Bundesnetzagentur zur Gaskrise: Norden steht im Mittelpunkt
Seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine beschäftigt sich Deutschland mit einem drohenden Gasmangel. Am Dienstag diskutierte der Chef der Bundesnetzagentur mit der niedersächsischen Landesregierung.
Tritt der Fall ein, dass Deutschland über zu wenig Gas verfügt, müssen Teile der Wirtschaft heruntergefahren werden. Laut Klaus Müller, dem Chef der Bundesnetzagentur, programmiere seine Behörde derzeit eine digitale Plattform, die das Management von Gas erleichtern soll. Sie soll Anfang Oktober an den Start gehen. Welche Bereiche in der Abschaltreihenfolge ganz oben stehen, sei aber noch unklar. Müller machte aber deutlich, dass die Bundesnetzagentur drei Aspekte besonders berücksichtige: Die Vermeidung betriebswirtschaftlicher Schäden, Lieferketten und soziale Auswirkungen.
Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten soll sichergestellt werden
"Mindestens die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten haben eben auch in der Gasmangellage eine ganz besondere Bedeutung", sagte der Chef der Bundesnetzagentur. Er machte aber auch deutlich: "Es gibt in einer Gasmangellage keine gute Entscheidung mehr, es gibt nicht mehr genug Gas." Es komme deshalb darauf an, dass nicht nur die Wirtschaft Energie spare - auch die privaten Haushalte müssten ihren Verbrauch um mindestens 20 Prozent reduzieren. Gleichzeitig gab er Entwarnung: Die Menschen müssten auch in diesem Winter nicht frieren.
Keine Garantie für hohe Speicherfüllstände
Wesentlich für die Situation ist zudem der Füllstand der Gasspeicher in Deutschland. Dieser hat am Sonntagmorgen die Marke von 80 Prozent überschritten. Damit ist das Ziel der Bundesregierung, bis zum 1. September einen Speicherstand von 75 Prozent zu erreichen, zwar erfüllt, dennoch bleibt die Gefahr der Gasmangellage. Laut Müller kann nicht garantiert werden, dass alle Speicher einen so hohen Füllstand erreichen werden. Mit Blick auf den Gasspeicher im niedersächsischen Rehden machte er deutlich, dass es sich um einen "Eckpfeiler der Versorgung" handele. Bei dem größten Gasspeicher Deutschlands und Europas werde stark aufgeholt - inzwischen liegt der Füllstand bei gut 60 Prozent. Im Frühsommer hatte die Bundesnetzagentur den Speicher mit einem Stand von unter einem Prozent von einer deutschen Tochtergesellschaft der russischen Firma Gazprom treuhänderisch übernommen.
Althusmann fordert Netz- und Hafenausbauplan
Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD betonte mit Blick auf die Versorgungslage in ganz Deutschland, man wisse, dass die Situation angespannt sei. Gleichzeitig machte er auch deutlich: "Es gibt Länder, die sich noch mehr Sorgen als Niedersachsen machen müssen." Ein wesentlicher Zwischenschritt ist laut Weil die Versorgung durch Flüssiggas über die geplanten LNG-Terminals. Müller ist überzeugt: "Da rückt der Norden gerade geografisch in den Mittelpunkt." Neben den vier geplanten LNG-Standorten in Wilhelmshaven, Stade, Lubmin und Brunsbüttel komme es deswegen auch auf zusätzliche private Terminals an. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) richtet klare Erwartungen an den Bund: Grundlegende Voraussetzung für die Verteilung in Deutschland sei ein Netz- und Hafenausbauplan.