Grüne gegen Jamaika, FDP weiter gegen Ampel
Vor den ersten offiziellen Sondierungsgesprächen am Dienstagabend mit der SPD hat der Parteirat der niedersächsischen Grünen ein Bündnis mit CDU und FDP so gut wie ausgeschlossen. Ampel ja, Jamaika nein: So lautet die Empfehlung des Gremiums zu Sondierungsgesprächen für eine mögliche Koalition. "Wir haben keinerlei Arbeitsauftrag für Sondierungen in Richtung Jamaika - das ist einstimmig so an den Landesvorstand gegangen", sagte die Co-Landesvorsitzende Meta Janssen-Kucz. Es gebe aber einen Arbeitsauftrag für Gespräche mit der SPD und der FDP. "Die Priorität ist mehr als eindeutig. Und sie heißt: Sondierung mit der SPD und Sondierung mit der FDP", sagte Janssen-Kucz. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Regierungsbeteiligung der Grünen. Denn die Liberalen haben bislang eine Ampel-Koalition mit den Sozialdemokraten und den Grünen ausgeschlossen.
FDP bleibt bei Nein zu Ampel-Bündnis
Der FDP-Landeschef Stefan Birkner erneuerte am Dienstag noch einmal das Nein der Liberalen zur Ampel. "Die Position der FDP ist bekannt, und das ändert daran nichts", sagte Birkner mit Blick auf das Votum der Grünen gegen eine Jamaika-Koalition. Dass die FDP kein Bündnis mit SPD und Grünen eingehen wolle, stehe unabhängig von anderen Machtoptionen fest. Bereits vor der Wahl hatte Birkner deutlich gemacht, dass seine Partei die rot-grüne Politik nicht unterstützen wolle. Die inhaltlichen Differenzen seien zu groß, Gemeinsamkeiten müsse man mit der Lupe suchen, heißt es bei den Liberalen. Bei einigen Parteigenossen sorgt dieser vehemente Standpunkt allerdings für Kritik.
Empfehlung des Parteirats hat Gewicht
Bei den Grünen dagegen ist die Bereitschaft zu einer rot-grün-gelben Koalition vorhanden. Bereits kurz nach der Wahl hatte Janssen-Kucz betont, es gebe mit den Liberalen viele Schnittmengen bei Bürgerrechten, Datenschutz, Bildungsgerechtigkeit oder Inklusion. Nun also das eindeutige Votum des 20-köpfigen Parteirats der Grünen, dem unter anderem die beiden Landesvorsitzenden und die vier noch amtierenden Minister angehören. Zwar ist er kein beschlussfassendes Gremium, sondern berät lediglich den Landesvorstand. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass sich der Vorstand über Empfehlungen des Parteirats hinwegsetzt.
Althusmann will Jamaika noch nicht gänzlich abschreiben
Damit ist eine Zusammenarbeit der Grünen mit der CDU kaum noch vorstellbar. Die Fraktionsvorsitzende Anja Piel hatte bereits vor der Parteirats-Sitzung ihre Skepsis noch einmal bekräftigt und liegt damit auf einer Linie mit Janssen-Kucz, dass "Jamaika keine Option in Niedersachsen" sei. Zu politischen Schnittmengen würden auch menschliche Schnittmengen gehören. "Die sehe ich mit der CDU nicht", so die Grünen-Vorsitzende Janssen-Kucz. Christdemokrat Bernd Althusmann hatte sich im Wahlkampf an der Politik der Grünen ordentlich abgearbeitet und sie immer wieder als "weit nach links gerückt" bezeichnet. Nach der Wahl allerdings ging er auf die Grünen zu - und wollte auch nach dem Votum des Grünen-Parteirats die Möglichkeit einer Jamaika-Koalition noch nicht abschreiben: "Die Grünen haben die Tür weitgehend geschlossen, aber offensichtlich nicht gänzlich", sagte Althusmann am Dienstag in Hannover. Allerdings ist da ja auch noch der Fall Elke Twesten, der das Verhältnis zwischen Grünen und CDU schwer belastet hat. Die ehemalige Abgeordnete war im August zur CDU gewechselt, wodurch die dünne rot-grüne Ein-Stimmen-Mehrheit im Landesparlament verloren ging. Am Ende stand die Neuwahl.
Schwarz-Gelb-Grün bei Wählern insgesamt vorn
Bei den Wählern sind unterschiedliche Tendenzen zu den Koalitionsoptionen zu erkennen, wie aus Daten hervorgeht, die Infratest dimap bei der Landtagswahl erhoben hat. 28 Prozent halten ein Jamaika-Bündnis für eine "gute Koalition". Damit liegt Schwarz-Gelb-Grün in der Wählergunst vorn. Allerdings nur einen Prozentpunkt vor einer Großen Koalition (27 Prozent). Auf 23 Prozent Zustimmung trifft eine Ampel. Aber: Von den Grünen-Wählern halten 47 Prozent ein rot-gelb-grünes Bündnis für gut. Die Ampel ist offenbar auch für SPD-Wähler eine wünschenswerte Option. 49 Prozent finden sie gut. FDP-Anhänger sind nicht begeistert: Nur bei 23 Prozent von ihnen trifft die Ampel auf Zustimmung.
Jamaika: Grünen-Wähler nicht begeistert
Bei Jamaika zeigt sich ein anderes Bild. Für diese Möglichkeit sprechen sich nur 33 Prozent der Grünen-Wähler aus. FDP-Wähler sind dagegen angetan. Bei ihnen kommt das Bündnis auf 55 Prozent Zustimmung. Auch 46 Prozent der CDU-Wähler halten Schwarz-Gelb-Grün für gut.
Ampel-Politik in Hannovers Stadtrat
Während die Landesparteien ausloten, wer sich durchringen kann, doch noch ein eher unerwünschtes Bündnis einzugehen, meldet sich der Städte- und Gemeindebund zu Wort. Die Landespolitik könne von den Kommunen lernen. "Dort geht es weniger um Ideologie als um wirkliche Problemlösung", sagte Verbandssprecher Thorsten Bullerdiek. "Das sollten auch Landespolitiker beherzigen, denn wir brauchen dringend eine handlungsfähige Landesregierung." In Hannover etwa regieren seit der Kommunalwahl im Herbst 2016 die SPD, die FDP und die Grünen. "Die Zusammenarbeit ist positiv, weil wir viele inhaltliche Schnittmengen haben und wir uns auf Augenhöhe begegnen", erklärte Christine Kastning, SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat. "So können auch die kleinen Parteien ihre Ideen einbringen." Ähnlich sieht es der frühere FDP-Generalsekretär Patrick Döring: "Wir haben bisher keine schlechten Erfahrungen mit einem Ampel-Bündnis gemacht." Eine Blaupause sei ein kommunales Bündnis für das Land aber nicht, so der FDP-Mann.
Jamaika in Lüneburg
In den Stadträten von Lüneburg und Garbsen (Region Hannover) gibt es Jamaika-Bündnisse. Sie bilden allerdings keine Ratsmehrheiten. "Ich kann das auf jeden Fall empfehlen, auch auf Bundes- und Landesebene", sagte Ulrich Blanck, der Lüneburger Grünen-Fraktionschef. In Lüneburg koalierten die Grünen nach den Kommunalwahlen mit den Christdemokraten und den Liberalen. Zuvor hatten sie mit der SPD regiert, die auf diese Weise 25 Jahre lang die Hausmacht hatte. "Im Faktencheck lassen sich oft mehr Übereinstimmungen finden, als man es sich zuvor gedacht hat", sagte Blanck. "Es ist neu, es ist ungewohnt, aber es funktioniert."
