Bluthochdruck bleibt oft unentdeckt
Chronischer Bluthochdruck macht kaum Beschwerden, steigert aber das Risiko für lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es wird empfohlen, die Blutdruckwerte regelmäßig zu kontrollieren.
Beim Bluthochdruck, der arteriellen Hypertonie, ist der Druck in den Gefäßen, die das Blut vom Herzen zu den Organen leiten, chronisch erhöht. Die Erkrankung kommt in den Industrieländern sehr häufig vor. In Deutschland leidet mehr als jeder Vierte an arterieller Hypertonie, hat also dauerhaft einen Blutdruck von mindestens 140/90 mmHg. Nach neueren Untersuchungen sind sogar schon knapp fünf Prozent der Schüler betroffen. Laut einer Studie von 2021 hat sich die Zahl der Menschen mit Bluthochdruck seit 1990 verdoppelt: auf 1,3 Milliarden weltweit. Und fast die Hälfte der Betroffenen weiß nichts von einer Erkrankung.
Bluthochdruck kann gefährlich sein
Auch wenn chronischer Bluthochdruck kaum spürbare Beschwerden verursacht, birgt er Gefahren: Nach dem Rauchen ist er der größte Risikofaktor für eine lebensverkürzende Herz-Kreislauf-Erkrankung. Bluthochdruck schadet langfristig den Gefäßen, und damit auch dem Gehirn, dem Herzen und den Nieren. Etwa die Hälfte aller Herzinfarkte und Schlaganfälle wären vermeidbar, wenn hoher Blutdruck rechtzeitig entdeckt und behandelt würde.
Blutdruckwerte regelmäßig kontrollieren
Expertinnen und Experten raten deshalb dazu, dass jeder Mensch seinen Blutdruck mindestens ein- bis zweimal im Jahr kontrollieren sollte - unabhängig davon, ob man sich wohlfühlt oder nicht. Denn viele Betroffene fühlen sich mit einem höheren Blutdruckwert sogar besser, was die Gefahr gesundheitlicher Schäden aber nicht mindert.
Symptome bei Bluthochdruck erkennen
Bluthochdruck bleibt oft lange unbemerkt, denn es gibt - zumindest anfangs - keine typischen Symptome. Viele erhalten daher die Diagnose erst, wenn im Körper bereits nicht wiedergutzumachende Folgeschäden entstanden sind: koronare Herzkrankheit, Herzmuskelverdickung, Herzschwäche, im schlimmsten Fall sogar Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenversagen.
Anzeichen für Bluthochdruck können sein:
- morgendlicher Kopfschmerz, der bei Höherlagerung des Kopfes abnimmt
- Schwindel, Übelkeit, Ohrensausen
- Nasenbluten
- Abgeschlagenheit
- Schlaflosigkeit
Bei stark erhöhtem Blutdruck können Brustengegefühl (Angina pectoris), Luftnot und Sehstörungen auftreten.
Diagnose: Werte mehrfach messen
Optimal sollte der Blutdruck bei 120/80 mmHg oder darunter liegen. Werte knapp darüber gelten als normal. Erst ab 140/90 mmHg spricht man von mildem Bluthochdruck. Werte ab 160/100 mmHg gelten als mittlerer, ab 180/110 mmHg als schwerer Bluthochdruck. Expertinnen und Experten warnen aber, dass nach neuesten Erkenntnissen bei Frauen bereits ein Blutdruck ab 120 mmHg gefährlich werden kann, da ihre Ausgangswerte niedriger sind. Stellt der Arzt bei mindestens drei Messungen an zwei verschiedenen Tagen zu hohe Werte fest, wird er sich auf die Suche nach einer möglichen Grundkrankheit machen. Lässt sich die ausschließen, steht die Diagnose: primäre (essentielle) Hypertonie.
Der Arzt ermittelt dann das Herz-Kreislauf-Risiko des Patienten, indem er nach den Lebensumständen fragt, Blut und Urin untersuchen lässt. Um eventuelle Netzhautschäden zu erkennen, wird er eine Spiegelung des Augenhintergrunds veranlassen. Ein EKG und ein Ultraschall des Herzens geben Aufschluss über mögliche Folgeschäden am Herzen.
Ursachen für sekundäre Hypertonie
Eher selten ist eine Grundkrankheit für den erhöhten Blutdruck verantwortlich: Man spricht von einer sekundären Hypertonie, wenn der Blutdruck zum Beispiel infolge einer anderen Grunderkrankung ansteigt. Bei Weitem die häufigste Form des sekundären Bluthochdrucks liegt an krankhaften Zellveränderungen in der Nebenniere: Schätzungsweise fünf Prozent aller Blutdruck-Patienten leiden an Hyperaldosteronismus, auch bekannt als Conn-Syndrom. Diese Grunderkrankung ist behandelbar, wird aber selten entdeckt.
Weitere Ursachen für sekundären Bluthochdruck sind Erkrankungen der Gefäße (etwa angeborene Missbildungen der Hauptschlagader), endokrinologische Probleme wie die Überproduktion von Kortisol oder Adrenalin oder das sogenannte Schlaf-Apnoe-Syndrom.
Ernährung und Bewegungsmangel als Ursache für Hypertonie
In neun von zehn Fällen ist die Ursache des Bluthochdrucks unser moderner Lebensstil. Die arterielle Hypertonie zählt zu den wichtigsten Zivilisationskrankheiten. Übergewicht, mangelnde Bewegung, Alkohol, Rauchen und starker Kochsalzkonsum wirken sich negativ aus. Aber auch beruflicher oder privater Stress: Schon 1950 identifizierte der Psychoanalytiker Franz Alexander Bluthochdruck als eine der sieben klassischen psychosomatischen Erkrankungen.
Genetische Veranlagung für Bluthochdruck
Die Gene spielen ebenfalls eine Rolle, die Neigung zu Bluthochdruck wird vererbt. Ein Forschungsprojekt der Universität Münster zeigte, dass etwa ein Drittel der Menschen besonders empfindlich auf Kochsalz reagiert: Sie sind salzsensitiv - bei ihnen führt schon die tägliche Aufnahme von mehr als fünf Gramm zu Bluthochdruck und Schäden an Herz, Nieren und Blutgefäßen. Weltweit liegt der durchschnittliche tägliche Salzkonsum zwischen sieben und 15 Gramm.
Eine mögliche Salzsensitivität lässt sich neuerdings binnen einer Stunde durch einen einfachen sogenannten Salzbluttest nachweisen. Erforderlich ist dafür die Abnahme von etwas Kapillarblut in einer Praxis. Der Test kostet etwa 20 Euro.
Ursachen von Bluthochdruck bei Frauen
Bluthochdruck ist nach neueren Forschungsergebnissen geschlechtersensibel zu betrachten, denn Frauen starten mit einem niedrigeren Ausgangswert als Männer. Ein wichtiger Faktor sind die Hormone: So kann der Blutdruck unter Einnahme der "Pille" steigen. Jede zehnte Frau hat während der Schwangerschaft vorübergehend Bluthochdruck - ein Alarmzeichen dafür, dass in späteren Jahren Bluthochdruck entstehen kann.
Nicht selten tritt Bluthochdruck erst nach den Wechseljahren auf: Vor den Wechseljahren, also bis etwa zum 50. Lebensjahr, schützt das körpereigene Östrogen die Gefäße und Frauen haben zumeist einen niedrigeren Blutdruck als gleichaltrige Männer. Denn das Östrogen wirkt auch an den Zellen, die die Blutgefäße auskleiden, und macht sie weich. Dadurch entspannen sich die Blutgefäße, was den Blutdruck senkt. Während der Wechseljahre, wenn der Östrogenspiegel sinkt, lässt die Schutzwirkung nach. In der Lebensphase danach ist der Östrogenspiegel so niedrig, dass keine Schutzwirkung mehr gegeben ist. Bei vielen Frauen steigt der Blutdruck dann stark an, in ähnliche Höhen wie bei Männern.
Therapie bei Bluthochdruck: Gewohnheiten ändern!
Wer unter Bluthochdruck leidet, wird seinen gewohnten Lebensstil so schnell wie möglich für immer ändern müssen. An erster Stelle stehen richtige Ernährung und Bewegung. Außerdem muss Schluss sein mit Zigaretten.
Lernen Sie, Ihren Blutdruck regelmäßig zu Hause zu kontrollieren. Wichtig ist, den Blutdruck in Ruhe zu messen und nicht zwischen Tür und Angel: Hinsetzen, ein paar Minuten warten, nicht reden, dreimal messen und dann die Mittelwerte verwenden. Besonders aussagekräftig ist es nach Einschätzung von Experten, eine Woche im Monat zweimal täglich zu messen und die Ergebnisse in einem Mess-Tagebuch festzuhalten.
Der Besuch einer Herzschule oder die Anmeldung in einer Herzsportgruppe kann helfen, gemeinsam mit anderen die Lebensgewohnheiten positiv zu verändern. Auch ernährungsmedizinische Schwerpunktpraxen bieten eine umfassende Begleitung.
Mit richtiger Ernährung den Blutdruck senken
Falsche Ernährung ist ein Hauptgrund für Bluthochdruck. Übergewicht erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme. Pro zehn Kilogramm Gewichtsabnahme sinkt der Blutdruck um etwa 12/8 mmHg. Insbesondere das Bauchfett muss weg. Zur gesunden Ernährung gehören ausreichend Gemüse, Obst und Fisch, weniger Kochsalz. Von Säften oder Softdrinks lieber auf Wasser und Kräutertees umstellen, zudem wenig Alkohol trinken.
Mit regelmäßiger Bewegung die Gefäße trainieren
Ebenso wichtig für einen gesunden Blutdruck ist regelmäßig ausreichend Bewegung. Für die Herz-Kreislauf-Gesundheit optimal sind vier- bis fünfmal die Woche mindestens 30 Minuten Ausdauersport, gern an der frischen Luft - etwa Schwimmen, Laufen, Wandern.
Bewegung hilft, Stress abzubauen. Sinnvoll sind auch Entspannungsübungen wie autogenes Training, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung.
Medikamentöse Therapie als Ergänzung
Nur wenn alle Maßnahmen zu wenig bewirken, sind Medikamente angezeigt, die den Blutdruck senken - etwa ACE-Hemmer, Betablocker, AT1-Antagonisten, Diuretika und Kalzium-Antagonisten. Die richtige Wahl bestimmt sich individuell nach dem Lebensalter und den Begleiterkrankungen. Es sollten bei der Therapie und bei der Entwicklung von Medikamenten geschlechtsspezifische Unterschiede berücksichtigt werden, fordern Expertinnen und Experten: Frauen haben häufig ein geringeres Gewicht als Männer, auch ihre Verteilung von Muskulatur und Fettgewebe ist anders. Ältere Frauen haben zudem oft schon eine eingeschränkte Nierenfunktion und vertragen Medikamente nicht mehr so gut. Das sollten Medizinerinnen und Mediziner bei der Zusammenstellung der blutdrucksenkenden Medikamente berücksichtigen.
Weitere Behandlungsansätze: Aderlass
Die Wirkung von regelmäßigem Aderlass ist von der Berliner Charité nachgewiesen worden: Bei Probanden, die viermal pro Jahr zum Blutspenden gingen, sanken die Werte sehr ausgeprägt. Der systolische Wert um durchschnittlich 16 mmHg, der diastolische um 7 mmHg.
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