75 Jahre NDR Radiophilharmonie: Von den Anfängen bis zur Gegenwart
Die Geschichte der NDR Radiophilharmonie beginnt offiziell vor 75 Jahren: Am 1. Mai 1950 wurde das "Orchester des Senders Hannover" gegründet. 45 Musiker spielten darin zu Beginn.
Der erste Chef des Orchesters war 25 Jahre lang Willy Steiner. Er dirigierte Unterhaltungsmusik - bei Konzerten wie dem "Bunten Abend aus Watenstedt-Salzgitter". Auftritte vor Publikum standen für die Mitglieder des Orchesters zunächst aber nicht im Vordergrund. Meist ging es um Studio- und Liveproduktionen für den Sendebetrieb des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks, um die Begleitung von Hörspielen, um Unterhaltungsmusik.
Vielfältiges Repertoire, neue Formate und unterschiedliche Schwerpunkte
Heute gibt die NDR Radiophilharmonie etwa 100 Konzerte pro Saison, mit einem nach wie vor sehr vielfältigen Repertoire, vielen neuen Formaten, aber deutlich anderem Schwerpunkt als vor 75 Jahren. Neben Crossover, Filmmusik und Barock liegt der Fokus auf dem sinfonischen Repertoire. Dazu kommen das intensive Engagement für das jüngste und junge Publikum unter dem Motto "Discover music" und die "Joseph Joachim Akademie" für den Profi-Nachwuchs. Und das NDR Konzerthaus in Hannover versteht sich als Ort der Begegnung für alle.
Gerade hat die NDR Radiophilharmonie mit dem neuen Chefdirigenten Stanislav Kochanovsky eine hochgelobte neue CD-Reihe begonnen mit unbekannten Stücken bekannter Komponisten - etwa der Suite Nr. 3 von Peter Tschaikowsky. In 75 Jahren ist Kochanovsky mittlerweile der achte Chefdirigent. Das Orchester hat sich enorm verjüngt und vergrößert. Neben der Harfenistin sind viele weitere Kolleginnen hinzugekommen.
NDR Radiophilharmonie: Für viele weit mehr als ein Arbeitsplatz
Wenn man Mitglieder der NDR Radiophilharmonie fragt, was ihnen das Orchester bedeutet, sind die Antworten einhellig: "Der Ort, an dem beruflich und musikalisch die meisten Träume in Erfüllung gegangen sind", sagt Solo-Trompeter Alexander Mayr. Bratschistin Miriam Tanase beschreibt die Stimmung im Orchester als herzlich und warm. "Wir erleben jede Woche ein neues musikalisches Abenteuer", betont Tanase. Das Beeindruckende für Soloflötist Christoph Renz ist die Vielseitigkeit des Orchesters "in jeder Facette", sei es Sinfonik, Filmmusik, Crossover, Barock oder ein Konzert für Kinder.
Und Solocellist Nikolai Schneider ergänzt: "Was ich so schätze an unserer Gemeinschaft ist, dass neben der hohen künstlerischen Exzellenz auch so ein kreatives Potential da ist, dass sich unheimlich engagiert wird auch neben dem eigentlichen Orchesterdienst." Hornistin Susanne Thies sagt es so: "Die NDR Radiophilharmonie ist für mich ein Grund, immer wieder mein Bestes für dieses außergewöhnlich tolle Team zu geben".
Ein Orchester ist kein Luxus
Neben Stanislav Kochanovsky ist Jörg Widmann dem Orchester als Erster Gastdirigent über drei Jahre hinweg eng verbunden. Er wünscht dem Orchester, dass es mit dem gleichen Selbstbewusstsein an die Projekte herangehen möge wie derzeit, mit einer Neugierde und auch mit dem Anspruch, die jungen Leute wie das ältere Konzertpublikum ernst zu nehmen, herauszufordern: "Ich fordere das Publikum, das ist nicht Easy Listening, und wenn wir Mozart spielen, ist es das auch nicht." Education-Projekte liegen ihm besonders am Herzen. Klassische Stücke möchte er gemeinsam aus dem Moment heraus neu entdecken, mit einer Bereitschaft für neue Sichtweisen.
Jörg Widmann formuliert seinen Appell: "Um das Orchester selbst mache ich mir keine Sorgen. Ich hoffe, dass auch noch in 10, 20, 50 Jahren die Verantwortlichen sehen, wie wichtig so ein Orchester für die Gesellschaft ist, dass es nicht einfach ein Luxus ist, den man sich gönnt, man geht abends hin und es klingt schön. Natürlich klingt es schön, aber umso wichtiger in diesen Zeiten ist, dass es ein so wunderbares Orchester wie die NDR Radiophilharmonie gibt. Also auf die mindestens nächsten 75 Jahre."
Wunsch nach neuem Konzertsaal mit Strahlkraft
Zum Geburtstag darf man auch ein bisschen träumen. Viele Mitglieder äußern den Wunsch nach einem neuen Konzertsaal mit Strahlkraft, wie die Elbphilharmonie. Nikolai Schneider: "Dieser Standortnachteil hat aber auch den Vorteil, dass wir immer an die Projekte herangehen, als müssten wir uns etwas beweisen. Niemand lehnt sich zurück, niemand ruht sich auf den Lorbeeren aus, sondern man hat das Gefühl, wir wollen immer richtig gute Konzerte spielen. Das verbindet mich mit diesem Orchester, weil ich das Gefühl habe, viele Gleichgesinnte zu treffen."
Manche Träume werden wahr. Soloflötist Christoph Renz fasst es so: "Man sagt uns manchmal nach, wir hätten ein bisschen die Ausstrahlung eines Jugendorchesters. Wenn wir Aushilfen haben, Gäste aus anderen Orchestern oder Musikstudenten oder Akademisten, spiegeln sie uns das auch: Dass dies das Besondere ist, dass wir uns das beibehalten haben, dass es eigentlich nie 'Dienst' ist und sehr viele Mitglieder sich emotional mit dem Orchester identifizieren."
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