Tick Tack: Zeitreise mit Colonial-Uhr in Wilhelmshaven
Das Deutsche Marine Museum in Wilhelmshaven hat die "Reichs-Colonial-Uhr" von 1905 gerade frisch von einem Sammler erworben. Nun wird sie ausgestellt.
Die Uhr zeigte vor über 100 Jahren nicht nur die Zeit in Deutschland an, sondern auch die, in den früheren deutschen Kolonien, im afrikanischen Togo, in Kamerun oder Deutsch Südwest und sogar im fernen China. "Kein Sonnenuntergang in unserem Reich" steht im Bogen über dem Ziffernblatt. Diese Uhr sollte Propaganda machen, weil auch das deutsche Kaiserreich Anfang des 20. Jahrhunderts nach Kolonien in Übersee strebte, erklärt Museumsleiter Stephan Huck: "Im Deutschen Reich gab es mit der Reichseinigung eben auch Kräfte, die sagten, um Großmacht Status zu haben, braucht man ein Kolonialreich. Man muss aber deutlich sagen: Es gab auch Kräfte, die das für unsinnig hielten."
Gerade deshalb wurde mit solchen Uhren für den Kolonialgedanken geworben, sagt Huck. Auf der Uhr sind bunt bebildert Szenen aus den Kolonien zu sehen, die Exotik vermitteln sollten. Ein Elefant, Schlangen, ein Dorf in Afrika, aber auch ein kaiserliches Marineschiff. "Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser" steht daneben. Das macht diese Uhr für das Deutsche Marine Museum in Wilhelmshaven interessant: "Dieser Sinnspruch: 'Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser' mit diesem Bildprogramm verbunden, ist der werbende Charakter, dass man hier den Kolonien einen positiven Wert für das deutsche Reich unterstellt."
Reise in die koloniale Vergangenheit des Kaiserreichs

Es war die Zeit des Imperialismus im wilhelminischen Kaiserreich. Man wollte so sein wie die Großmächte Frankreich und England. Die ersten Deutschen Kolonien entstanden ab 1884/85 in Afrika. Die Pazifischen Kolonien folgten, sowie 1898 dann mit einem Sonderstatus Tsingtau, das Pachtgebiet Kiautschou, so Huck. Eine Provinz im fernen China, die das Deutsche Reich bis 1914 mit militärischer Gewalt besetzt hielt.
Für all diese Unternehmungen in Übersee brauchte es die Marine. In zahlreichen Museen und zu Denkmalen in Deutschland läuft zurzeit eine Debatte um die koloniale Vergangenheit des Kaiserreichs. Vieles lässt sich dazu anhand dieser Uhr erklären, sagt Stephan Huck. Sie spricht quasi für sich selbst: "Das Schöne an diesem Objekt ist, dass sich sehr viel durch die Betrachtung erschließt. Es ist ein gut ausstellbares Objekt, man braucht nicht das Texttäfelchen an der Seite, um es zu verstehen. Das Verstehen beginnt mit der Betrachtung."
Unterstützung beim Ankauf kam von der Brune-WZ-Stiftung
Obwohl solche Uhren um die Jahrhundertwende in hoher Stückzahl produziert wurden, gibt es heute nur noch wenige Exemplare. Eine solche "Reichs-Colonial-Uhr" zeigen zu können, sei ein wichtiger Schritt in Richtung Neukonzeption des Deutschen Marinemuseums, betont sein Leiter. Das Haus will sich zukünftig noch stärker mit Fragen des deutschen Kolonialismus und postkolonialen Fragestellungen beschäftigen. Das habe deshlab sehr frühzeitig auf der Wunschliste für die Neukonzeption gestanden.
Diese Uhr ist also wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Großzügig finanziell unterstützt wurde das Deutsche Marine Museum bei der Anschaffung durch die Brune-WZ-Stiftung der örtlichen Zeitung. Geschäftsführer Stephan Kolschen ist stolz: "Wir stehen auch gerne in Zukunft für solche Fälle zur Verfügung."
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