Cholesterin: Zu hohe Werte werden oft vererbt
Wenn schlanke Menschen trotz viel Bewegung und gesunder Ernährung dauerhaft zu hohe Cholesterinwerte haben, kann eine sogenannte familiäre oder primäre Hypercholesterinämie vorliegen. Sie gehört in Deutschland zu den häufigsten genetischen Stoffwechselerkrankungen. Einer aktuellen dänischen Studie zufolge betrifft sie weltweit einen von 300 Menschen, aber nur etwa 15 Prozent der Betroffenen wissen von ihrer Erkrankung und dem damit verbundenen Risiko.
Wegen eines Gendefekts können die Zellen das "schlechte" LDL-Cholesterin nicht oder nur zu einem geringen Teil aufnehmen, sodass es im Blut verbleibt und früh eine Arteriosklerose auslösen kann. Die wiederum führt oft zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, vor allem in Verbindung mit weiteren Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck und Übergewicht. Bleibt die Hypercholesterinämie über längere Zeit unentdeckt, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um das bis zu 26-Fache.
LDL-Cholesterin im Blut erhöht
Bei Betroffenen sind die LDL-Cholesterinwerte im Blut oft um das Fünf- bis Zehnfache erhöht. In der Regel sind die Blutwerte schon in der Kindheit auffällig, doch oft wird nach Ansicht von Experten nicht nach genetischen Ursachen dieser Befunde geforscht. Der Verdacht auf eine familiäre Hypercholesterinämie besteht, wenn der LDL-Spiegel Werte von über 190 Milligramm pro Deziliter erreicht und mehrere Familienmitglieder früh einen Herzinfarkt erlitten haben (Frauen unter 60 Jahren, Männer unter 55 Jahren).
Stoffwechsel-Experten untersuchen in solchen Fällen nicht nur die verschiedenen Blutfettwerte, sondern erfragen vor allem die Familiengeschichte der Betroffenen. Sie ergibt meist deutliche Hinweise auf eine genetische Ursache der Fettstoffwechselstörung, die sich durch einen einfachen Gentest bestätigen lässt. Ein Warnzeichen sind Fetteinlagerungen am Auge (Xanthelasmen) oder gelbe Knötchen (Xanthome) in der Haut, vor allem an der Achillessehne und den Fingergelenken.
Cholesterin senken: Medikamente, Ernährung und Bewegung
Wird der Gendefekt rechtzeitig entdeckt, kann eine frühzeitige Behandlung mit cholesterinsenkenden Medikamenten (Statinen), in einigen Fällen unterstützt durch spezielle Antikörper, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf das normale Niveau senken. Auf diese Weise lassen sich nach Einschätzung von Experten bis zu 90 Prozent der Herzinfarkte vermeiden.
Sie raten deshalb jedem Menschen, schon in jungen Jahren seinen LDL-Cholesterin-Wert mindestens einmal überprüfen zu lassen. Ziel ist ein Cholesterinwert von unter 100 Milligramm pro Deziliter, bei bereits geschädigten Gefäßen von weniger als 70 Milligramm pro Deziliter. Wichtig ist außerdem eine Ernährung mit reichlich Ballaststoffen und gesunden Fettsäuren, Nikotin-Verzicht und viel Bewegung.
Reicht die Therapie nicht aus oder führen die Medikamente zu unkontrollierbaren Nebenwirkungen, können Ärzte überschüssiges Cholesterin per Blutwäsche (Lipidapherese) aus dem Blut filtern. Das aufwendige Verfahren wird aber nur in Einzelfällen von den Krankenkassen bezahlt. Eine Lipidapherese-Behandlung kostet rund 50.000 Euro pro Jahr. Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist eine über zwölf Monate dokumentierte diätetische und medikamentöse Therapie ohne eine ausreichende Senkung des LDL-Spiegels.
Neuer Risikofaktor: Blutfett Lipoprotein (a)
Zunehmend wird auch einem weiteren Blutfett, dem Lipoprotein (a), entscheidende Bedeutung bei der Entwicklung arteriosklerotischer Veränderungen zugesprochen. Es ist in seiner Struktur dem LDL-Cholesterin sehr ähnlich und gilt inzwischen als unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung von Arteriosklerose beziehungsweise einer koronaren Herzerkrankung. Auch die Menge an Lipoprotein (a) im Blut ist in hohem Maße erblich bedingt. Sie kann durch Medikamente kaum beeinflusst werden. Hier bleibt als Behandlung meist nur die Lipidapherese. Ab einem Wert von 30 Milligramm pro Deziliter gilt das Risiko für eine koronare Herzerkrankung als erhöht.
