Kreative Musikprojekte für hörbeeinträchtigte Menschen
In seinem Buch "Der Klang in meinem Kopf" schreibt Sascha Roder über die Möglichkeiten, durch kreative Musikideen das Hörverstehen von Hörgeschädigten nachhaltig zu verbessern.
50.000 Menschen leben in Deutschland mit einem Cochlea-Implantat, mit dessen Hilfe hörgeschädigte Menschen wieder besser hören können. Wie das nachhaltig verbessert werden kann, darüber hat der Göttinger Wissenschaftler Sascha Roder ein Buch geschrieben.
Schicksalsschlag mit 37: Hörsinn fast komplett verloren
"Ich musste von der Psychotherapeutin den einen Satz hören: Frau Kratz, Sie können alles, Sie können nur nicht gut hören. Lassen Sie sich implantieren", sagt Ingrid Kratz. Im Alter von 37 Jahren erlitt sie den ersten Hörsturz. Sie verlor ihren Hörsinn fast komplett. Für die heute 71-Jährige ein Schicksalsschlag. Denn sie liebt es, Musik zu hören, aber auch selbst zu machen. Mit dem Cochlea-Implantat ist ihr das heute wieder möglich.
Auf dem Weg dahin lernte sie einen Göttinger Medizin-Soziologen kennen. "Ich habe Sascha Roder vor zwölf oder dreizehn Jahren in Heidelberg kennengelernt", erzählt Kratz. "Nachdem er mich per Mail fragte, ob ich bei einer Veranstaltungsreihe meinen eigenen Erfahrungsbericht vorstellen möchte. Das habe ich dann gemacht. Ich war unglaublich froh darüber, weil es fantastisch ist, was daraus geworden ist."
Musik wieder positiv erleben
In seinem Buch "Der Klang in meinem Kopf" schreibt Sascha Roder über die Möglichkeiten, durch Musik das Hörverstehen von Hörgeschädigten nachhaltig zu verbessern. Damals, vor zwölf Jahren, arbeitete er im Bereich der Hör-Rehabilitation. "In ein Konzert gehe ich nicht mit einem Cochlea-Implantat - da verstehe ich nichts, da sind die Nebengeräusche so laut, das macht überhaupt keinen Sinn." Warum also nicht das Konzert in die Klinik holen, dachte sich der Mediziner und der Erfolg gab ihm Recht: "Das wird zum einen gut angenommen und gibt eine ganz neue Sicherheit, sich mit Musik auseinanderzusetzen."
Das Hören mit einem Cochlea-Implantat ist besonders am Anfang eingeschränkt. Es muss neu gelernt werden. Dabei wird auf alte Muster und Erinnerungen zurückgegriffen: "Das führt dazu, dass ich Musik tatsächlich wieder positiv erleben kann", sagt Sascha Roder.
Über die Erfahrungen und die beteiligten Menschen schreibt Sascha Roder nun in seinem Buch. Eine wichtige Protagonistin ist Ingrid Kratz. Als Leiterin einer Selbsthilfegruppe für hörgeschädigte Menschen setzte sie auch gemeinsam mit Sascha Roder viele Musikprojekte um. Und das mit Erfolg, obwohl es nicht einfach war, so der Wissenschaftler. Ingrid Kratz fügt hinzu: "Ich habe einfach meine eigene Begeisterung vorgelebt."