Der Schriftsteller Volker Braun vor einer Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Preisträger des Kunstpreises der Landeshauptstadt Dresden im Kulturrathaus.  (2012) © picture alliance/Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa Foto: Arno Burgi

Volker Braun: Schriftsteller gegen den Zeitgeist

Sendedatum: 07.05.2019 15:20 Uhr

Volker Braun gehört zu den Autoren, die die Wende in der DDR mit herbeigeschrieben haben. "Die Übergangsgesellschaft" heißt sein bekanntestes Theaterstück. Doch er hat auch Lyrik, Erzählungen und einen Roman verfasst.

von Oliver Kranz

Nichts charakterisiert Volker Braun besser als ein Satz, den er mit 27 geschrieben hat: "Es genügt nicht die einfache Wahrheit." Er war ein glühender Anhänger des Sozialismus, zögerte aber nicht, Missstände in der DDR zu kritisieren.

So schrieb er nach dem Fall der Berliner Mauer in seinem Gedicht "Das Eigentum":

"Da bin ich noch: Mein Land geht in den Westen. Krieg den Hütten, Friede den Palästen. Ich selber habe ihm den Tritt versetzt." Volker Braun

Vom Braunkohletagebau an die Uni

Volker Braun gehörte zu denen, die sich für einen Erhalt der DDR einsetzten. Er stellte sich quer zum Zeitgeist, und das tut er noch heute. Allerdings meldet er sich nur noch selten zu Wort. Unter dem Titel "Werktage" brachte er 2008 seine Notate zu Politik und Kunst heraus.

Geboren wurde Volker Braun 1939 in Dresden. Er entstammt einer bürgerlichen Familie, was in der DDR eher ein Stigma war. Studienplätze wurden in erster Linie an Arbeiter- und Bauernkinder vergeben. Braun musste sich - wie es hieß - "in der Produktion bewähren". Er arbeitete drei Jahre in einem Braunkohletagebau, bevor er 1960 sein Philosophiestudium beginnen durfte. Und auch danach hatte er es nicht leicht. Verbote von Büchern und Theaterproduktionen ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Biografie - bis 1988 am Maxim-Gorki-Theater in Ostberlin sein Stück "Die Übergangsgesellschaft" herauskam, das den Niedergang des real existierenden Sozialismus beschreibt.

"Es war vollkommene Ruhe im Zuschauerraum", erinnert sich Volker Braun: "Kein Mucks bis zum Schluss. Das Haus brannte auf der Bühne weg. Und dann verließen vier, fünf Leute den Raum. Eine Stimme rief: 'Jetzt sind wir unter uns.' Und dann kam der Beifall."

Eine dicke Stasi-Akte

Welche Angst die Mächtigen der DDR vor Volker Braun hatten, belegt seine Stasi-Akte. Neun Offiziere und 32 inoffizielle Mitarbeiter waren auf ihn angesetzt. Das zusammengetragene Material umfasst 4.000 Seiten.

Nach der Wende wandte er sich vor allem der Literatur zu. Er schrieb Erzählungen und Gedichte, die für jüngere Autoren auch heute noch Inspiration sind. Und so schreibt Volker Braun immer weiter. Sein letzter Gedichtband ist 2016 erschienen und hat einen Titel, der viel über seine Lebenshaltung aussagt: "Handbibliothek der Unbehausten".

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 07.05.2019 | 15:20 Uhr

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