Was heißt es, Mensch zu sein? Inklusives Tanzprojekt "Human" in Lübeck
Was macht uns Menschen aus, was verbindet uns miteinander? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Stück "Human" einer inklusiven Gruppe. In der Lübecker Marienkirche zeigen sie eine bewegende Performance - mit persönlichen Geschichten, Musik und Tanz.
"Du gehörst nicht dazu! Raus hier!", ruft eine junge Frau auf der Bühne. Niemand darf ausgegrenzt werden - das ist ihre Botschaft. Für Menschlichkeit und ein Miteinander auf Augenhöhe setzt sich die inklusive Tanz- und Theatergruppe aus Lübeck ein. Die Jugendlichen haben für das internationale Kulturprojekt "Human" eine Aufführung inszeniert und machen Menschenrechte sichtbar. "Einen Austausch und eine Auseinandersetzung zu fördern zwischen jungen Leuten, die vielleicht sonst gar nicht solche Berührungspunkte haben, ist für mich auch eine Form Menschenrechte wirklich zu leben", sagt die Theaterpädagogin Charlotte Baumgart.
Abstraktheit von Menschenrechten erlebbar machen
Ein Jahr nach ihrer ersten Aufführung ist die Gruppe wieder zusammengekommen und probt in der Lübecker Marienkirche für ihren Auftritt. "Den ganzen Schulstress, Arbeitsstress, einmal abschütteln - und einmal Seufzen!", fordert Charlotte Baumgart die Truppe auf, während alle in einem großen Kreis stehen, Arme und Beine ausschütteln.
Kinder und Erwachsene, professionelle Tänzerinnen und Laien, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung tanzen gemeinsam. Genau das ist die Idee des "Human"-Projekts: Verschiedene Menschen zusammenzubringen und die Abstraktheit der Menschenrechte durch Musik und Tanz erlebbar zu machen. "Mir war generell wichtig bei dem Projekt dabei zu sein als Rollstuhlfahrer, weil wir ein wunder Punkt in der Gesellschaft sind. Ich wollte einfach auf meine Spezies aufmerksam machen", sagt John Marcus Nowottny.
Persönliche Erlebnisse fließen mit ein
So haben die Darsteller Tanz und Texte mit ihren ganz persönlichen Geschichten gefüllt. Dafür haben sie die Menschenrechte diskutiert, über ihre Wünsche, Sorgen und Ängste gesprochen und sich gefragt, was sie brauchen, um gut leben zu können. "Ich habe gelernt, dass wir alle gleich sind, aber trotzdem komplett verschieden. Und dass jeder was anderes braucht, um glücklich zu sein und jeder etwas anderes ist", sagt die 14-jährige Frida Loth, die bei dem Projekt mitmacht.
Die Musik, die Komponist Helge Burggrabe zu den Menschenrechten geschrieben hat, erzählt auch von Schutzlosigkeit, Ungleichheit und Unfreiheit. "Wir haben nicht die gleichen Rechte", erklärt die Choreografin Katja Grzam. Und Charlotte Baumgart fügt hinzu: "Es gibt ganz wenig Angebote im kulturellen Bereich für Menschen mit Behinderung. Das heißt, dieses Recht auf kulturelle Teilhabe ist nicht so gegeben."
Vielfalt leben und an Nazi-Gräuel erinnern
Tanzen für die Menschlichkeit rund um den 8. Mai, dem Tag, an dem die Alliierten vor 80 Jahren Nazideutschland besiegten. Eine Ausstellung in der Marienkirche thematisiert zudem rechtsextreme Gewalt seit 1945. "Im Moment glaube ich, vergessen wir, was es heißt, ein Mensch zu sein. Was aber natürlich unglaublich wichtig ist, denn jeder Mensch verdient es gleich behandelt zu werden. Und jeder Mensch ist gleich viel wert", sagt Frida Loth. Das inklusive Ensemble zeigt, dass Verschiedenheit eine Gemeinschaft stärken kann.
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