße Jazzmusikerin für das Label Blue Note entdeckt. Feather war es auch, der sie zur Übersiedlung nach Amerika überredete, wo sie zunächst ebenfalls erfolgreich war, ein Engagement im New Yorker Hickory House antrat und drei Platten für Blue Note einspielte.

Die Pianistin Jutta Hipp im Porträt. © Hans E. Haehl Foto: Hans E. Haehl
Mit 14 Jahren, im Jahr 1939, hörte Jutta Hipp zum ersten Mal Jazz und entdeckte ihre Liebe zu dieser Musik im illegalen Leipziger Hot Jazz Club.

Unglückliche Umstände, der Druck des Musik-Business, Bedrängnis durch Feather, Unsicherheit, Lampenfieber und Alkoholkonsum führten dann zu einem tragischen Ende ihrer Laufbahn als Musikerin. Nach 1960 rührte sie kein Klavier mehr an. Bis zu ihrem 70. Lebensjahr arbeitete sie als Zuschneiderin in einer Fabrik. Ihre Kreativität verlagerte sie auf das bildkünstlerische Gestalten.

Als Jutta Hipp am 7. April 2003 in New York starb, war sie in der Jazzszene fast vergessen. Erst in den Jahren nach ihrem Tod rückte sie erneut in den Mittelpunkt des Interesses, wesentlich befördert durch die Forschungen und Editionen der Musikerin und Musikwissenschaftlerin Ilona Haberkamp, Autorin der vielbeachteten Biografie "Plötzlich Hip(p)".  Heute wird Jutta Hipp zurecht als eine der bedeutenden Wegbereiterin der "women in jazz" gewürdigt und beständig wiederentdeckt.

 

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