Closed-Loop-System: Künstliche Bauchspeicheldrüse

Stand: 14.11.2023 13:23 Uhr

Automatische Insulin-Dosierungs-Systeme, kurz AID, sind der neueste Stand der Technik bei Diabetes mellitus Typ 1. Von der "künstlichen Bauchspeicheldrüse" profitieren besonders Betroffene mit stark schwankenden Zuckerwerten.

von Dagmar Lüdke-Bonnet

Bei der Autoimmunkrankheit Diabetes mellitus Typ 1 arbeitet die Bauchspeicheldrüse nicht mehr richtig. Betroffene müssen ihre Zuckerwerte regelmäßig messen und Insulin zuführen. Früher konnte der Blutzucker nur mit einem Tropfen Blut und Teststreifen ermittelt werden. Heutzutage lässt sich der Zuckerspiegel im Gewebe durch am Körper angebrachte Sensoren kontinuierlich erfassen und per Funk an ein Smartphone oder ein Lese- und Aufzeichnungsgerät senden. Das automatische Insulin-Dosierungs-System ist ein sogenanntes Closed-Loop-System. Es wird mit diesen Daten eine Pumpe gesteuert, die das benötigte Insulin ins Blut der Betroffenen abgibt.

Closed-Loop-System: Insulinpumpe mit Sensor

Closed-Loop-Systeme bestehen aus einem Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) im Unterhautfettgewebe, einem Blutzuckermessgerät zur Kalibrierung des Sensors, einer Insulinpumpe sowie einem Computerprogramm, das die Steuerung der Pumpe übernimmt. Alle Geräte kommunizieren drahtlos miteinander.

Der Sensor wird auf Bauch, Oberschenkel oder Oberarm geklebt und ermittelt den Zuckergehalt nicht im Blut, sondern in der Zellflüssigkeit unter der Haut. Er muss regelmäßig ausgetauscht werden, um sicher korrekte Werte zu erhalten. Dazu wird mithilfe einer Hohlnadel ein winziger Schlauch ins Unterhautfettgewebe eingeführt. Ein Messfaden ermittelt kontinuierlich den Zuckerwert und überträgt das Ergebnis über einen Sender an die Insulinpumpe, die daraufhin die erforderliche Insulinmenge in den Körper abgibt. Sinkt der Glukosewert, reduziert die Pumpe die Insulinzufuhr und vermeidet so eine Unterzuckerung, bei einem hohen Glukosewert wird mehr Insulin verabreicht.

Routinekontrollen bleiben jedoch unerlässlich. Wie erfolgreich die Therapie verläuft, kontrollieren Ärztin oder Arzt mit dem Blutzuckerlangzeitwert HbA1c. Eine vollautomatische Pumpensteuerung ist allerdings nicht möglich, da die Pumpe nicht wissen kann, was an Kohlenhydraten auf dem Teller liegt. Betroffene müssen daher vor jeder Mahlzeit die Menge an Broteinheiten abschätzen und die Kohlenhydratmenge eingeben.

Krankenkassen zahlen Closed-Loop-Systeme

Jahrelang gab es nicht das komplette System: Zugelassen waren nur Sensoren und Pumpen, nicht aber die Programme, die die beiden Instrumente zu einem geschlossenen Kreislauf verbinden. Technisch versierte Betroffene bastelten selbst entsprechende Computerprogramme - auf eigene Verantwortung. Mittlerweile sind vier zugelassene Closed-Loop-Systeme auf dem Markt und werden von den Krankenkassen für von Diabetes Typ 1 Betroffene bezahlt.

Welche Vorteile hat ein Closed-Loop-System?

Betroffene werden durch die Technik entlastet, denn Spritzen und Teststreifen entfallen. Ihnen wird angezeigt, wie viel Insulin fließt, was vor allem für Menschen ideal ist, deren Langzeitzuckerwerte stark schwanken. Mit dem Closed-Loop-System kommen sie leichter in den Normbereich - wodurch sich auch Blutdruck und Gewicht normalisieren können. Betroffene müssen zudem selbst nachts keine Angst vor gefährlicher Unterzuckerung haben, weil es eine ständige Zuckermessung gibt und die Pumpe ohne menschliches Zutun einen Impuls bekommt, ob sie mehr oder weniger Insulin ausschütten soll.

Für wen ist ein Closed-Loop-System geeignet?

Die aufwendige Technik eines Closed-Loop-Systems schreckt manche Betroffenen ab. Es gibt jedoch für die zugelassenen Modelle Schulungen. Auch sportlich aktive Menschen können das System nutzen und sind vor Unterzuckerung geschützt, denn es lassen sich unterschiedliche Aktionsprofile erstellen: vom Spaziergang über Trainingseinheiten bis zum Wettkampf. Das System ermittelt den benötigten Glukosebedarf und steuert die Insulinpumpe entsprechend an.

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