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Amazon in Winsen: Kritik an Urteil zur Mitarbeiter-Kontrolle

Stand: 10.02.2023 18:57 Uhr

Das Verwaltungsgericht Hannover hat entschieden, dass das Logistikzentrum Amazon in Winsen die Arbeitsleistung der Angestellten technisch überwachen darf. An dem Urteil gibt es Kritik.

Im Oktober 2020 hatte Niedersachsens Landesbeauftragte für Datenschutz, Barbara Thiel, den Betreibern des Logistikzentrums untersagt, Handscanner für die Kontrolle der Mitarbeitenden einzusetzen. Anhand der Daten der Scanner habe der Konzern demnach einsehen können, wie viele Pakete die Mitarbeitenden in welchem Tempo bearbeitet haben. Amazon klagte gegen die Verbot und bekam Recht: Das Verwaltungsgericht Hannover erklärte am Donnerstag die Praxis in einem datenschutzrechtlichen Kontrollverfahren für zulässig.

Datenschutzbeauftragte kritisiert Kontrollen bei Amazon

Thiel sagte dem NDR Niedersachsen, sie sei weiterhin überzeugt, dass Amazon seine Beschäftigten zu stark überwache. Mit der minutenlangen Kontrolle entstehe ein massiver Leistungsdruck und der sei höher zu bewerten als das wirtschaftliche Interesse des Unternehmens. Man halte sich eine Berufung offen, sagte ein Sprecher der Datenschutzbeauftragten.

Ver.di: Amazon-Beschäftigte stehen massiv unter Druck

Kritik kommt auch von der Gewerkschaft ver.di. Ein Sprecher sagte, die Amazon-Beschäftigten in Winsen stünden massiv unter Druck. Die Gewerkschaft fordert, dass die Kontrolle über den gesamten Arbeitstag aufhört. Ver.di will sich auf Bundesebene für ein Datenschutzgesetz für Beschäftigte einsetzen.

Niedersachsens Arbeitsministerium für neues Datenschutzgesetz

Aus dem niedersächsischen Arbeitsministerium hieß es mit Blick auf das Urteil, Niedersachsen begrüße die Bestrebungen der Bundesregierung, Regelungen für den Datenschutz von Beschäftigten auf den Weg zu bringen. Diese würden sowohl Rechtsklarheit für Arbeitgeber und Beschäftigte schaffen als auch die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten effektiv schützen.

Auch Richterin vermisst klare gesetzliche Regelung

Bei der Urteilsverkündung am Donnerstag sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Reccius, das Gericht habe die Steuerung durch die Scanner als erforderlich erkannt. Es ginge dabei um die Überprüfung der logistischen Abläufe, nicht aber um die Überwachung der persönlichen Eigenschaften der Mitarbeiter. "Wir hätten uns gewünscht, dass der Gesetzgeber tätig geworden wäre oder noch wird", sagte die Richterin weiter und betonte, sich bei der Urteilsfindung nicht leicht getan zu haben. Eine Berufung ist laut Gericht möglich. Die nächste höhere Instanz ist das Oberverwaltungsgericht Lüneburg.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 11.02.2023 | 08:00 Uhr

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