Yasmin Fahimi: Wer ist die neue DGB-Chefin?
Yasmin Fahimi ist am Montag zur Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gewählt worden. Die Niedersächsin ist damit Nachfolgerin von Reiner Hoffmann und die erste Frau auf diesem Posten. Ein Portrait.
Zimperlich ist Yasmin Fahimi nicht. Die neue DGB-Chefin mag es offen und direkt. Und sie weiß sehr genau, was sie gar nicht mag: "Wenn sich Unvermögen mit Klugscheißerei verbindet. Also: Keine Ahnung haben oder faul sein, aber ständig mitentscheiden wollen. Da werde ich dann ungemütlich," erzählt Fahimi im Interview mit NDR Niedersachsen. Und sie klingt so, als hätte sie das in ihrer Karriere nicht nur einmal erlebt.
Ihr Nachname klingt anders
Fahimi merkt früh, dass sie sich durchbeißen muss. Sie wächst als Kind einer alleinerziehenden Mutter auf, sie interessiert sich für Naturwissenschaften, ihr Nachname klingt anders als der ihrer Freundinnen. In diesem Spannungsfeld, sagt die 54-Jährige, habe sie versucht zu verstehen, "was gerecht ist".
Eine von zwölf Frauen unter 1.000 Männern
Gleichzeitig mag sie, dass sie in keine Schablone passt. In den 1980er-Jahren studiert Fahimi zuerst Elektrotechnik in Hannover. Als eine von nur zwölf Frauen unter rund 1.000 Männern fällt sie immer auf. Danach wechselt sie das Studienfach, schreibt sich für Chemie ein. Auch weil ihr damaliger Lehrer auf dem Gymnasium ihr sagte, dass sie das nicht schaffe. Fahimi zeigt, dass sie es doch kann.
Als SPD-Generalsekretärin "viel gelernt"
Nach dem Studium macht Fahimi Karriere bei der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie in Hannover. Da ist sie schon längst Mitglied in der SPD. 2014 macht Sigmar Gabriel sie zur SPD-Generalsekretärin. So richtig gewöhnen sich die beiden aber nie aneinander. Fahimi will, wie sie damals sagt, "keine Wadenbeißerin sein", muss sich dafür aber gefallen lassen, als unsichtbar und machtlos zu gelten. Nach zwei Jahren wird sie abgelöst. Eine Zeit, über die sie heute sagt, sie habe "viel gelernt".
Klare Kante - auch gegenüber der SPD
Als künftige DGB-Chefin will sie wieder Frontfrau sein. Zur Kundgebung am 1. Mai in Wolfsburg kommt sie in Jeans und Turnschuhen. Obwohl der Kanzler Olaf Scholz ihr SPD-Genosse ist, möchte Fahimi klare Kante zeigen. Der DGB habe Forderungen und Erwartungen, die substanzieller an die gesellschaftliche Ordnung rangehen, so Fahimi. "Wir wollen mehr Mitbestimmung im wirtschaftlichen Geschehen dieses Landes. Und das wird sicherlich auch noch Reibungen geben."
Eine Spaltung der Gesellschaft verhindern
Eine starke Stimme für Frauen will die neue DGB-Chefin aus Hannover sein. Teilzeit, Minijobs, Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen - bei all diesen Themen gebe es einen Riesen-Nachholbedarf, sagt die 54-Jährige. Künftig wird sie sich noch mehr mit dem ökologischen und digitalen Wandel der Wirtschaft befassen müssen. "Transformation heißt für mich eine Veränderung der Gesellschaft, in der wirklich jeder einen Vorteil für sich erlebt", betont Fahimi. Wenn das nicht gelinge, dann drohe nicht nur eine Spaltung auf dem Arbeitsmarkt, sondern eine Spaltung der ganzen Gesellschaft.
Fleiß und Mut alleine reichen nicht - es braucht auch Solidarität
Geprägt habe sie immer der Gedanke, "dass man selbst mit Fleiß und Mut etwas macht, aber dass man auch andere braucht, um seine Rechte durchzusetzen." Genau das will sie zukünftig als oberste gewerkschaftliche Vertreterin tun. Yasmin Fahimi mag es, hart und sachlich zu verhandeln. Das wird wohl hilfreich sein, wenn sie künftig die Interessen von acht einzelnen Gewerkschaften unter dem Dach des DGB zusammenbringen muss.
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